Kartellbuchhalter, vertikale Preisbindung, Online-Dating mit dem Kartellamt und Studienvereinigung Kartellrecht – Was der 22.10.2015 kartellrechtlich so brachte

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 23.10.2015

Gestern war wieder so ein Tag mit hohem kartellrechtlichen "Output":

1. Das Bundeskartellamt verkündete, dass es im sogenannten Matratzenfall ein weiteres Bußgeld verhängt habe. Worum ging es? Das Bundeskartellamt hatte nach dem Eingang von Beschwerden aus dem Markt Durchsuchungen bei Matratzenherstellern durchgeführt. Die eingeleiteten Verfahren hatten bereits im Vorjahr zu Bußgeldern geführt. Mit einem weiteren Bußgeld in Höhe von EUR 15,5 Mio. gegen einen Hersteller von Matratzen hat das Bundeskartellamt den Fall jetzt abgeschlossen. Was zeigt uns das? Die vertikale Preisbindung gehört zu den Verfolgungsprioritäten des Bundeskartellamts. Auch hierfür gibt es in Deutschland hohe Bußgelder. Nach der Pressemitteilung des Bundeskartellamts (hier) lag der Fall auch recht eindeutig: Der Hersteller hatte an sich unverbindliche Preisempfehlungen mit der Androhung von Sanktionen durchgesetzt.

Fazit also: Augen auf bei der vertikalen Preisbindung.

2. Aus Luxemburg kam die Feststellung, dass auch der Kartellbuchhalter nach europäischem Kartellrecht von der Europäischen Kommission mit einem Bußgeld versehen werden kann. Im Fall AC-Treuhand AG bestätigte der Europäische Gerichtshof die Entscheidung des Europäischen Gerichts. Dieses hatte wiederum die Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission gegen AC-Treuhand gestützt. Die Kommission hatte im Wärmestabilisatorenkartell-Fall Bußgelder nicht nur gegen die beteiligten Hersteller, sondern eben auch gegen die AC-Treuhand verhängt. Bei dieser handelt es sich nach den Feststellungen der Gerichte um "ein Beratungsunternehmen, das verschiedene Dienstleistungen für nationale und internationale Verbände und Interessengemeinschaften anbietet, einschließlich der Geschäftsführung und Administration von schweizerischen und internationalen Fachverbänden, Vereinigungen und Non-Profit-Organisationen, der Beschaffung, Verarbeitung und Auswertung von Marktdaten, der Präsentation von Marktstatistiken und der Prüfung von gemeldeten Zahlen bei den Mitgliedern". Tatsächlich hatte die Gesellschaft nach den Feststellungen der Europäischen Kommission die Rolle des Kartellbuchhalters und Organisators übernommen. Der Gerichtshof meinte dazu, dass auch ein solches Verhalten einen Verstoß gegen das Kartellverbot des EG-Kartellrechts darstellt. Im deutschen Kartellordnungswidrigkeitenrecht hätte man diesen Fall ohne große juristische Verrenkungen leichter und vielleicht auch rechtlich genauer lösen können. Zur Entscheidung des EuGH (vgl. hier).

3. Was gab es sonst noch? Wer sich für Partnervermittlungsinternetseiten interessiert, sich aber nie traute, dort einmal nachzuschauen, wird sich Detailkenntnisse über den Markt in der Zweite-Phase-Entscheidung des Bundeskartellamts im Zusammenschlussvorhaben Oakley/EliteMedianet verschaffen können (sobald die Entscheidung auf der Internetseite des Bundeskartellamts veröffentlicht ist). Das Bundeskartellamt hat am 22.10.2015 durch Pressemitteilung bekannt gegeben, dass es den Zusammenschluss großer Online-Dating-Plattformen freigegeben habe. Zur Pressemitteilung siehe hier.

4. Abends war ich dann noch bei der Veranstaltung der Regionalgruppe Stuttgart der Studienvereinigung Kartellrecht e.V. Die Kanzlei Menold Bezler hatte in ihre Räume am Pragsattel zu zwei Vorträgen eingeladen. Frau RiOLG Dr. Rombach vom Kartellsenat des OLG Karlsruhe berichtete über die Entscheidungen des LG Mannheim im Schienenkartellfall. Herr Dr. Bernhard deckte die Widersprüchlichkeiten der deutschen Rechtsprechung bei der Behandlung von Wettbewerbsverboten auf. Er demonstrierte dies sehr anschaulich insbesondere am Fall der Entscheidung des 2. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 20.01.2015, Az. II ZR 369/13. Der zweite Zivilsenat löste den an sich kartellrechtlichen Fall ohne und unter Außerachtlassung des Kartellrechts. Erstaunlich.

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