Fall Mollath - BGH verwirft Revision
von , veröffentlicht am 09.12.2015Mit seiner heute bekannt gemachten Entscheidung hat der 1. Senat des BGH die von Gustl Mollath gegen das Urteil des LG Regensburg vom 14. August 2014 eingelegte Revision verworfen, Pressemitteilung.
Die Entscheidung wurde sogleich mit Begründung im Wortlaut veröffentlicht.
Die Ausführlichkeit der Begründung und deren sofortige Veröffentlichung stehen im erstaunlichen Kontrast zur erstmaligen Revision des BGH im Fall Mollath, bei der ein außerordentlich fehlerhaftes und problematisches Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom selben Senat einfach ohne nähere Begründung zur Rechtskraft „durchgewunken“ wurde. Immerhin scheint auch der BGH insofern aus dem Fall Mollath „gelernt“ zu haben. Zunächst nur ein kurzer Kommentar, den ich je nach Diskussionsverlauf möglicherweise in den nächsten Tagen ggf. noch ergänzen werde:
Wie ich schon zuvor verschiedentlich geäußert haben, war tatsächlich kaum damit zu rechnen, dass der BGH seine grundsätzliche Linie, der Tenor eines Urteils selbst müsse eine Beschwer enthalten, damit zulässig Revision eingelegt werden kann, gerade bei diesem Fall ändert. Dennoch gab es natürlich auch bei mir die leise Hoffnung, der BGH werde sich mit den sachlichen Einwänden gegen das Urteil, die auch ich noch hatte, auseinandersetzen.
Immerhin kann man den Beschluss angesichts der ausführlichen Begründung nun auch juristisch nachvollziehen, selbst wenn man ihm im Ergebnis nicht zustimmt. Es findet insbesondere auch eine Auseinandersetzung mit dem auch hier im Beck-Blog diskutierten vom EGMR entschiedenen Fall Cleve ./. Deutschland statt: Dort war der EGMR von der Tenorbeschwer abgewichen. Der BGH meint nun, das Urteil im Fall Mollath sei mit Cleve ./. Deutschland nicht vergleichbar, weil im Mollath-Urteil anders als im Cleve-Fall kein direkter Widerspruch zwischen Tenor und Begründung festzustellen sei.
Enttäuscht bin ich vom letzten Satz der Begründung des Beschlusses, der konstatiert, die Revision sei ohnehin unbegründet gewesen. Dieser Satz ist völlig verzichtbar und gibt dem Leser Steine statt Brot.
Abgesehen von der Kritik am Urteil des LG Regensburg möchte ich aber noch einmal darauf hinweisen: Der gesamte Fall in seiner Entwicklung und Dynamik ist ein aus Sicht des Dezember 2012 riesiger persönlicher Erfolg für Herrn Mollath und ist auch in seiner langfristigen Wirkung auf die (bayerische) Justiz und den Maßregelvollzug nicht zu unterschätzen.. Das sollte man – bei aller Enttäuschung über die heutige Entscheidung des BGH – nicht vergessen.
Update (14.12.2015): Eine eingehendere sehr kritische Analyse hat nun Oliver Garcia im delegibus-Blog veröffentlicht.
Update 3.3.2016: Die Kommentarspalte ist nach mehr als tausend Beiträgen geschlossen.
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1041 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenDipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
So gut wie nichts, was das Erleben betrifft, noch dazu vor langer Zeit
Hierzu ist es nützlich, sich die Definition von Psychologie und Psychopathologie noch einmal zu vergegenwärtigen:
Psychologie heißt die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten.
Psychopathologie heißt die Wissenschaft vom gestörten Erleben und Verhalten.
Psychiatrie heißt die medizinisch fundierte Variante der Psychopathologie, der meist das normalpsychologische Wissen fehlt, weshalb alles durch den Filter Psychopathologie gepresst wird - ob es passt oder nicht.
Für alle Fragen wo alternative Hypothesen - lässt sich das auch normalpsychologisch erklären? - wichtig sind, und das sind sie im forensischen Bereich sehr oft, sind daher psychopathologisch ausgebidete Psychologen vom Ausbildungshintergrund her die besseren Sachverständigen.
Weiter ist es vielleicht wichtig, ich das BVerfG Urzeil aus 2001 zum § 81 StPO noch einmal ins Gedächtnis zu rufen:
http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/BVerfG2001.htm
Ohne explorative Mitwirkungsbereitschaft des Probanden ist Einweisung zur Beobachtung in aller Regel sinnlos.
Es wird Zeit, dass gegen den Okkultismus in der Justizpsychiatrie energisch vorgegangen wird:
http://www.sgipt.org/medppp/NadP.htm#Der%20Okkultismus%20in%20der%20Fore...
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Nicht nur sinnlos sondern auch verboten. Aber darum geht es hier ja gar nicht.
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Das gilt für alle Verfahrensbeteiligten. Alles, was der Angeklagte macht, kann nicht nur vom Gutachter, sindern vom Gericht, vom Staatsanwalt, vom Nebenkläger etc. "gegen ihn verwendet werden", aber ebenso gut auch "für ihn", je nach dem wie geschickt oder dämlich sich der Angeklagte anstellt, wie er lügt, wie er die Wahrheit sagt, wie er sich benimmt oder sonst anstellt, kurz: welchen Eindruck er macht. Die Hauptverhandlung dient ja gerade der Feststellung, was "gegen" und was "für" den Angeklagten spricht. Man darf das alles also nicht so strikt einseitig sehen, sondern durchaus etwas differenzierter, mehrseitiger und objektiver im Hinblick auf den Sinn und Zweck eines rechtsstaatlichen Strafprozesses.
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@ Gast #50
Ich stimme im wesentlichen zu.
Allerdings halte ich den psychiatrischen Gutachter bei Betrachtung der Zweck-Mittel Relation schon für problematisch. Wenn man aus dem Prozessverhalten des Angeklagten keine vernünftige Aussage über den Geisteszustand des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat ziehen kann - und das zeigt der Fall Mollath ja -, warum dann den Angeklagten dieser zusätzlichen Belastung aussetzen?
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Nach meine Prozesserfahrung hat bisher noch keiner "meiner" Angeklagten den Sachverständigen als "zusätzliche Belastung" empfunden, sondern eher als einen im Zweifel gewogenen Beteiligten im Gegensatz zu den anderen als "feindlich" empfundenen Beteiligten. Und das gilt für Nedopil um so eher.
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Also Mollath hat die Anwesenheit von Nedopil mehrfach gerügt, und nach dem was er alles mit der Psychiatrie durchmachen musste kann ich das auch nachvollziehen.
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Und damit löst man noch immer nicht das Problem, wie man ohne Exploration den Geisteszustand zum Zeitpunkt der Tat beurteilt.
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Das ist eine kaum juristische Frage, sondern eine Frage, die der Sachverständige und seine Wissenschaft beantworten müssen, und zwar auch nach dem Prozessverhalten des Angeklagten, der ja immerhin erhellende Angaben machen kann und darf.
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Natürlich ist die Vorfrage wissenschaftlich, wird aber meines (laienhaften) Wissens nach eher negativ beantwortet.
Erhellende Antworten sind jedenfalls kaum zu erwarten, wenn der Angeklagte eine Exploration verweigert hat - was ja sein gutes Recht ist.
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Auch wenn der Angeklagte die Exploration verweigert hat, kann und darf er gegenüber dem Gericht Angaben machen, die sachverständige Schlüsse auf seinen seinerzeitigen Geisteszustand zulassen.
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Nur reicht diese theoretische Möglichkeit aus, um die Anwesenheit des Gutachters zu rechtfertigen?
Das die Anwesenheit des Gutachters sich auf den Angeklagten negativ auswirken kann wird von Eisenberg angenommen, den Prof. Müller einmal zitiert hat:
http://blog.beck.de/2014/07/07/hauptverhandlung-gegen-gustl-mollath-der-... Im Ausgangsbeitrag
Also rein "auf Vorrat" den Gutachter während der gesamten Hauptverhandlung anwesend zu haben scheint schonmal nicht der Logik letzter Schluss zu sein.
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Wenn der Angeklagte die Exploration verweigert und nur Angaben vor Gericht macht, so lassen diese Angaben zunächst einmal Schlüsse auf seinen gegenwärtigen Geisteszustand zu.
Ich halte es (als Arzt, wenn auch nicht Psychiater) für gänzlich ausgeschlossen, dass die Aussagen des Angeklagten vor Gericht Rückschlüsse auf seinen Geisteszustand vor mehr als einem Jahrzehnt zulassen. Ich bin ja (auch als Gutachter) viel gutachterliche Scharlatanerie vor deutschen Gerichten gewohnt, aber so weit geht m.W. keiner. Und auch deutsche Richter gehen nicht so weit. Sie sagen ja (sinngemäß) nur: Weil es über ein Jahrzehnt her ist, so wissen wir nicht genau, wie der damalige Geisteszustand war.
Wen wundert es! Dieses Ergebnis (wir wissen es nicht) stand ja schon vorher fest. Es steht bei einem so langen zeitlichen Abstand immer schon vorher fest. Kritikwürdig sind die Konsequenzen daraus.
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Das ist rechtlich eben nicht ganz korrekt. Es muss nämlich nach BGH wenigstens Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit geben. Erst dann darf "im Zweifel für den Angeklagten" Schuldunfähigkeit angenommen werden. Gibt es keine solchen Anhaltspunkte, gilt der erwachsene Mensch immer als schuldfähig. "Wir wissen es nicht" würde also korrekterweise zur Verurteilung führen.
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Nicht alles, was man mit seinem begrenzten Horizont nicht versteht, ist deshalb schon "okkult".
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrte Kommentatoren, noch einmal zur Frage der Beauftragung des psychiatrischen Sachverständigen in der Regensburger Hauptverhandlung.
Wenn es allein darum gegangen wäre, Herrn Mollath im Prozess zu beobachten, um zu beurteilen, ob Herr Mollath zum Tatzeitpunkt psychisch krank bzw. gestört war, dann wäre die (ständige) Anwesenheit des Sachverständigen im Gerichtssaal tatsächlich ins Leere gegangen und es wäre schon sachlich auch im Rahmen der Aufklärungspflicht überhaupt nicht zu rechtfertigen gewesen: Aus dem Verhalten Herrn Mollaths heute lässt sich eben nicht zurückschließen auf seinen Geisteszustand im Jahr 2001.
Seit der Hauptverhandlung und dem Urteil wissen wir aber, dass der SV zu einem anderen Zweck "gebraucht" wurde. Es ging im Ergebnis doch nicht darum, ob Herr Mollath am 12.08.2001 schuldunfähig war, sondern, ob hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, die generelle Vermutung, eine erwachsene Person sei schuldfähig für Herrn Mollath am 12.08.2001 zu widerlegen, und dann im Rahmen des § 20 StGB i.d.p.r. anzuwenden. Dazu hat es dem Gericht (nicht mir!) genügt, dass Verhaltensweisen von Herrn Mollath, die zeitnäher an 2001 beobachtet wurden, im Regensburger Gerichtssaal erneut Erwähnung fanden, sei es sein Auftreten im Nürnberger Gerichtssaal, sei es seine Kommunikation mit Prominenten, sei es seine Auseinandersetzung mit dem früheren Verteidiger. Dementsprechend richteten sich die Beobachtungen (und Fragen) des Sachverständigen nicht einmal hauptsächlich auf Herrn Mollaths Verhalten im Gerichtssaal direkt, sondern z.B. an Zeugen, die über die früheren Verhaltensweisen berichteten. Sicherlich war vieles davon auch schon aus den Akten ersichtlich, aber der Sachverständige hat durchaus etliche Fragen an Zeugen und an andere Sachverständige gerichtet. Insofern er den Konflikt mit den aktuellen Verteidigern direkt beobachtete und in seiner Stellungnahme verwertete, habe ich mich ja schon dazu geäußert.
Mit dieser Verfahrenweise hat der Sachverständige seine Funktion erfüllt: Er hat dem Gericht, obwohl er im Ergebnis meinte, nichts wirklich verwertbares sagen zu können, genug geliefert, um daran anknüpfend eine i.d.p.r.-Entscheidung zu treffen. Ich selbst sehe das nach wie vor sehr skeptisch, denn die Anhaltspunkte sind doch - jedenfalls bezogen auf den 12.08.2001 und auf die für mich allenfalls belegbare Körperverletzung - sehr dünn: Wenn dies ausreichte, würde man in vielen Ehekrisen mit körperlichen Auseinandersetzungen § 20 StGB in Betracht ziehen müssen. Aber man kann nicht behaupten, die Hinzuziehung eines Sachverständigen sei in solchen Fällen von vornherein unsinnig bzw. von vornherein deshalb rechtswidrig, weil er schon aus denkgesetzlichen Gründen gar nichts rechtlich verwertbares hätte herausfinden können. Es entsprach deshalb durchaus der Aufklärungspflicht, den Sachverständigen zu beauftragen - weil und sofern man zu Beginn des Prozesses nicht wissen konnte, ob man später die Schuldfähigkeit des Angeklagten bewerten müsse. Ein Schuldinterlokut nach Schweizer Vorbild hätte im Übrigen nichts daran geändert, dass dem Sachverständigen die Anwesenheit in der Hauptverhandlung von Anfang an gestattet werden konnte (und nach Aufklärungspflicht musste). Man hätte ja nicht alle Zeugen noch einmal laden können und damit die ohnehin schon sehr lange Hauptverhandlung noch viel länger werden lassen.
Natürlich ist die Aufklärungspflicht in solchen Fällen abzuwägen gegen das Interesse des Angeklagten, sich frei (also ohne psychiatrische Beobachtung) verteidigen zu können. Deshalb hatte ich nach dem ersten Prozesstag vorgeschlagen, der Sachverständige solle nur zeitweise von seinem Anwesenheitsrecht Gebrauch machen (z.B. wenn er die relevanten Zeugen zu früheren Verhaltensweisen befragen könnte).
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Menschenrechtler kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Prof. Müller,
sicherlich ging es auch um die von Ihnen aufgeführte, hoffentlich nicht nur v o r d e r g r ü n d i g und vorgeschobene juristische Frage: " Es ging im Ergebnis doch nicht darum, ob Herr Mollath am 12.08.2001 schuldunfähig war, sondern, ob hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, die generelle Vermutung, eine erwachsene Person sei schuldfähig für Herrn Mollath am 12.08.2001 zu widerlegen, und dann im Rahmen des § 20 StGB i.d.p.r. anzuwenden."
Es entstand jedoch bei vielen kritischen und auch juristisch professionell tätigen Zeitgenossen und Beobachtern des Falles Mollath nicht nur der nachhaltige Eindruck, dass das WA-Gericht möglicherweise zu dem gewünschten und sehr pragmatischen Ergebnis kommen wollte und bei dem G.M. durch das Dogma Tenorbeschwer voraussehbar gegen dieses fragwürdige Urteil keine reelen Aussichten der Revision hat. Dafür könnte der Vergleich des indifferenten Pilatus in der Rolle des Sachverständigen sprechen und der Hohe Priester in der Rolle des Staatsanwalts. der zweifelsohne die Interessen des Staates, der Gesellschaft und möglicherweise der Staatsräson zu vertreten hatte.
Dazu der vorangegange Kommentar von einem der Gäste:
"Wen wundert es! Dieses Ergebnis (wir wissen es nicht) stand ja schon vorher fest. Es steht bei einem so langen zeitlichen Abstand immer schon vorher fest. Kritikwürdig sind die Konsequenzen daraus."
Gast kommentiert am Permanenter Link
Das scheint mir im Prinzip Jacke wie Hose.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Schuldunfähigkeit öffnet den Weg zu § 63 StGB, i.d.p.r. Schuldunfähigkeit nicht. Ein Unterschied wie Tag und Nacht also.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Das ist schon klar. Aber bei der Frage der Notwendigkeit der Anwesenheit des Sachverständigen im Prozess spielt es keine Rolle. Darum ging es.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Gast,
ich meine schon, dass dies einen Unterschied macht. Die obigen Kommentare, die sich mit der Anwesenheit des SV befassten, haben alle unterstellt, es ginge allein um die Beurteilung des Geisteszustands zur Tatzeit durch Beobachtung des Angeklagten im Gerichtssaal. Und das könne der SV vierzehn Jahre später eben schon objektiv gar nicht leisten. Und diese Ansichten haben insofern natürlich Recht: Selbst wenn ein Angeklagter nach vierzehn Jahren im Gerichtssal auf dem Richtertisch Steptänze aufführt, sagt das nichts über den Geisteszustand zum Tatzeitpunkt. Wie ich oben darstellte, ging es hier aber nicht nur darum, den Geisteszustand zur Tatzeit direkt zu beurteilen, sondern darum, ob man aus Indizien und Zeugenaussagen um diesen Zeitpunkt herum darauf schließen kann, dass die generelle Schuldfähigkeitsvermutung erschüttert werden kann und dass eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt (nicht) ausgeschlossen werden kann. Diese Aufgabe kann aber theoretisch durchaus mit sachverständiger Hilfe beurteilt werden - wenn man (was ja nicht alle hier tun) der Psychiatrie überhaupt irgendeinen fachlichen Wert beimisst. Ich wollte darauf hinweisen, dass es nicht nur - m. E. nicht einmal primär - um eine aktuelle Beobachtung des Angeklagten im Gerichtssaal ging bzw. gehen musste, um aus der Aufklärungspflicht eine SV-Beauftragung herzuleiten.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Lutz Lippke kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Prof. Müller,
bei aller Wertschätzung für Ihre Tätigkeit, welche Theorie ermöglicht die Begutachtung und Bewertung einer i.d.p.r. Schuldunfähigkeit?
Lutz Lippke
Gast kommentiert am Permanenter Link
Unsinn. Und schon wieder eine durch nichts gerechtfertigte Beleidigung eines völlig unverdächtigen, objektiven und unbefangenen Gerichts. Können Sie eigentlich wirklich nicht argumentieren ohne immer wieder sofort in Beleidigungen und Komplottheorien zu verfallen?
Menschenrechtler kommentiert am Permanenter Link
Herr Gustl Mollath hat sich dreimal explorieren, begutachten lassen !
Nachdem G.M. bereits f ü n f Jahre zu Unrecht in der Forensik, dem dunklen Ort des Rechts weggeräumt war, erklärte sich G.M. im April 2011 bereit, sich von Herrn Dr. Friedrich Weinberger persönlich explorieren zu lassen. Die BKH-Leitung hatte versucht dies zu verhindern. Als Vertrauensperson war der Richter a.D. Rudolf Heindl bei der Begutachtung anwesend.
Die Begutachtung durch Dr. Weinberger führte zu folgenden psychiatrischen Aussagen: „Nur aus einzelnen charakteristischen Ansichten und Handlungsvollzügen ergibt sich das Bild der Primärpersönlichkeit Mollaths, nämlich das eines altruistisch und sozial engagierten, freundlichen und friedfertigen, eher ängstlichen, etwas zwanghaften, Gerechtigkeit suchenden Menschen. Seine (angebliche) psychische Erkrankung war und ist auch von daher als ein reines Konstrukt anzusehen. In keiner Weise also paßt die Gustl Mollath aufgedrückte Diagnose "wahnhafte Störung". In doppelter, ja dreifacher Hinsicht paßt sie nicht, wobei der gravierendste "Eingangsfehler" gewiß darin liegt, daß eine Prüfung des Realitätsgehalts seiner Äußerungen vom Gutachter Dr. Leipziger nie gefordert, nie veranlaßt und vom Gericht nie vorgenommen worden ist.“
Herr Dr. Weinberger stellte diese grundlegende Fehleinschätzung - die einem Realitätsverlust nahekommt - bereits v o r Bekanntwerden des Revisionsberichts der HypoVereinbank fest: „Die Diagnose einer ‚wahnhaften Störung’ nach ICD-10: F 22.0 darf jedenfalls überhaupt nur gestellt werden, wenn der Wahncharakter vorgebrachter Äußerungen eindeutig erwiesen und ein Realitätsgehalt ausgeschlossen ist. Schwarzgeldverschiebungen in die Schweiz waren (oder sind) dabei so verbreitet und allgemein so bekannt, daß ihre Ausblendung und die Abschiebung der entsprechenden Anzeige Mollaths ins Wahnhafte durch das Gericht und den psychiatrischen Gutachter geradezu Kopfschütteln machen.“
Dr. Weinberger stellt zu dem die richtige Spur schon einschlagenden Gutachten von Dr. Simmerl vom 26.7.2007 (also ganze s e c h s Jahre vor der Entlassung aus der zu Unrecht erfolgten Unterbringung !) noch die berechtigte Frage: „Wie und warum Dr. Simmerl aus diesen seinen Feststellungen keine Zweifel an der Stichhaltigkeit des Einweisungsgutachtens ableitete und nicht auf eine Überprüfung des Einweisungsurteils hinzuwirken suchte, bleibt allerdings unerfindlich.“
Erst aufgrund des Gutachtens von Herrn Dr. Weinberger, der der „Gesellschaft für Ethik in der Psychiatrie" GEP vorsteht und sich seit den 70-er Jahren gegen den politischen Mißbrauch der Psychiatrie zuerst in der Sowjetunion eingesetzt hat, wurde der Fall Mollath durch den Journalisten Kasparowitsch von den Nürnberger Nachrichten bekannt und über die weitere Medienberichterstattung, insbesondere der SZ, zu dem Justiz- und Forensikskandal, der dann über weitere Zwischenschritte letztlich 2013 auch zur Freilassung Mollaths führte.
Obwohl der erfahrene Psychiater, Herr Dr. Weinberger, der übrigens durch das Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, eindeutig und überzeugend begründete, dass keine wahnhafte Erkrankung vorliegt, verblieb G.M. über z w e i w e i t e r e Jahre in der Forensik. Auch durch die öffentliche Stellungnahme von Herrn Prof. Dieckhöfer vom 8.2.2012 wurde die Unhaltbarkeit der psychiatrischen Diagnose nochmals offenkundig. Diese Stellungnahme mit dem Appell an die politisch verantwortliche Justizministerin, Frau Dr. Beate Merk, G.M. umgehend freizulassen, führte nicht zu einem verantwortlichen Handeln: G.M. verblieb weitere 1 ½ Jahre zu Unrecht in der Forensik.
Erst durch das WA-Verfahren im Juli 2014 hat sich das 2011 vom Bayreuther Vollstreckungsgericht schlicht vom Tisch gewischte Gutachten von Dr. Weinberger insofern „bestätigt“, als Mollath nicht erneut zwangsinterniert wurde.
Die Unterbringung war aber von Anfang an ein psychiatrisches und auch juristisches schwerwiegendes Unrecht aufgrund von Falschgutachten. Die fundierte Begutachtung von Dr. Weinberger wurde über zwei Jahre bei zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen, Stellungnahmen des BKH Bayreuth und Anhörungen w e i t e r ignoriert, totgeschwiegen, war aber gleichwohl wirkungsmächtig.
Auch das WA-Gericht und Prof. Nedopil setzte diese Haltung fort. Im Gegenteil versuchte Prof. Nedopil noch, das Falschgutachten von Prof. Pfäfflin, die Vorgutachten von Dr. L. und auch das unstatthafte Attest von Frau Dr. K. zu entschuldigen mit dem Argument, seine Kollegen hätten nicht über die notwendigen Informationen verfügt, um ausreichend begutachten zu können. Auch Dr. Weinberger verfügte nicht über den Revisionsbericht und konnte dennoch lebensnah diagnostizieren, dass es sich bei den Schwarzgeldbehauptungen nicht um einen paranoiden Wahn handelte.
Der gut nachvollziehbare, begründete und auch angemessene Antrag von Gustl Mollath, Herrn Dr. Weinberger als Zeugen beim WA-Verfahren zu laden, wurde merkwürdigerweise von seinem renommierten Verteidiger Dr. Strate abgelehnt, obwohl über eine weitere, wenn auch sehr unwahrscheinliche Unterbringung noch garnicht abschließend entschieden worden war. Die „Psychokiste“ sollte nach der Verteidigungsstrategie des Strafverteidigers zu bleiben, obwohl sie seit Beginn des Falles offen war und durch die Zwangsbeobachtung durch Prof. Nedopil ohnehin präsent und sehr bedrängend für G.M.war. An der klaren, schon zwei Jahre lang bestehenden Feststellung von Dr. Weinberger vorbei, der Mollath untersucht hatte, produzierte Prof. Nedopil kunstfehlerhaft dann, allein auf „Beobachtungen“ gestützt, seine verschwurbelte, indifferente Stellungnahme, aufgrund derer das Landgericht Regensburg Mollath dann nochmals u.a. den Makel einer Geistesstörung aufgedrückt hat.
Diese Vorgehensweise, professionelle Gutachten von anerkannten, wenngleich kritischen und dem Mainstream nicht zugehörigen Psychiater auszuschalten, trug zweifelsohne auch zu dem weiteren fragwürdigen Urteil dieses Wiederaufnahmeverfahrens bei. Wie hätte da G.M. zu Prof. Nedopil Vertrauen haben können?
Herr Dr. Weinberger kommt das bleibende Verdienst zu, die Falschgutachten widerlegt und damit entscheidend zu der Freiheit und der Rehabilitation von Herrn Gustl Mollath beigetragen zu haben. Ihm gebührt Dank und Anerkennung!
Dipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
Wer Tatzeiten nicht exploriert, obwohl er könnte, hat gar nichts begriffen und sollte als Gutachter von der Berufungsliste genommen werden
Dr. Weinberger hat sich zweifellos große Verdienste um die Freilassung Gustl Mallaths erworben, aber sicher nicht durch seine - offensichtlich nicht vorhandene - Gutachterkompetenz. Denn er versteht von einem wissenschaftlich fundierten Schuldfähigkeitsgutachten so wenig wie die Koryphäen (Leipziger, Kröber, Pfäfflin, Nedopil), denen er öffentlichkeitswirksam widersprach (dafür danke). Er hat zwar zu Recht widersprochen, aber mit völlig unzulänglicher Begründung. Er hat nämlich das Wesentliche nicht gemacht: Befinden und Verfassung zu den 10 Tatzeiten zu explorieren, obwohl er es gekonnt hätte, wie übrigens Pfäfflin auch.
Wer ein Schuld-, Geschäfts-, Prozess- oder Testierfähigkeits"gutachten" anfertigt, ohne Befinden und Verfassung zu den Tatzeiten bzw. Willenserklärungen zu explorieren, pflegt Okkultismus, einen massiven Verstoß gegen das Gesetz (wer zur Tatzeit ..) die Mindestanforderungen, den gesunden Menschenverstand, die Wissenschaft und Berufsethik. All das wird von den Gerichten gedeckt und deshalb sprechen sie ganz sicher kein wohlverstandenes Recht - was natürlich nicht ausschließt ;-), dass auch ein blindes Huhn mal ein Korn findet. Was sich hier abspielt ist Unrecht und Inkompetenz in Reinkultur.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Der von Mollath gestellte Antrag
http://strate.net/de/dokumentation/Beweisermittlungsantrag-Mollath-2014-...
wurde vom Gericht abgelehnt.
Das ist ganz, ganz schlechter Stil, Herr Dr. Weinberger, Sie sollten sich schämen. Wir sind nicht dumm.
Menschenrechtler kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter "no name" Gast, den Kommentar habe ich persönlich verfasst. Wenn ich Sie bitten darf mir zu erklären, was mein Kommentar mit Ihrer unterstellenden Aussage mit Dr. Weinberger zu tun hat. Wer ist übrigens "wir", meinen Sie verschiedene Gäste, die sich nicht einmal einen Namen geben wollen und dadurch völlig unnötig Verwirrung bereiten?
Gast kommentiert am Permanenter Link
Das ist doch keine "Entschuldigung". Das ist eine Schlachtung.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Das wird natürlich von anständigen Gerichten nicht gedeckt, wobei es selbstverständlich auch hier schwarze Schafe gibt, wie überall, wo Menschen arbeiten. Ihre seltsamen Verallgemeinerungen, auch auf Ihrer Webseite, lassen selbst einen starken Hang zu "Inkompetenz" und "Okkultismus" erkennen.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehter Herr Dr. Sponsel,
Sie schreiben zum Gutachten Dr. Weinberger:
Ich muss Ihnen widersprechen. Soweit die zur Zeit des Gutachtens von Dr. Weinberger noch anhaltende Unterbringung darauf beruhte, dass GM noch immer unter einer psychischen Störung/Krankheit gelitten haben soll, die seine anhaltendeGefährlichkeit begründete, war es nicht notwendig, zur Widerlegung auf die Tatzeiten abzustellen. Der Zustand zur Tatzeit war natürlich notwendig bei denjenigen Gutachten, die als Grundlage für die §§ 20, 63 StGB dienten. Dies gilt aber nicht für ein Gutachten, dass die aktuelle Befindlichkeit Mollaths betrifft und etwa darlegt, dass im Moment der Gutachtenerstattung kein Unterbringungsgrund bzw. kein Betreuungsgrund besteht odre es um die Entlassung geht. Auch wer nachweisen will, dass nie eine konkret benannte Störung bestanden hat oder dass vorherige Gutachten methodisch falsch sind, muss nicht auf Tatzeitpunkte abstellen.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Lippke,
Sie Schreiben:
Ich versuche Ihnen ein Beispiel zu geben, das völlig außerhalb des Falls GM liegt, aber vielleicht besser deutlich macht, was ich oben zu erklären versuchte:
A wird vorgeworfen, den B ermordet zu haben. Er schweigt zu dem ihm gemachten Vorwurf. Die Indizien (Fingerabdrücke, DNA, Werkzeugspuren) weisen eindeutig auf seine Täterschaft. Vor der (angeblichen) Tat geschriebene Briefe des A sowie ein Zeuge Z, der Nachbar des A, weisen darauf hin, dass A unter der Vorstellung litt, von unbekannten Mächten bzw. Aliens verfolgt worden zu sein. A habe auch gelegentlich von "Stimmen" berichtet, die ihm irgendwas befohlen haben sollen etc.
Mehrfach "platzt" der Prozess gegen A aus irgendwelchen Verfahrensgründen. Erst Jahre später kommt es zur entscheidenden Hauptverhandlung. A hat sich durchweg gewehrt, sich von einem Psychiater untersuchen zu lassen. Inzwischen gibt es auch keinerlei Symptome einer geistigen Erkrankung mehr, wenn es sie denn jemals gegeben hat. Wegen der Aufklärungspflicht wird Psychiater P als SV in die Hauptverhandlung geladen. Er soll nun ggf. sachverständig beurteilen, ob A zum Tatzeitpunkt unter einer Psychose litt oder (nicht ausschließbar) gelitten haben könnte, die möglicherweise (nicht ausschließbar) auch die Tat mitverursacht hat. (Exkurs: Dass die Psychiatrie hierfür die geeignete Wisenschaft ist und dass b sie überhaupt wissenschaftlich arbeitet, soll hier einmal unterstellt werden, das entspricht ja auch der Rechtsprechungspraxis)
Der A sagt und Kommentatoren im Beck-Blog schreiben, der SV könne doch nach so langer Zeit sowieso nicht beurteilen, ob A zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war oder nicht, deshalb solle/dürfe er gar nicht in der HV mitwirken und den A beobachten.
HEM schreibt im Beck-Blog: Die Aufklärungspflicht kann trotzdem gebieten, dass der SV an HV teilnimmt, selbst wenn er aus der Beobachtung des A keinen Schluss auf dessen Schuldunfähigkeit zum Tatzeitpunkt ziehen kann. Denn er kann evtl. aus den in der HV vorgelegten Briefen und der Aussage des Z erschließen (bzw. bei der gerichtlichen Beurteilung helfen), ob es sich beim Verhalten des A um eine Erkrankung/Störung i.S. d. § 20 StGB gehandelt haben könnte bzw. ob zumindest Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass man § 20 StGB i.d.p.r. anwenden muss. Dazu fragt dann LL im Beck-Blog: "Sehr geehrter HEM, welche Theorie ermöglicht die Begutachtung und Bewertung einer i.d.p.r.-Schuldunfähigkeit?"
Lieber Herr Lippke, nun stehe ich vor dem Problem Ihnen zu antworten, ohne eben das zu schreiben, was ich schon mehrfach geschrieben habe, denn das hat Sie ja offenbar nicht überzeugt.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Gast kommentiert am Permanenter Link
Sarkasmus ist nicht so Ihr Ding, nicht wahr?
Nennen Sie es "Freud'sche Fehlleistung". ;-)
In der Sache ist die Botschaft hoffentlich angekommen, so daß Sie die Korrektur und meine Meinungsäußerung dennoch verstehen.
Lutz Lippke kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Prof. Müller,
das Problem mit dem Beispiel ist, dass es weder selbst eine Theorie darstellt, noch durch eine solche hinterlegt ist. Es gibt ja grob zwei Ansätze für Theoriebildung. Formalisierung und Abstraktion aus Erfahrungen oder Hypothese, Modellbildung und Abgleich mit der Realität. Die Methoden dieser Theoriebildung und deren Überprüfung müssen mit einer Methodologie erfolgen, die nicht selbst die Ergebnisse verfälscht oder anfällig für Manipulationen ist. Formale Logik oder moderne Logik wirkt trocken, abstrakt oder unpraktisch, leistet aber in bestimmten Bereichen genau das Erforderliche, so wie auch Algorithmik, Systemtheorie etc. Es geht um die Entkopplung von struktureller "Mechanik" von konkreten Bedeutungen, Interessen und praktischen Erfordernissen. Das bedeutet nicht, dass das LG nun mit formaler Logik hantieren müsste. Vielmehr geht es darum, dass die Methoden und deren Anwendung theoretisch unterlegt und validiert sind, um ein Maß zur Beurteilung der objektiven Angemessenheit von Ergebnissen zu haben. Es gibt dazu ja auch Quellen in der Rechtstheorie. Nur fristen die scheinbar ein Schattendasein oder sind auf nur wenige Alibiüberlegungen reduziert, die die Praxis bestätigen sollen. So ist der Allgemeinheitsgrundsatz ein scheinbarer Ersatz für die Allgemeingültigkeit, ohne jedoch deren Substanz zu haben. Diese Theorie- und Modellarmut führt nach meiner Wahrnehmung auch zu den Missverständnissen und divergierenden Ansichten in der Diskussion. Also ein Problem das uns alle betrifft.
Beste Grüße
Lutz Lippke
Gast kommentiert am Permanenter Link
Wollen Sie uns diesen Satz bitteschön erklären?
Lutz Lippke kommentiert am Permanenter Link
So wie der juristische Allgemeinheitsgrundsatz definiert wurde, stellt er die allgemeine Regel für den üblichen Fall dar, z.B. die Schuldfähigkeit (gesetzlich) oder auch die Erforderlichkeit der Tenorbeschwer (richterrechtlich). Eine Abweichung ist im besonderen Fall möglich, wobei das Regel-/Ausnahmeverhältnis unbestimmt ist bzw. vielen Unwägbarkeiten unterliegt.
Allgemeingültigkeit ist dagegen die Definition einer umfassend gültigen Regel, die für alle Fälle zutrifft. Findet man eine Fallkonstellation, die nicht erfasst wird, dann ist die Regel nicht allgemeingültig. Es bleibt Ungeregeltes.
Die Quellen der Definitionen wurden schon erwähnt. Mit entsprechenden Links. Auch die synonyme Verwendung von "im Allgemeinen" und "allgemeingültig" kann man in den Kommentaren finden.
Wäre die Tenorbeschwer allgemeingültig, kämen Ausnahmen gar nicht erst infrage. Gäbe es eine valide Regel-/Ausnahmelogik könnte diese als allgemeingültig gelten. Da es offensichtlich keine verbindlichen Kriterien gibt, hängt es vom subjektiven Verständnis und Wollen ab, wie die Grenzen definiert werden. Demzufolge kann es auch keine substanzielle Validierung geben. Richter glauben überzeugt zu sein oder sind überzeugt, dass ihr Glaube dem Recht entspricht. Es reicht zu einer Entscheidungsfrage i.d.R. ein Rechtszitat und der Nachsatz "so ist es hier" oder aber "trifft hier nicht zu"
Gast kommentiert am Permanenter Link
Ich kenne keinen "juristische Allgemeinheitsgrundsatz" noch eine Definition.
Wo? Das würde mich schon wirklich sehr interessieren.
Das ist eine Binsenweisheit. Ist eine Regel nicht allgemeingültig, dann ist sie nicht allgemeingültig. Ich bin begeistert ob derartigen Tiefsinns. Man lernt doch nie aus...
Gast kommentiert am Permanenter Link
Die allgemeingültige Regel heisst im Zweifel für den Angeklagten. Und wer weiter meint das 1+1 gleich 0 + 0,7 ist, kann das gerne weiter meinen.
Dr. Weinberger kommentiert am Permanenter Link
Ein Wort noch zu den Ausführungen, mit denen „Menschenrechtler“ unsere Bemühungen in der GEP, speziell die von Prof. Dieckhöfer und mir, mit viel Anerkennung bedachte und damit vielen Schmähungen entgegentrat, mit denen andere dieses Bemühen oft zuzudecken versuchten. Schmäher waren auch jetzt gleich wieder zur Stelle.
Einen davon, Herrn Dr. Sponsel, der mir „Gutachterkompetenz“ abspricht, hat Prof. Müller dankenswerterweise schon berichtigt. Er stellte klar, daß es 2011 zur Begutachtung der aktuellen Verfassung Mollaths „Explorationen zu Befinden und Verfasssung (Mollaths) zu den Tatzeiten“ nicht brauchte. Mit seinen Weisheiten greift Sponsel öfters zu kurz. 2012 führte er sich bei uns mit den Worten ein: „Die Psychiatrie hat sich schon immer von den Herrschenden mißbrauchen lassen, nicht selten hat sie willig mitgemacht und daran hat sich bis heute nichts geändert.“ Für einen Psychologen, Angehörigen einer Berufsgruppe, die mit der „Operativen Psychologie“ nicht weniger mit dem Mißbrauch der Psycho-Fächer durch Herrschende verstrickt ist, empfanden wir das als kein gutes Entree. Alle Berufe, in deren Händen mitunter Macht zu liegen kommt, können mißbraucht werden. Als Psychologe – es gibt zum Glück auch solche, mit denen gut zusammenzuarbeiten ist - glaubt Sponsel wohl berufen zu sein, pauschal über einen anderen, ihm fremden Beruf urteilen zu dürfen, dünkt er sich anscheiend als besserer Psychiater.
Indem er eine Aussage zu Mollaths „Befinden und Verfassung zu den Tatzeiten“, von denen zuletzt noch eine Tatzeit übrig blieb, folgte Prof. Nedopil quasi Sponsels Spuren und gelangte in wilder Spekulation, falscher Ableitung von Kretschmers „sensitivem Beziehungswahn“, zu den Schlußfolgerungen, denen das Regensburger Landgericht dann folgte, die aber auch über deren Bestätigung durch den BGH hinaus jetzt Zweifel an der Richtigkeit des Urteils am Leben halten.
Wilder freilich noch die Ausfälle von „Gast“ (Gästin?), der / die aus hohler Hand nicht nur dem Autor „Menschenrechtler“ die Autorenschaft für seinen umfänglichen Beitrag absprach und sie einem anderen zusprach, sondern der / die auch noch die Unverfrorenheit besaß, diesem anderen aus gleicher hohler Hand „ganz, ganz schlechten Stil“ nachzusagen und hinwarf: „Sie sollten sich schämen“. In diesem Stil, mit diesen Worten begegnete mir schon vor Jahren Ursula Prem aus Freystadt, die wie hier ihre Identität als „Gast“ ihre Ghostwriter-Autorenschaft an Dr. Strates Buch „Der Fall Mollath“ und an den dort stehenden Verzeichnungen und Verleumdungen versteckte. Schämt sie sich jetzt doch?
Gegen Ende des Prozesses ließ Strate seinen Mandanten fallen, bezichtigte ihn vor Gericht der „Lüge“, meinte, er könne „Freund und Feind nicht unterscheiden“ und bezeichnete seine Beweisanträge, u.a. seinen Antrag als „Mist“, Prof. Dieckhöfer und mich als Zeugen anzuhören. In den GEP-Rundbriefen 1 und 2/15 (www.psychiatrie-und-ethik.de) bin ich auf die Motive eingegangen, die dieser Wendung des Verteidigers wohl zugrunde liegen.
Erfreulicherweise erlaubt die fortgesetzte Diskussion im Beck-Blog, viele bisher verborgen oder verschwommen gebliebene Details am Regensburger Prozeß um Gustl Mollath besser noch aufzuklären – im Interesse des Rechtsstaates.
Dr. F. Weinberger, GEP
Gast kommentiert am Permanenter Link
Es ist hier ziemlicher Konsens unter den Kommentatoren (sogar den Nichtjuristen), dass Mollath sich durch seine Alleingänge vor Gericht nur selbst geschadet hat. Die zitierten Aussagen von Strate entbehren daher nicht einer gewissen Wahrheit.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Ganz im Gegenteil: mit dieser so absolut formulierten Meinung stehen Sie vermutlich ziemlich alleine da.
Was verstehen Sie denn unter "sich selbst geschadet hat"?
Herr Mollath hat diese Anträge für sich und seine Seele gebraucht. Sie waren für ihn wie ein reinigendes Gewitter. Er hatte danach zumindest das Gefühl, nichts unversucht gelassen zu haben, um dem Prozess die von ihm gewünschte Wende zu geben.
Hätte er die Anträge nicht gestellt und sich auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen (wie von jedem Juristen üblicherweise gewünscht), so wäre der Prozess vermutlich auch nicht anders ausgegangen. Er wäre deshalb nach überwiegender Meinung aller Beobachter genauso "drittklassig" freigesprochen worden.
Unterm Strich haben die Anträge Herrn Mollath also nur genützt, nicht geschadet. Er hat sich danach besser gefühlt. Aus Sicht eines Psychologen oder Psyhiaters konnte man ihm nur dazu raten, diese Anträge zu stellen, die er subjektiv für wichtig hielt.
Das sehen fast alle so, mit denen ich gesprochen habe.
Gast kommentiert am Permanenter Link
"vermutlich"? - haben Sie die letzten 2 Jahre Diskussion hier im beck blog überhaupt verfolgt?
Durch die Aussage etwa "ich habe mich nur gewehrt" hat sich Mollath selbst ans Messer geliefert. Das hat es dem Gericht leicht gemacht, die Körperverletzung zu bejahen. Und seine Schriftsätze inkl. Anträge lassen ihn vor Gericht einfach nicht präsentabel dastehen, weil juristisch zu wenig Gehalt dahintersteht.
Ob es ohne Mollaths Verhalten einen Freispruch aus tatsächlichen Gründen gegeben hätte kann niemand sagen. Aber Mollaths Prozessverhalten als für ihn objektiv nützlich anzusehen ist schon ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Vielmehr war nach seiner Aussage vollkommen klar, dass es nicht zu einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen kommen würde. Zumindest die einfache Körperverletzung stand danach - leider - einfach fest.
Wenn man einen Verteidiger vom Kaliber Strate hat, sollte man auf den hören und die psychologische Aufarbeitung für nach dem Prozess lassen. Insbesondere weil der Freispruch schon aus prozessualen Gründen von Anfang an feststand! Und die Möglichkeit einer Unterbringung besteht auch nicht mehr ernsthaft, wenn das Bundesverfassungsgericht einen aus der Psychiatrie holt.
Also, im Ergebnis hat sich Mollath selbst geschadet. Die Chance auf einen Freispruch aus tatsächlichen Gründen war nach seiner Aussage einfach keine mehr. Es hat eben einen Grund, warum alle Juristen das gleiche sagen.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Sie irren sich.
Es gibt tatsächlich noch andere, die sich hin und wieder auf Ihre Seiten verirrten und das Gedankengut hinter dem Beitrag von "Menschenrechtler" dem Ihrigen zum Verwechseln ähnlich fanden.
Wie Sie nun darstellen, gab es also bereits andere, die Ihre falschen Behauptungen zum "Schämen" fanden.
Das ist tröstlich zu wissen.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Was ist eigentlich noch das Thema hier?
Haben wir schon einen Konsens in irgendeiner Frage?
Ich schlage eine Abstimmung vor, ein Versuch, zunächst eine grobe Übersicht zu gewinnen, wo es sich überhaupt noch lohnt zu diskutieren.
Wer einer der folgenden Aussagen zustimmt, benenne die Nummern, ggf. in Klammern für "eingeschränkt richtig":
Ich fange mal an:
1, 5, 7, (9), (10)
Dipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
Warum sollten hier nicht verschiedene Themen nebeinander laufen - sofern sie im Urteil eine wichtige Rolle spielen?
Es fehlt noch 12. "nicht ausschließbar_§" als deus ex machina Sophismus.
Meine Erstfassung: (1), (2), 3, 4, 5, 6, (7), (8), (9), (10), (11), 12.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Konsens haben wir darüber, dass sich aus der StPO (irgend)eine Beschwer ergibt und dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung in §§ 20, 63 StGB geregelt sind.
Das war's dann glaube ich auch so ziemlich.
Gast kommentiert am Permanenter Link
12. Das Urteil war so zu erwarten und ist in Ordnung.
Dipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
Das A und O jeder Schuldfähigkeitsbegutachtung ist der Zustand "bei Begehung der Tat ..."
So will es das Gesetz - § 20 StGB - und daher ist dieser Mindestanforderung nicht verhandelbar. Analog gilt natürlich im Zivilrecht (Geschäfts-, Prozess- Testierfähigkeit) der Zustand bei Ausführung der Handlung oder Willenserklärung.
Sehr geehrter Prof. Müller (15;#27),
Sie widersprechen, indem Sie die gesamte Gutachtermisere und Vorgeschichte ausblenden. Das kann man machen, Sie tun es ja auch, aber da möchte ich Ihnen widersprechen.
Sämtliche Gutachter ignorierten diese Mindestanforderung, wie in vielen anderen Fällen auch, in dem sie sich weigerten, Befinden und Verfassung zu den Tatzeiten zu erforschen. Nur zwei - Dr. Simmerl hatte eine andere Fragestellung - , Prof. Pfäfflin und Dr. Weinberger, hatten hierzu auch die explorative Chance, aber nicht genutzt. Im Falle Dr. Weinberger ist dies unverständlich, weil er ja Mollath grundsätzlich entlastungsbereit gegenübertrat. Und er kannte das Problem auch, wie eine Passage aus seinem Gutachten nahelegt. Dr. Weinberger kritisiert nämlich zu Recht, wenn auch viel zu dünn und milde (S. 24; fett-kursiv RS):
Ich meine daher, dass es gar nicht oft genug gesagt werden kann, dass die Mindestanforderung, Erforschen von Befinden und Verfassung zu den TatZEITEN, was ja noch nicht bedeutet, dass diese Erforschung mit einer Zurechnung der Taten einhergehen muss, zwingend zu leisten ist, weil es eben schon durch das Gesetz (wer bei Begehung der Tat ...) vorgeschrieben ist. Die verbreitete Verwahrlosung hinsichtlich der Beachtung und Einhaltung der Mindestanforderungen in der Justizpsychiatrie ignoriert hier das Gesetz. Und das ist fatal, ja unerträglich. Wohlverstandenes Recht und Wissenschaft gehen anders, ganz anders.
MfG R. Sponsel
Gast kommentiert am Permanenter Link
Das A vielleicht, das O bei einer Unterbringung ist das nicht. Es reicht aus, wenn keine rechtswidrigen Taten zu erwarten sind. Egal wie der Zustand bei Begehung der Tat war. So will es das Gesetz - § 63 StGB.
Dipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
Schuldunfähigkeit ist eine Voraussetzung* der Unterbringung nach § 63 §
Vielleicht lesen Sie den fett gesetzten Titel noch einmal: Das A und O jeder Schuldfähigkeitsbegutachtung ist der Zustand "bei Begehung der Tat ..."
*Alle finden Sie hier:
http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/PFFPGMRJ.htm#BGH%20zu%20den%20Vorauss...
Menschenrechtler kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Dr. Sponsel,
als Unterstützer von Herrn Gustl Mollath können Sie realisieren, dass es 2011 v o r r a n g i g darum ging, Herrn Mollath aus dem schweren Unrecht der bereits fünf jährigen Unterbringung zu befreien. Die Chancen und Möglichkeiten waren sehr begrenzt und wurden von G.M. zeitweise für aussichtslos empfunden. Um die Exploration überhaupt durchzusetzen, musste bei der Sozialministerin, Frau Haderthauer und einem SPD-Bundestagsabgeordneten interveniert werden. Für die erzwungene Exploration stand nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung. Sie fordern eine Zielsetzung und Standarts ein, die 2011 nicht geleistet werden konnten, nicht im Vordergrund standen und auch nicht notwendig waren.
Ihr menschenrechtliches Engagement als humanistischer Psychologe, forensischer Psychologe hat mit dem Eintreten von Dr. Weinberger gegen den Mißbrauch der Psychiatrie große Gemeinsamkeiten.
Nicht zufällig haben Sie sich im Unterstützerkreis gemeinsam für die Aufklärung des Gutachter- und Justizunrechts eingesetzt. Insofern befremdet es mich, dass Sie Herrn Dr. Weinberger in einem Blog öffentlich herabsetzen.
Konstruktiv und längst überfällig wäre es, wenn sich fortschrittliche Psychiater mit humanistischen Psychologen zusammentun und gemeinsam ein Konzept entwickeln, für Reformen in der Psychiatrie, der Forensik und mutig an die Öffentlichkeit bringen, wie es in den psychiatrischen Krankenhäuser und Forensiken vielfach zu geht.
Den nachfolgenden Standpunkt von Prof. Müller teile ich, soweit ich dies als Laie beurteilen kann.
Ich muss Ihnen widersprechen. Soweit die zur Zeit des Gutachtens von Dr. Weinberger noch anhaltende Unterbringung darauf beruhte, dass GM noch immer unter einer psychischen Störung/Krankheit gelitten haben soll, die seine anhaltendeGefährlichkeit begründete, war es nicht notwendig, zur Widerlegung auf die Tatzeiten abzustellen. Der Zustand zur Tatzeit war natürlich notwendig bei denjenigen Gutachten, die als Grundlage für die §§ 20, 63 StGB dienten. Dies gilt aber nicht für ein Gutachten, dass die aktuelle Befindlichkeit Mollaths betrifft und etwa darlegt, dass im Moment der Gutachtenerstattung kein Unterbringungsgrund bzw. kein Betreuungsgrund besteht oder es um die Entlassung geht. Auch wer nachweisen will, dass nie eine konkret benannte Störung bestanden hat oder dass vorherige Gutachten methodisch falsch sind, muss nicht auf Tatzeitpunkte abstellen.
Gast kommentiert am Permanenter Link
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