LAG Berlin-Brandenburg zum Mindestlohn

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 31.01.2016

Der gesetzliche Mindestlohn ist nach einem Jahr in der zweiten Instanz der Arbeitsgerichtsbarkeit angekommen. Eine neuere Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 12.1.2016, Az. 19 Sa 1851/15) befasst mit der Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn und mit der Frage nach der Berechnungsgrundlage für vereinbarte Zuschläge. Der Entscheidung zugrunde liegt ein arbeitsvertraglich vereinbarter Stundenlohn der Klägerin von weniger als 8,50 Euro brutto pro Stunde. Weiter ist mit der Klägerin – ebenso wie mit zahlreichen weiteren Beschäftigten im Betrieb - im Arbeitsvertrag eine Sonderzahlung zweimal jährlich in Höhe eines halben Monatslohnes, abhängig nur von vorliegender Beschäftigung im jeweiligen Jahr, vereinbart. Hierzu haben die Arbeitgeberin und der im Betrieb bestehende Betriebsrat vereinbart, diese Sonderzahlungen auf alle zwölf Monate zu verteilen, d.h. jeden Monat ein Zwölftel der Sonderzahlung auszuzahlen. Mit dieser zusätzlichen anteiligen Sonderzahlung ergibt sich ein Stundenlohn der Klägerin von mehr als 8,50 Euro. Daneben sind arbeitsvertraglich Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge vorgesehen, die die Arbeitgeberin weiterhin auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohnes von weniger als 8,50 Euro berechnet. Hiergegen hat sich die Klägerin gewandt und geltend gemacht, ihr stünden die Sonderzahlungen weiter zusätzlich zu einem Stundenlohn von 8,50 Euro zu. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro sei auch der Berechnung der Zuschläge zugrunde zu legen. Dem ist das LAG – unter Hinweis auf die Bedeutung der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen - nur bezüglich der Nachtarbeitszuschläge gefolgt. Bei den Sonderzahlungen handle es sich im vorliegenden Fall um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung der Klägerin, weshalb eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich sei. Die Betriebsvereinbarung, die die Fälligkeit der Sonderleistungen zu einem Zwölftel auf jeden Monat verschiebe, sei wirksam und verstoße nicht gegen den Arbeitsvertrag der Klägerin. Die vertraglich geregelten Mehrarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge habe die Arbeitgeberin zulässig auf der Basis der vereinbarten vertraglichen Vergütung berechnet. Dagegen seien die Nacharbeitszuschläge auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 Euro zu berechnen, weil § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ vorschreibe. Die Entscheidung überzeugt in beiden Punkten und entspricht auch den Stellungnahmen in der Kommentarliteratur. Gleichwohl hat das LAG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen die Revision beim BAG zugelassen.

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