BAG zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Aufsichtsratswahl nach dem Mitbestimmungsgesetz

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 05.11.2015

Das BAG setzt den vor einigen Jahren eingeschlagenen Weg fort, Leiharbeitnehmer bei diversen Schwellenwerten mitzuzählen und damit ihre Stellung aufzuwerten. Eine neue Entscheidung des 7. Senats des BAG (Beschluss vom 4. November 2015 - 7 ABR 42/13) erstreckt diese Rechtsprechung nunmehr auf die Unternehmensmitbestimmung, allerdings zunächst einmal nur auf den besonderen Schwellenwert des § 9 MitbestG. Nach dessen Absatz 1 werden die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer eines Unternehmens mit in der Regel mehr als 8.000 Arbeitnehmern durch Delegierte gewählt, sofern nicht die wahlberechtigten Arbeitnehmer die unmittelbare Wahl beschließen. § 9 Abs. 2 MitbestG bestimmt, dass die Wahl in Unternehmen mit in der Regel nicht mehr als 8.000 Arbeitnehmern in unmittelbarer Wahl erfolgt, sofern nicht die wahlberechtigten Arbeitnehmer die Wahl durch Delegierte beschließen. Im jetzt entschiedenen Fall hatten sich 14 Arbeitnehmer des Reifenherstellers Goodyear Dunlop (Hanau) gegen eine Delegiertenwahl im Jahre 2011 gewandt und beantragt den Hauptwahlvorstand zu verpflichten, die Wahl als unmittelbare Wahl durchzuführen. Der Hauptwahlvorstand hatte unter Einbeziehung von 444 auf Stammarbeitsplätzen eingesetzten wahlberechtigten Leiharbeitnehmern eine Gesamtbeschäftigtenzahl in dem Unternehmen von 8.341 Personen festgestellt. Das BAG bestätigte jetzt die Vorgehensweise des Hauptwahlvorstandes. Das MitbestG definiere den Begriff „Arbeitnehmer“ nicht selbst, sondern verweise in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MitbestG auf den betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff des § 5 Abs. 1 BetrVG. Unter Fortführung seiner neueren Rechtsprechung, nach der die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs insbesondere von einer normzweckorientierten Auslegung des jeweiligen gesetzlichen Schwellenwertes abhängt, spricht sich das BAG dafür aus, dass für die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 MitbestG jedenfalls wahlberechtigte Leiharbeitnehmer auf Stammarbeitsplätzen mitzuzählen sind. Der Beschluss, die Aufsichtsratswahl als Delegiertenwahl durchzuführen, habe daher der vom Gesetz in § 9 Abs. 1 MitbestG vorgesehenen Regelwahlart entsprochen. Ausdrücklich wird in der Pressemitteilung hervorgehoben, dass der Senat nicht darüber zu befinden hatte, ob Leiharbeitnehmer auch bei anderen Schwellenwerten der Unternehmensmitbestimmung in die Berechnung einbezogen werden müssen. Das festzustellen, bleibt weiteren Urteilen vorbehalten.

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