KG: Datenfeld des Messfotos ist Urkunde - Inaugenscheinnahme ist aber auch ok!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.12.2015

Das Datenfeld eines Messfotos ist eigentlich im Wege des Urkundsbeweises einzuführen. Da das Messfoto ansonsten aber in Augenschein genommen wird, kann es schon einmal leicht zu Fehlern kommen, wenn es im Urteil heißt: "Die festgestellte Zeit/die festgestellte Geschwindigkeit konnte durch Inaugenscheinnahme des Messfotos festgestellt werden." Natürlich können auf einem Foto auf das verwiesen wird auch andere Zeichen/Buchstaben/Zahlen drauf sein, die verlesen werden können/müssen, bei denen die Verlesung als Urkunde aber auch irgendwie wie eine Förmelei daherkommen würde. Dies gilt etwa für ein Geschwindigkeitsbegrenzungsschild auf einem Foto oder die Firmenaufschrift auf einem Fahrzeug. Das KG hat in einem Fall, in dem das Datenfeld nicht verlesen wurde die Inaugenscheinnahme mit Verweisung im Urteil ausreichen lassen:

Der Schuldspruch des fahrlässigen Rotlichtverstoßes ist nicht zu beanstanden. Nach den Urteilsfeststellungen überfuhr die Betroffene die überwachte Haltelinie, als die Lichtzeichenanlage bereits 1,5 Sekunden rotes Licht abstrahlte. Die Überzeugung des Gerichts fußt auf der Inaugenscheinnahme der in den Akten befindlichen Lichtbilder des Messgerätes (Bl. 2- 4R), auf die wegen der Einzelheiten gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 Satz 3 StPO verwiesen worden ist. Wegen der prozessordnungsgemäßen Bezugnahme der Fotos sind sie Teil des gesamten Urteils und nicht nur - wie der Rechtsmittelführer vorträgt - beschränkt auf die Feststellung der Fahrereigenschaft der Betroffenen geworden mit der Folge, dass das Rechtsbeschwerdegericht sie aus eigener Anschauung umfassend würdigen kann. Zwar ist die auf den Radarfotos eingeblendete Aufzeichnung (hier: Rotzeit 1,5 s) eine Urkunde (OLG Hamm, Beschluss vom 20. März 2012 - III - 3 RBs 438/11 - BeckRS 2012, 10837), die nicht verlesen worden ist, jedoch steht dieser Umstand den Feststellungen nicht entgegen. Denn eine solche Vorgehensweise ist ausnahmsweise zulässig, wenn sich - wie hier - der gedankliche Inhalt der Urkunde auf einen Blick erfassen lässt (Senat, Beschluss vom 19. Juni 2015 - 3 Ws (B) 224/15 -). Daher ist die Beweiswürdigung insoweit - entgegen der Auffassung des Verteidigers - auch nicht lückenhaft.

KG, Beschluss vom 12.11.2015 - 3 Ws (B) 515/15 - 122 Ss 111/15

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen