2016 mit oder ohne Flächenabweichung?

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 08.01.2016

Der BGH hat seine Rechtsprechung, wonach Flächenabweichungen nur relevant sind, wenn sie 10% überschreiten, jedenfalls für die Mieterhöhung nach § 558 BGB aufgegeben (BGH v. 18.11.2015 – VIII ZR 266/14). Nunmehr ist bei der Mieterhöhung die tatsächliche Fläche maßgeblich. In der Entscheidung hebt er hervor, dass die bisherigen Grundsätze im Anwendungsbereich des § 536 BGB fortgelten.

Das BMJV hat soeben „Grundlinien zur weiteren Reform des Mietrechts in der 18. Legislaturperiode“ vorgestellt. Danach soll u.a. gesetzlich geregelt werden, dass für Mieterhöhungen nach den §§ 558, 559 BGB sowie die Betriebskosten die tatsächliche Fläche maßgeblich sein. Für die Minderung nach § 536 BGB soll klargestellt werden, das auch geringere als 10% abweichende Flächen eine Kürzung der Miete rechtfertigen können, wenn die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erheblich gemindert ist (vgl. NZM 2015, Heft 24, S. VI).

Die beruhigende Botschaft lautet: wir werden nicht arbeitslos, sondern dürfen uns zukünftig darüber streiten, wann eine unter 10% liegende Flächenabweichung eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung darstellt. Hier wird der Phantasie freier Lauf gelassen werden können. Nimmt man nur eine Abweichung von 5 qm, die ab einer vereinbarten Fläche von 50 qm nicht mehr ohne weiteres relevant ist, fällt mir jedenfalls viel ein. Man stelle sich nur vor, ein Kinderzimmer hätte 5 qm mehr. Dann könnte auf dieser Fläche zusätzlich Unordnung und Chaos geschaffen werden. Das stellt für das Kind eine Beeinträchtigung seiner Entwicklung dar (eingeengte Chaosgestaltung). Kann der Vorteil für die Eltern, die weniger Fläche in Ordnung halten müssen, diesen Nachteil aufwiegen? Auf 5 qm kann man auch einen Hometrainer aufstellen. …

Übrigens: mein Metzger, den ich vor Jahren zur Flächenabweichung beraten habe, meint, er brauche mir nur noch 90 Gramm Wurst zu geben, ich müsse dann 100 Gramm bezahlen. Ich weise dann stets darauf hin, dass ich die Wurst kaufen und nicht mieten will.

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4 Kommentare

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Verstehe ich das richtig: Bei tatsächlich höherer Fläche soll das zugunsten des VM (oder anderer Mieter, die in der selben Nebenkostenabrechnung einbezogen sind) ohne weitere Voraussetzungen gehen, selbst bei geringer Abweichung, zugunsten des Mieters aber nur unter der zusätzlichen Voraussetzung "wenn die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erheblich gemindert ist"? Womit wäre diese Ungleichbehandlung zu rechtfertigen? Zumindest mir als interessierter Laiin kommt das etwas willkürlich ungleich vor.

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Nach der aktuellen Gesetzeslage liegt dies an den einschlägigen Normen. Die Minderung setzt nach § 536 BGB immer eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung voraus. 

Gegenüber der Mieterhöhung ist die Ungleichbehandlung nur formal. Denn wie der BGH in dem Urteil vom 18.11.2015 festgestellt hat, ist die Mieterhöhung auch bei Annahme einer größeren Fläche durch die Kappungsgrenze beschränkt. 

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Das wird noch richtig witzig.

Haus und Grund hat einen Test gemacht.

Sie hatten die Wohnfläche von einer Doppelhaushälfte und einer Altbauwohnung von mehreren qualifizierten Gutachtern ermitteln lassen.

Die Ergebnisse lagen bis zu 16 % auseinander !!!

Für Kosten bis zu 1050 Euro ist das erstaunlich blamabel.

Damit hat immer derjenige Recht, der seine Behauptung auf teure Gutachten stützen kann. Nur das ist auch wieder ein kostenfaktor, der die Miete in die Höhe treiben dürfte.

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@#2:

Klar sind Mieterhöhung und Mietminderung unterschiedliche Tatbestände.

Wenn es jedoch um die eventuelle Abwehr einer Mieterhöhung geht, ist die Ungleichbehandlung ggf. direkter:

Gesetzt den Fall, jemand mietet 50qm zu derzeit 10 €/qm, also zu einer Kaltmiete von 500 €/Monat. Der Mietspiegel ergebe für vergleichbare Wohnungen eine Miete von 11 €/qm. Wenn die Wohnung nun in Wirklichkeit 51qm hat, kann der VM (bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen) eine Miete von 561 €/Monat durchsetzen. Die Erhöhung ist noch unter der Kappungsgrenze und die 2% höhere Fläche geht dazu noch zugunsten des VM in die Berechnung ein. Wenn die Fläche aber in Wirklichkeit 49qm beträgt, kann dann die M eine Mieterhöhung auf 550 €/Monat - vertragl. Wohnfläche von 50qm, Mietspiegel 11 €/qm (mindestens teils) abwehren, weil in Wirklichkeit nur eine Erhöhung auf 539 €/Monat durch den Mietspiegel getragen ist (um 2% niedrigere Fläche)? Wenn nein, ist das eine direkte Ungleichbehandlung, oder?

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