Jetzt auch das BAG: Anspruch auf Urlaubsabgeltung vererbbar

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 28.12.2015

Markus Stoffels hatte vor einem Monat hier im BeckBlog über ein Urteil des ArbG Berlin berichtet, das den Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG) für vererbbar erklärt hat. Nunmehr hat auch das BAG ein Urteil veröffentlicht, das zwar schon vom 22.9.2015 stammt, zu dem aber seinerzeit keine Pressemitteilung herausgegeben worden war. In nur einem einzigen Absatz verabschiedet das Gericht sich von seiner früheren Rechtsprechung und erklärt nunmehr den Urlaubsabgeltungsanspruch für vererbbar:

Der verbleibende Zahlungsanspruch iHv. 2.217,71 Euro brutto nebst Zinsen ist mit dem Tod des Erblassers gemäß § 1922 BGB auf die Klägerinnen in Erbengemeinschaft übergegangen. Aus der Einordnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs als reiner Geldanspruch folgt, dass dieser Anspruch weder von der Erfüllbarkeit oder Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs abhängt noch mit dem Tod des Arbeitnehmers untergeht. Vielmehr ist er vererbbar (...). Soweit das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit nur einen Schadensersatzanspruch, nicht aber den Urlaubsabgeltungsanspruch selbst als vererblich angesehen hat (BAG 19. November 1996 - 9 AZR 376/95, BAGE 84, 325 = NZA 1997, 879), wird hieran nach der vollständigen Aufgabe der Surrogatstheorie nicht mehr festgehalten.

BAG, Urt. vom 22.9.2015 - 9 AZR 170/14, BeckRS 2015, 73472

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4 Kommentare

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Sehr vernünftig. Beim BAG gibt es noch einige mitgeschleppte überkommene Rechtsprechung, die es kurz und knapp zu revidieren gilt.

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Anders kann es doch auch gar nicht sein. Die alte rechtskonservative deutsche Vorstellung vom Urlaubsanspruch war nicht mehr haltbar.

 

Jetzt wird es Zeit, dass wir uns endlich einmal von dem ständigen Mantrum des "Ohne Arbeit -kein Geld"-Grundsatzes im deutschen Arbeitsrecht verabschieden.

 

1. Mobbing ist ein Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und hat einen Geldanspruch zur Folge.

 

2. Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung beinhaltet einen Kommerzialisierungsgedanken und ist daher wie ein gewöhnlicher sonstiger Geldanspruch zu behandeln.

 

3. Wer diskriminiert, verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht und muss darüber hinaus durch Geldzahlungen zum rechtmäßigen Handeln bewegt werden.

 

4. Wer seinen Kündigungsschutzprozess gewinnt, muss für den Zeitraum des Annahmeverzugs Lohn erhalten und sich nicht ständig und querulatorisch vorhalten müssen, was er alles hätte tun müssen, um anderweitig Geld zu verdienen.

 

5. Wer das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers verletzt, verletzt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht und zahlt daher Geld an den Arbeitnehmer.

 

6. Wer entgegen Art. 33 Abs. 2 GG vom öffentlichen-rechtlichen Arbeitgeber eine Stelle nicht bekommt, muss Gelderdatz erhalten.

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Gast79 schrieb:

Anders kann es doch auch gar nicht sein. Die alte rechtskonservative deutsche Vorstellung vom Urlaubsanspruch war nicht mehr haltbar.

 

Jetzt wird es Zeit, dass wir uns endlich einmal von dem ständigen Mantrum des "Ohne Arbeit -kein Geld"-Grundsatzes im deutschen Arbeitsrecht verabschieden.

 

1. Mobbing ist ein Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und hat einen Geldanspruch zur Folge.

 

2. Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung beinhaltet einen Kommerzialisierungsgedanken und ist daher wie ein gewöhnlicher sonstiger Geldanspruch zu behandeln.

 

3. Wer diskriminiert, verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht und muss darüber hinaus durch Geldzahlungen zum rechtmäßigen Handeln bewegt werden.

 

4. Wer seinen Kündigungsschutzprozess gewinnt, muss für den Zeitraum des Annahmeverzugs Lohn erhalten und sich nicht ständig und querulatorisch vorhalten müssen, was er alles hätte tun müssen, um anderweitig Geld zu verdienen.

 

5. Wer das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers verletzt, verletzt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht und zahlt daher Geld an den Arbeitnehmer.

 

6. Wer entgegen Art. 33 Abs. 2 GG vom öffentlichen-rechtlichen Arbeitgeber eine Stelle nicht bekommt, muss Gelderdatz erhalten.

 

Naja, was Sie anführen, sind größtenteils Schadensersatzansprüche, da galt der von Ihnen kritisierte Grundsatz noch nie. Es heißt deswegen auch nicht "Ohne Arbeit kein Geld", sondern "Ohne Arbeit keinen Lohn".

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Nur zur Klarstellung bzw. zusätzlichen Erläuterung:

 

Das Urteil des ArbG Berlin (vom 7.10.2015 – 56 Ca 10968/15) bezog sich auf ein Arbeitsverhältnis, welches durch den Tod des Arbeitnehmers endete.

 

Der Fall des BAG bezieht sich auf einen Fall, in dem der (ehemalige) Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verstarb.

 

Im Fall des ArbG war zentrale Frage, ob überhaupt ein Urlaubsabgeltungsanspruch entstanden ist, der vererbt werden konnte, im Fall des BAG war (nur) die Frage, ob ein zweifellos entstandener Urlaubsabgeltungsanspruch vererblich war.

 

Die Fallgruppe "Abgeltung bei Tod des Arbeitnehmers" ist damit durch diese BAG-Entscheidung noch nicht höchstrichterlich geklärt.

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