Ist ein generelles Verbot der Handynutzung am Arbeitsplatz mitbestimmungspflichtig?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 04.12.2015

Die Nutzung privater Mobiltelefone am Arbeitsplatz durch die Mitarbeiter ist  aus der Sicht des Arbeitgebers nicht immer unproblematisch. Man denke an Smartphones mit Foto- und Videofunktionen, von denen die Gefahr der Übermittlung sensibler Daten und Bilder an unbefugte Dritte ausgehen könnte. Ferner ist manchen Arbeitgebern generell die Nutzung zu privaten Gesprächen, zu privaten E-Mail-Abfragen oder zum Surfen im Internet ein Dorn im Auge. Die Frage lautet, ob der Arbeitgeber die Nutzung von Handys eigenmächtig verbieten kann? Dies wird dann zu einem Rechtsproblem, wenn es einen Betriebsrat gibt. Kann der Betriebsrat in diesem Punkt ein Mitbestimmungsrecht für sich reklamieren? Hierzu gibt es unterschiedliche Äußerungen in der arbeitsgerichtlichen Instanzrechtsprechung. Verneint wurde ein Mitbestimmungsrecht im Jahre 2009 vom LAG Rheinland-Pfalz (30.10.2009 - 6 TaBV 33/09, BeckRS 2010, 66924): Das Verbot eines Arbeitgebers, während der Arbeitszeit private Handys zu benutzen, unterliege nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Es gehöre zu den selbstverständlichen Pflichten, dass die Arbeitnehmer während der Arbeitszeit von der aktiven und passiven Benutzung des Handys absehen. Ein entsprechendes Handyverbot des Arbeitgebers sei daher eine unmittelbare Konkretisierung der Arbeitspflicht. Entgegengesetzt hat nun das ArbG München (Beschluss vom 18.11.2015, 9 BVGa 52/15) entschieden, wie jüngst der Arbeitsrechtsberater auf seinen Internetseiten berichtete. Arbeitgeber dürfen hiernach die Nutzung von Handys während der Arbeitszeit nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats generell untersagen. Das generelle Handynutzungsverbot betreffe nicht etwa das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer, sondern gestaltet i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die betriebliche Ordnung im Betrieb und regelt das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb. Dass das Verbot nicht das Arbeitsverhalten betreffe, zeige sich schon darin, dass Arbeitnehmer ihre Arbeit auch dann zügig und fehlerfrei verrichten können, wenn sie ab und an einen Blick auf ihr Handy werfen, um zu prüfen, ob es verpasste Anrufe oder eingegangene Textnachrichten anzeigt. Im Übrigen lenke auch nicht jede Nutzung des Handys zu Kommunikationszwecken von der Arbeitsleistung ab. So könne es z.B. für die Konzentration am Arbeitsplatz sogar förderlich sein, wenn ein Arbeitnehmer weiß, dass er bei Bedarf für seine Kinder oder pflegebedürftigen Eltern erreichbar ist. Des Weiteren betreffe das Handyverbot auch deshalb das mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten, weil die private Nutzung von Handys am Arbeitsplatz - sei es zum Telefonieren, zum Abspielen von Musik oder zum Radiohören - selbst bei ordnungsgemäßer Erbringung der eigenen Arbeitsleistung andere Arbeitnehmer stören kann.

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5 Kommentare

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Es gibt keinen vernünftigen Grund, der es rechtfertigen könnte, die Wahrnehmung von Informationen auf dem stumm geschalteten Handy zui rechtfertigen. Art.5 Abs.1 GG kann auch mit Zustimmung des Betriebsrats nicht außer Kraft gesetzt werden. 

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Am Arbeitsplatz soll gearbeitet und nicht mit dem Handy herumgespielt werden. Demnächst soll man am Arbeitsplatz wohl auch noch Zeitung moder den Spiegel lesen können, denn "es gibt keinen vernünftigen Grund, der es rechtfertigen könnte, die Wahrnehmung von Informationen auf einerstummen Zeitung zu rechtfertigen". So ein Unsinn...

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In erster Linie geht es natürlich darum, jederzeit empfangsbereit für wichtige persönliche Nachrichten zu sein. Wenn die Schule anruft, weil das Kind einen schweren Unfall hatte, ist das wohl weit wichtiger als die meisten Arbeitsplätze. Im Übrigen sind wohl die meisten, die jünger als 70 Jahre alt sind, heute ohne Weiteres in der Lage, ohne Beeinträchtigung der Arbeit mittendrin die wichtigten Topmeldungen auf dem Smartphone zu lesen - und das ist mit einer Zeitung, die nie topaktuell sein kann, dafür umfassendere und damit tatsächlich von der Arbeit ablenkende Informationen bietet, überhaupt nicht vergleichbar.

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Das Argument, dass sich eine solche Regelung zumindest auch mit dem Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb befasst und damit mitbestimmungspflichtig ist, überzeugt mich.

Die Frage, ob es sinnvoll ist, ein generelles Verbot auszusprechen, ist eine ganz andere.

Ich glaube, dass man im Prinzip keine Regelung treffen muss. Wenn ein Arbeitnehmer einen dringenden privaten Anruf (das schon angesprochene spontan erkrankte Kind o.ä.) erhält und diesen annimmt, wird wohl niemand etwas dagegen haben können, auch im Hinblick auf Grundrechte. Wenn die private Nutzung aber ausartet, wird man auch ohne eine solche Regelgung als Arbeitgteber einschreiten können. Immerhin ist der Verdacht des Arbeitszeitbetruges nicht ganz fernliegend. Während der Zeit, die man dem Arbeitgeber "verkauft" hat, wird dieser erwarten dürfen, dass man für das zu entrichtende Entgelt die Arbeitszeit mit arbeitsbezogenen Dingen nutzt, nicht für eine Email an den Vermieter, Nachlesen des Spielverlaufes der letzten Championsleague-Begegnung und ausgedehnten Konversationen mit dem Chat-Support des eigenen Internetproviders. Höchstens eben in den Pausen. Wer sich darüber hinwegsetzt, wird sich unangenehmen Fragen stellen müssen.

Andererseits habe ich - auf einer persönlichen Ebene - schon fast Verständnis für die Mitarbeiter, die auch nach Dienstschluss von ihrem Arbeitgeber wegen sonstwas angerufen werden und so die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben anfangen ebenso wenig genau zu nehmen. Juristisch gesehen ist diese "Selbsthilfe" allerdings kein wirklich schlagkräftiges Argument.

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HR Lawyer schreibt: "Ich glaube, dass man im Prinzip keine Regelung treffen muss."

Dem kann ich nur voll zustimmen. in einer ohnehin überregulierten Welt ist ein wenig gesunder Menschenverstand hilfreich. Das gilt natürlich nicht nur für Arbeitgeber, sondern auch für Arbeitnehmer. Dass "eine Email an den Vermieter, Nachlesen des Spielverlaufes der letzten Championsleague-Begegnung und ausgedehnte Konversationen mit dem Chat-Support des eigenen Internetproviders" nicht an den Arbeitsplatz (außer in Pausen) gehören, sollte sich von selbst verstehen.

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