Vorsatz bei Geschwindigkeitsverstoß: Wie viele Feststellungen braucht es hierfür eigentlich?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.01.2016

Der Betroffene hätte außerhalb einer geschlossenen Ortschaft nur 70 km/h fahren dürfen. Er war aber um 27 km/h zu schnell. Für die Annahme eines Vorsatzes braucht es in diesem Bereich in der Regel noch einige andere Indizien. Das OLG Bamberg hat eine "etwas schlappe" Indiziensammlung des AG nicht ausreichen lassen:

Das AG hat die Annahme des Tatvorsatzes allein mit der Einlassung des Betr. begründet, „die Strecke, an der gemessen wurde, häufig zu befahren“ und die Geschwindigkeitsbegrenzung zu kennen, weshalb er „auf seine Geschwindigkeit geachtet“ und sein Fahrzeug habe „ausrollen“ bzw. „auslaufen lassen“. Es hat sich damit nicht in der gebotenen Weise mit den alle Vorsatzformen charakterisierenden immanenten kognitiven und hier vor allem voluntativen Vorsatzelementen auseinander gesetzt. Denn den Feststellungen des AG ist nicht zu entnehmen, auf Grund welcher Umstände oder Indizien der Betr. die ihm angelastete Überschreitung der ihm zwar bekannten Geschwindigkeitsbeschränkung auch tatsächlich positiv erkannt bzw. sich über sie „bewusst hinweg“ gesetzt oder die Überschreitung auch nur billigend in Kauf genommen haben muss ...

2. Unabhängig vom Fehlen sich aufdrängender, weil regelmäßig unmittelbar beweiserheblicher oder doch wenigstens im Einzelfall indiziell aussagekräftiger Feststellungen, etwa zur konkreten Fahrbahnbeschaffenheit und zum Streckenverlauf sowie zur konkreten Beschilderung einschließlich einer etwaigen räumlichen Staffelung der Beschränkung oder weiterer besonderer Hinweisschilder (zB auf Gefahrenlagen), ist für den Senat damit nicht nachvollziehbar, weshalb das AG allein auf Grund der vorgenannten Äußerungen des Betr. zu der Überzeugung gelangt ist, wonach „auf Grund dieser Umstände (… ) ausgeschlossen“ sei, „dass die Geschwindigkeitsüberschreitung auf mangelnder Sorgfalt oder einen Versehen beruht“.

OLG Bamberg , Beschl. v. 24.3.2015 – 3 Ss OWi 294/15 = NJOZ 2015, 1768

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