Bundeskanzlerin Merkel hat sich nicht strafbar gemacht

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 13.10.2015

Mein Kollege Prof. Dr. Holm Putzke von der Uni Passau vertritt die Ansicht, die Bundeskanzlerin habe sich strafbar gemacht, als sie sich Anfang September mit Österreich darauf geeinigt habe, unter Umgehung des eigentlich vorgesehenen Grenzregimes in Europa/Schengenstaaten, Flüchtlinge in Deutschland in großer Zahl aufzunehmen. (Link: Holm Putzke, Ist die Bundeskanzlerin eine Schleuserin?)

Wie nicht anders zu erwarten hat er Beifall (teilweise von zweifelhafter Seite) und auch  Kritik für seine Beurteilung geerntet.

Zwei Dinge vorangestellt:

1. Ich stimme Putzke zu, dass die Frage der Strafbarkeit nach §§ 95, 96 AufenthaltsG nur einhellig beantwortet werden kann: Nur wenn eine Person den Tatbestand der unerlaubten Einreise erfüllt, dann können  diejenigen strafbar sein, die dieser Person bei der illegalen Einreise Hilfe leisten. Dies ist wohl auch die eigentliche Stoßrichtung der Analyse von Putzke: Er will klarstellen, dass es nicht angeht, immer noch "Schleuser" zu bestrafen (selbst solche, die dies aus rein humanitären Gründen  tun), zugleich aber die Handlungen Merkels als strafrechtlich irrelevant anzusehen.

2. Ich stimme Putzkes Antwort, Frau Merkel habe sich wohl strafbar gemacht, nicht zu.  Putzke hat das Pferd von der falschen Seite her aufgezäumt und dabei die Akzessorietätslehre missachtet. Die Strafbarkeit nach § 96 AufenthaltsG steht entgegen seiner Annahme in entscheidenden Punkten ("Passpflicht") eben doch zur Disposition der Exekutive, die von der Bundeskanzlerin angeführt wird. Um die Straflosigkeit zu begründen ist m.E. auch keine Änderung des AufenthaltsG erforderlich, wie Putzke annimmt.

Die Erfüllung des § 96 AufenthaltsG  ist – wie ja auch Putzke betont – akzessorisch orientiert an der tatbestandlichen, vorsätzlichen und rechtswidrigen Erfüllung der „Haupttat“ des § 95 AufenthaltsG.

Dazu gehört die  unerlaubte Einreise eines Ausländers nach § 14 Abs.1 Nr.1 AufenthaltsG. Dies setzt wiederum voraus, dass der Ausländer einen nach § 3 AufenthaltsG „erforderlichen Pass“ nicht besitzt.

Putzke prüft nicht, ob eine unerlaubte Einreise vorliegt – es genügt ihm vielmehr, dass Polizei und Staatsanwaltschaften einen Anfangsverdacht  routinemäßig bejahen, ohne dass dabei die besondere Lage seit Anfang September überhaupt berückichtigt wird. Putzke verkennt dabei, dass das Aufenthaltsgesetz mit seiner Bestimmung der unerlaubten Einreise selbst wieder akzessorisch ist zu dem Pass- und Grenzregime, welches von der Exekutive gestaltet werden kann und wird.

Meines Erachtens spricht alles dafür, dass die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland infolge der von Merkel initiierten humanitären Handlungen gegenüber den in oder bei Ungarn bzw. auf dem Westbalkan feststeckenden Flüchtlingen schon objektiv tatbestandlich (ausnahmsweise) erlaubt war und ist. Aus dem Gesamtverhalten der Exekutive der Bundesrepublik ist erkennbar, dass in dieser gesonderten Situation auf Einreisedokumente verzichtet wurde, also § 3 AufenthaltsG („Passpflicht“) realiter ausgesetzt ist. Der objektive Tatbestand der unerlaubten Einreise hängt direkt an dieser Passpflicht. Diese ist etwa auch § 14 AufenthaltsVO ("Befreiung von der Passpflicht in Rettungsfällen") in Unglücks- und Katastrophenfällen ausgesetzt. Es handelt sich nach ganz verbreiteter Meinung derzeit in und um die Kriegsgebiete in Syrien, Irak und Afghanistan um Flüchtlingskatastrophen, die m. E. durchaus unter  § 14 AufenthaltsVO subsumierbar sind, und bis an die deutsche Außengrenze reichen. Ob bei einer jedenfalls faktischen Aussetzung der Passpflicht die interpretatorischen  Grenzen dieser Verordnung eingehalten wurden, kann einem Ausländer aber strafrechtlich ohnehin nicht vorgeworfen werden, wenn jedenfalls faktisch erkennbar beim Grenzübertritt seitens der deutschen Behörden auf  Pässe bzw. andere Reisedokumente verzichtet wurde.

Zudem müssten, selbst wenn man annimmt, die unerlaubte Einreise bleibe unabhängig vom konkreten Verhalten der Exekutive objektiv unerlaubt, die vielfach von der Bahn im Auftrag der Bundes- bzw. Landesregierungen über die Grenze transportierten und willkommen geheißenen Flüchtlinge auch noch  vorsätzlich und rechtswidrig unerlaubt eingereist sein. Nicht nur die objektiv tatbestandsmäßige, sondern auch die vorsätzliche Handlung ist Gegenstand der Akzessorietät.

Wer eingeladen ist, eine Wohnung zu betreten, der kann nicht wegen Hausfriedensbruch verfolgt werden. Wer vom deutschen Staat nicht nur eingeladen wird, sondern sogar von Personenbeförderungsunternehmen in dessen Auftrag über die Grenze transportiert wird, ohne dass ein Pass von ihm verlangt wird, der reist nicht unerlaubt ein, schon gar nicht tut er dies vorsätzlich. Strafanzeige und Strafverfolgung (auch wenn die Verfahren  in den allermeisten Fällen ohne weiteren Ermittlungen eingestellt werden) stellen ein venire contra factum proprium dar.

Putzke prüft schließlich nicht, ob einreisende Flüchtlinge (wenn denn vorsätzlich unerlaubt) auch „rechtswidrig“ unerlaubt eingereist sind. Putzke spricht zwar § 34 StGB (Notstand) an, jedoch wendet er die Notstandsnorm nur auf das Verhalten der Bundeskanzlerin, nicht aber auf das Verhalten der Flüchtlinge selbst an. Bei diesen ist aber eine Rechtfertigung einer unerlaubten Einreise unter den im September und Oktober 2015 bestehenden Voraussetzungen sogar recht naheliegend, denn ihnen stand nicht zu Gebote, mit Ungarn oder anderen Drittstaaten Verhandlungen aufzunehmen.

Ergebnis: Beim Grenzübertritt der Flüchtlinge in Folge der derzeitigen Politik der Bundeskanzlerin handelt es sich nicht um unerlaubte Einreise im Sinne des § 14 AufenthaltsG. Es handelt sich in den meisten Fällen wohl weder um eine objektiv tatbestandsmäßige, noch um eine vorsätzliche, noch um eine rechtswidrige Handlung nach § 95 AufenthaltsG. Infolge dessen ist auch die Hilfe zu dieser Einreise kein tatbestandliches Handeln im Sinne des § 96 AufenthaltsG. Weder die Bundeskanzlerin noch andere, die Flüchtlingen bei Einreise und Aufenthalt behilflich sind, haben sich strafbar gemacht.

Ergänzung (13.10.2015, abends):

Holm Putzke hat reagiert auf seiner Website, hier.

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489 Kommentare

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@ Max Mustermann

 

Ich kann Ihnen nur vollständig recht geben, dass die Überfahrten über das Mittelmeer durch die Aufnahmebereitschaft Deutschlands und die offenen Grenzen gefördert werden. Dadurch entstand eine Sogwirkung, die anhalten wird, solange wir alle aufnehmen, die kommen.

Australien hat illegale Überfahrten unterbunden und dadurch international Kritik auf sich gezogen. Tote bei der Überfahrt gibt es aber nun kaum mehr.

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Dass das Selbsteintrittsrecht Deutschlands eine Sogwirkung für Migranten auslöst, ist wohl kaum überraschend.

Die Frage ist hier wieder:

Ist dies rechtlich zulässig im Alleingang ohne Parlament (Bundestag und Bundesrat) und ohne Einbezierung von anderen EU Gremien?

Wie, von wem, und wann genau wurde diese Entscheidung getroffen? 

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Zu der Frage "wer" momentan zu uns als "Flüchtling" kommt:

Aktuell haben zwei Drittel der Ankommenden angeblich keine Papiere. Zwar gibt es scheinbar an der österreichisch-slowakischen Grenze Dolmetscher, die überprüfen, ob die Angaben stimmen. 

Es gibt überdies -laut Presse - in Griechenland und der Türkei einen regen Handel mit Syrischen Pässen.

Beim Asylverfahren wurde und wird (immer noch?) nur ein Fragebogen ausgefüllt, es gibt keine persönliche Anhörung.

Warum man bei der Indentitätprüfung nicht auf die Handys zurückgreift verstehe ist nicht. Diese wären ganz gut geeignet als ergänzendes Beweismittel.

Weitere Presseangaben zu Folge handelt es sich momentan vermehrt um Algerier, Marokkaner.

Die Behördenangaben zu den Nationaltäten der Migranten sind daher eher fragwürdig.

 

 

 

4

Sehr geehrter Herr Mustermann,

Sie schreiben:

Die moralische Verantwortung für die Toten im Mittelmeer tragen eben jene "Humanitäts"denker, welche das Problem erst geschaffen haben. Es muss ausichtslos sein auf diesem Wege seinen Zugang nach Europa zu erzwingen. Dann ist die Risiko -Erfolgsabwägung auch eindeutig: es wird es niemand mehr probieren. Somit sind es eben nicht Tausende von Toten, die der linke Gutmensch geradezu provoziert hat, sondern keine mehr. Das Sterben hört auf.

 

Ihre Argumentation, es sei die Bundeskanzlerin mit Ihrer Politik gewesen, die die Menschen aufs Mittelmeer gelockt hätte, hakt doch enorm, wie auch schon die von Danny. Schauen wir uns die Zahlen einmal an von denjenigen, die den Weg übers Mittelmeer versucht haben (Quelle: SPON vom 20.4.15)

2010 noch kamen nur rund 10.000 Menschen über das Mittelmeer, 2011 auf dem Höhepunkt des Arabischen Frühlings waren es dann rund 70.000. 2012 kamen hingegen nur rund 22.000 Boat-People nach Europa, 2013 waren es 60.000.

Diese Zahl hat sich 2014 jedoch mehr als verdreifacht: Mehr als 218.000 Flüchtlinge kamen im vergangenen Jahr über das Mittelmeer. Und es werden vermutlich mehr: Die EU-Grenzschutzagentur Frontex rechnet für 2015 mit 500.000 bis zu einer Million Menschen. Auch Innenminister Thomas de Maizière sagte am Montag, in Libyen warteten rund eine Million Flüchtlinge auf die Überfahrt in die EU. (...)

218.000 Flüchtlinge sind im Jahr 2014 über das Mittelmeer gekommen, 3500 laut Uno auf der Flucht ertrunken. Das ist weit mehr als jeder Hundertste. Im Jahr 2015 sind nach neuesten Uno-Zahlen 35.000 Flüchtlinge aus Nordafrika gekommen. Es sieht so aus, als seien bisher 1600 ertrunken, also fast jeder 50. Schon vor dem neuen großen Unglück mit wohl 700 Toten hat sich in den ersten Wintermonaten 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die Zahl der Toten verdreißigfacht.

Soweit also die Lage im April 2015, bevor (lt. Danny) Frau Merkel "quasi im Alleingang die Flüchtlingskrise ausgelöst" hat, bevor (lt. Mustermann) Frau Merkel - und nicht zu vergessen unmoralische Gutmenschen und Humanitätsdenker - "das Problem erst geschaffen" und  Tausende von Toten "provoziert" haben.

Wer sich informieren will, wie (wenig) krisenhaft es im ersten Halbjahr 2015 auf der Welt aussah - in Bezug auf Flüchtlinge, kann dies hier nachlesen:

https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fileadmin/redaktion/PDF/UNHCR/UNHCR...

Die Gesamtlage im Jahr 2015 hat sich verändert. Zwar sind tatsächlich ca. 1 Million Flüchtende über das Mittelmeer gekommen wie schon im April 2014 von Frontex vorausgesehen, doch haben sich die Fluchtrouten nach Osten verschoben (Quelle: BundeswehrJournal vom 31.12.2015  http://www.bundeswehr-journal.de/2015/flucht-2015-eine-million-menschen-...

An diesem Montag meldete das IOM-Erfassungssystem, dass im ablaufenden Jahr bereits 1.005.504 Migranten an den Außengrenzen unseres Kontinents registriert worden seien. 97 Prozent seien auf dem Seeweg gekommen. Laut IOM handelt es sich um die größte Migrationsbewegung seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Schiffe der deutschen Marine haben im Zeitraum 7. Mai bis 25. Dezember 2015 im Mittelmeer mehr als 10.500 Flüchtlinge aus Seenot gerettet.

Jeder Zweite, der dieses Jahr über das Mittelmeer flüchtete, war ein Syrer, der dem Krieg in seiner Heimat zu entkommen suchte. Etwa 21 Prozent der Flüchtlinge stammten aus Afghanistan, acht Prozent aus dem Irak. Auch aus Pakistan sowie aus afrikanischen Ländern flohen zahlreiche Männer, Frauen und Kinder nach Europa.

Mehr als 800.000 Migranten erreichten Griechenland von der Türkei aus über die Ägäis. Das sind 80 Prozent aller irregulären Ankünfte über den Seeweg nach Europa. Nach Informationen des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR) ist die Zahl derer, die von Nordafrika nach Italien gelangen, leicht gesunken – von 170.000 im Jahr 2014 auf rund 150.000 Menschen in diesem Jahr.

Wenn überhaupt (auch daran gibt es deshalb Zweifel, weil sich im September 2015 eben schon sehr viele Flüchtende auf dem Landweg befanden BEVOR Frau Merkel die hier diskutierten Entscheidungen traf) ein nennenswerter Sogeffekt der neuen Flüchtlingspolitik, dann der, dass die Hauptfluchtrouten sich vom Seeweg nach Italien auf den (kürzeren und daher vergleichsweise ungefährlicheren) nach Griechenland verlagert habgen. Die von Danny und Ihnen aufgestellten Behauptungen, erst die Politik Merkels habe die Flüchtlingskrise ausgelöst ("selbstredend erst durch das Handeln der BKin ins Rollen gekommen"), ist natürlich eine bequeme Ausrede für Länder, die gar keine Flüchtlinge aufnehmen wollen,  aber sie entspricht nicht bzw. nur sehr eingeschränkt den Fakten.

Fakt ist nämlich, dass seit Jahren wegen der verschiedenen Krisenherde südlich des Mittelmeers sowie Irak und Afghanistan Millionen von Menschen  versuchen, nach Europa zu fliehen oder zu migrieren, mal aus guten und anerkannten, mal aus weniger guten Gründen. Das ist die Krise, die mind. seit 2010/2011 besteht, und auf die Europa irgendwie reagieren muss. Wie schon mehrfach geschrieben, ich bin nicht sicher, ob die derzeitige Politik Merkels die sinnvollste ist zur Lösung der Krise. Aber sicherlich wird man der Lösung nicht näher kommen, wenn man (aus durchsichtigen und ja auch von Ihnen offen kommunizierten ideologischen Gründen) die Fakten verzerrt darstellt.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

PS: Man kann Australien mit Europa vergleichen, Atlas aufschlagen oder Google Earth. Sollte auch Juristinnen gelingen. Die Unterschiede sind dann ziemlich offensichtlich.

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Professor,

 

Ihre Argumentation ist insoweit stichhaltig. Die Crux ist nur, dass Sie ihre Betrachtung periodisch vergangenheitsbezogen anlegen und ihr Horizont sich mit 2015 zu schliessen scheint.

 

Entwicklungshilfeminister Müller hat auf der Klausurtagung in Kreuth ausgeführt, dass sich nun aus dem Raum des mittleren Osten 10 Millionen Menschen auf den Weg gemacht haben. Was genau in der Subsahara Zone vor sich geht, kann ich Ihnen nicht sagen, aber erwartbar ziehen da jetzt auch Trecks los.

Das kommt doch alles erst noch auf uns zu. Die erste Million hat nur vorgemacht, wie es geht.

Und selbstverständlichhat sich eine Sogwirkung seit September auch auf dem Landweg eingestellt. Gemessen an der Durchlaufszeit ist man heute in 4 Tagen von Damaskus in Berlin.

Ich halte es für realitätsfern, nicht von einer Wirkung der "Einladung"  zu sprechen. Die Flüchtlinge bringen das doch selbst vor.

Es mag eine Scheinbegründung sein, da ich schon seit Jahrzehnten in den Armenvierteln dieser Welt gefragt werde, wie man denn nach Deutschland käme, aber sie ist nun einmal da.

Und jetzt kommen die (in Zukunft). Die "richtige" Krise hat doch noch nicht mal angefangen.

Und obendrein, stützt Ihr Vortrag ja nur die Theorie, dass die Kanzlerin, das bewusst auch erreichen will.

Wer so früh Bescheid weiss und nicht handelt, sondern auch noch Mittel für die UN kürzt, kann sich doch nicht darauf berufen, irgendwann im September angesichts der Situation "plötzlich" eine einsame Entscheidung treffen zu müssen und dann erzählt, Grenze sichern ginge nicht, man müsste jetzt erstmal eine Lösung finden.

Die Frau hat Vorsatz.

 

Beste Grüße

 

 

4

Sehr geehrter Herr Müller,

wenn wir zwischen Mittelmeer und Ägäis/Balkanroute unterscheiden hilft das ungemein.

Ich stimme zu, dass es im Mittelmeer bereits vor Merkels Einladung erheblichen Migrationsdruck gab. Das hatte seine Ursache darin, dass unsere NATO Partner 2011 eine gewaltsame, aber über Jahzehnte stabile Regierung in Libyen weggebomt haben. 

Wenn wir aber von der Ägäis/Balkanroute reden und von den syrischen Migranten, dann will ich mal u.a. die Meldunge des UNHCR zitieren (ich liefere die Original-Quellen gerne nach):

13.06.2014: UNHCR meldet, dass Deutschland 2013 und 2014 Möglichkeiten zur Aufnahme von 10 000 syrischen Flüchtlingen schaffen will und wird dafür vom UNHCR ausdrücklich gelobt. Europaweit gibt es insgesamt ca. 30 000 Aufnahmeplätze für Flüchtlinge aus Syrien. Ziel des UNHCR ist es bis Ende 2016 130 000 solcher Aufnahmeplätze international zu ermöglichen.

==> Das UNHCR geht also von im Juni 2015 von Aufnahmebedarf von 130 000 Flüchtlingen bis Ende 2016 aus, soviel wie ab September in sechs Wochen nach Deutschland kommen.

25.06.2015: UNHCR meldet zum wiederholten Male Probleme mit der Finanzierung der Syrien-Flüchtlingshilfe, die 2015 mit einem Finanzbedarf von 5,5 Milliarden Dollar veranschlagt ist.

09.07.2015: UNHCR meldet erstmals mehr als 4 Millionen syrische Flüchtlinge in der Region und 7.6 Millionen innerhalb Syriens. Es wird vor steigenden Flüchtlingsbewegungen in Richtung Europa gewarnt.

Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge bliebe aber in der Region. Erneute Kürzungen bei der Lebensmittelversorgung werden angekündigt.

20.08.2015: BAMF meldet „enormen Zuwachs an Asylsuchenden“ u.a. an den Innenminister.

25.08.2015: Deutschland setzt einseitig das Dublin-Verfahren für syrische Flüchtlinge aus – per Twitter.

02.09.2015: Viktor Orbán spricht im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise von einem „deutschen Problem“.

04.09.2015: Nach der Krisensituation in Ungarn gewähren die deutsche und die österreichische Regierung den Transit der dortigen Flüchtlinge nach Deutschland. Ungarn wird daran erinnert, „dass die Verpflichtungen auch für Ungarn aus dem Dubliner Abkommen nicht etwa aufgehoben sind."

08.09.2015: UNHCR spricht von einer „Flüchtlingskrise in Europa“, bietet Ungarn Hilfe an und fordert „Solidarität“ mit den „Schwächsten der Schwachen“ auf.

10.09.2015: Angela Merkel lässt verlauten "Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze".

17.09.2015: Der Chef des BAMF tritt zurück.

 

1. Vor dem Hintergrund dieser Informationen, den Kanzer-Selfies mit Flüchtlingen und den mehrfach verkündeten, rechtlich nicht begründeten Ausschluss einer Obergrenze, kann kein Zweifel daran bestrehen, dass Merkel maßgeblich die Krise mitverusacht hat. Und kräftig Öl ins Feuer gegossen hat.

2. Die Route verläuft bis auf die Länder Mazedonien und Serbien von Aleppo bis Freilassung über Gebiet von NATO-Mitgliedstaaten. Ein Begrenzung der Migration wäre durch Absprache innerhalb der NATO in kurzer Zeit möglich (Ungarn hat das sogar ganz alleine geschafft). Oder andersherum formuliert: Diese Völkerwanderung wäre ohne Zutun der beteiligten Regierungen nicht denkbar.

3. Schon Anfang September war klar, dass es sich bei einem großen Teil der Migranten nicht um Kriegsflüchlinge handelt.

"Ganz, ganz ehrlich - also ich glaube, meine persönliche Einschätzung, weil seit der Krise wie gesagt bin ich hier, tagtäglich: Minimum ein Viertel dieser Leute, denen ich begegnet bin, sind keine Flüchtlinge."

Dagegen hat man NICHTS unternommen, sonder alle hereingewunken.

Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/wiener-westbahnhof-ein-viertel-sind-gar-keine-fluechtlinge.1773.de.html?dram:article_id=330884

4. Ist es nicht eine seltsame Koinzidenz, dass dem UNHCR 2015 für Syrien das Geld ausgeht, während man in Deutschland ein vielfaches des veranschlagten Gesamtbudgets von 5 Milliarden Dollar bereitwillig in die um den Faktor 20 teurere Versorgung von Migranten hier ausgibt? 

 

Eine zusammenfassende Erkläung dieser Völkerwanderung habe ich bereits Anfang Oktober verfasst. Bisher sind alle meine Voraussagen eingetroffen.

http://www.vabstimmung.de/downloads/MerkelsNerobefehl.pdf

Habe die Ehre

Gerold Keefer

 

4

Selbstverständlich gab es einen "Migrationsdruck" auch schon vor dem Jahr 2015. Die "Einladungspolitik" von Bundeskanzlerin Merkel ohne Beteiligung von Bundestag und Bundesrat hat jedoch erst die unkontrollierte Masseneinwanderung herbeigeführt.

Dies bestätigt auch Migrationsforscher Collier in einem Artikel von heute, wonach diese Politik "eher Tote auf dem Gewissen habe."

http://www.welt.de/wirtschaft/article151603912/Ist-Merkel-schuld-an-Flue...

 

Meine Erklärung hierfür ist, dass BKin Merkel sich durch die Politik der offenen Grenzen den Friedensnobelpreis erhoffte. Mit rationaler Politik und Demokratieverständnis haben diese Entscheidungen wenig zu tun.

 

@ Prof. Müller

Auch mir sind die geografischen Unterschiede von Australien und Europa bekannt. Es ging mir eher um die politischen Signale und die konsequente Umsetzung einer Rückführung von Bootsflüchtlingen.

Die "No-Way" Politik Australiens mit entsprechenden Kampanien ist das Gegenteil von der "Einladungspolitik" von Bundeskanzlerin Merkel.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/australien-will-fluechtlinge-mit-n...

Ebenso verfolgt Großbritanien trotz geringer Entfernung vom Festland und Spanien eine Politik der "Abschottung", die dazu führt, dass weniger Menschen sich auf den gefährlichen Weg über das Meer machen.

Großbritanien entscheidet selbst, wie jedes "Einwanderungsland" mit einer verfünftigen Einwanderungspolitik, wie viele Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen werden.

 

Wie lange bliebe ein amerikanischer Präsident im Amt, der Selfies mit Mexikanischen Einwanderern macht und erklärt, die Grenze zu Mexiko könne nicht gesichert werden?

 

 

 

 

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Juristin schrieb:

Wie lange bliebe ein amerikanischer Präsident im Amt, der Selfies mit Mexikanischen Einwanderern macht und erklärt, die Grenze zu Mexiko könne nicht gesichert werden?

Und doch ist die Grenze dort de facto nicht gesichert. Trotz aller Abschreckungsmaßnahmen gibt es Millionen von illegalen Einwanderern, die über die Grenze zu Mexiko gekommen sind und weiterhin kommen.

2

Und doch ist die Grenze dort de facto nicht gesichert. Trotz aller Abschreckungsmaßnahmen gibt es Millionen von illegalen Einwanderern, die über die Grenze zu Mexiko gekommen sind und weiterhin kommen.

 

Und nun? Kriegen die Taschengeld und Sozialwohnung? Extra Lehrer spendiert, die gerade so am Existenzminimum bezahlt werden?

Man versteht Ihr Argument je weniger, je öfter Sie es vorbringen...

 

@Juristin

Collier scheint mir auch einen wichtigen  Effekt zu vergessen. Solange nur die Anrainerstaaten nach GFK die Flüchtlinge aufnehmen, bleibt natürlich auch der Druck auf den Krisenstaat erhalten, den Konflikt zu beenden.

Wenn man aber wie die Türkei, Menschen nach Deutschland durchschleußt, sinkt natürlich die Hemmschwelle seinen eigenen Konflikt mit den Kurden voranzutreiben.

Exemplarisch Saudi Arabien. Nimmt gar niemanden auf, finanziert aber die Extremisten.

 

Das Grundproblem scheint mir die Willkür zu sein in Deutschland, mit der sich ausgesucht wird, welche Gesetze gelten und welche nicht.

Wer im Widerspruch zum Bundesverfassungsgericht argumentiert: "Asyl kennt keine Obergrenze" und damit die unerlaubte Einreise faktisch aussetzt, obwohl nur ein niedriger einstelliger Prozentbereich überhaupt Asylberechtigte sind, sollte selbstredend bestraft werden.

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Max Mustermann schrieb:

Wer im Widerspruch zum Bundesverfassungsgericht argumentiert: "Asyl kennt keine Obergrenze"

Das dazu passende Az. des BVerfG, bitte.

1

@ Max Mustermann

Denken Sie doch mal nach: Vielleicht sind es nicht "Taschengeld" "Sozialwohnung" und "Extra Lehrer" (ihre Formulierungen), was die Leute anzieht. Ansonsten würde doch kein Mensch auf die Idee kommen, in die USA illegal einzuwandern.

2

Sehr geehrter Herr Mustermann,

nun hatte ich aus Ihrer jüngsten Argumentation entnommen, dass Sie zwar nicht meine Meinung teilen, jedoch immerhin anerkennen, dass es sich um politische (meinetwegen auch verfassungsrechtliche) Fragen handelt, nicht aber um strafrechtliche, wie ich es hier von Anfang an vertreten habe. Wenn Sie nun schreiben, die politische Äußerung "Asyl kennt keine Obergrenze" "sollte selbstredend bestraft werden", dann ignorieren Sie fundamentale und unverhandelbare  Prinzipien des Strafrechts.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller 

 

Es geht ja sowieso immer nur darum, wieder auf die Verfassungswidrikgeit und Strafbarkeit hinzuarbeiten. Weil ja nicht sein kann was nicht sein darf. Und politisch zu argumentieren reicht halt nicht, um genügend Furcht und Schrecken bei den Leuten zu verbreiten.

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nun hatte ich aus Ihrer jüngsten Argumentation entnommen, dass Sie zwar nicht meine Meinung teilen, jedoch immerhin anerkennen, dass es sich um politische (meinetwegen auch verfassungsrechtliche) Fragen handelt, nicht aber um strafrechtliche, wie ich es hier von Anfang an vertreten habe. Wenn Sie nun schreiben, die politische Äußerung "Asyl kennt keine Obergrenze" "sollte selbstredend bestraft werden", dann ignorieren Sie fundamentale und unverhandelbare  Prinzipien des Strafrechts.

Ich meine geschrieben zu haben, wer die unerlaubte Einreise faktisch aussetzt (um ungestört vom Strafrecht seiner Schleusertätigkeit nachzugehen), sollte bestraft werden.

Mit der politischen Aussage "Asyl kennt keine Obergrenzen" Volksverblödung zu betreiben und so den moralischen Druck derart zu erhöhen, dass er als Rechtfertigung dient, trotz Tatbestandsmässigkeit straffrei davon zu kommen, sollte natürlich nicht bestraft werden.

Mir ist kein Fall bekannt, wo ein hungernder, mitteloser, verzweifelter Mensch Ladendiebstahl begangen hat und dann über Art. 1 GG freigesprochen worden wäre, da er ja schließlich Hunger gehabt hätte. Versucht haben das schon viele. Geklappt hat es meines Wissens noch nie. In solchen Fällen scheint das Strafrecht an seinen Prinzipien festzuhalten.

 

@Gast

Az. weiß ich gerade nicht. Herr Voßkuhle tönt heute zwar anders, aber der ist auch ein überzeugter Europäer.

Natürlich hat die Aufnahmefähigkeit Grenzen. Wenn es die Sozialsysteme sprengt oder die innere Sicherheit gefährdet, ist auf alle Fälle Schluß.

Und unsere Systeme sind nicht darauf ausgelegt, solche Menschenmassen zu alementieren. Denn wie bei einem Analphabetenanteil von 10-15% es nicht zwangsläufig auf Daueralementierung hinauslaufen soll, konnte mir auch noch keiner darstellen. Dafür ist unsere Gesellschaft zu komplex. Die finden keinen Anschluss. Ist doch chancenlos. Als Lagerarbeiter unter Ausssetzung des Mindestlohnes werden sienoch nicht einmal ihre eigenen Rentenbeiträge erwirtschaften können.

 

4

Interessant wie wir nun wieder zur Zwei-Klassen-Justiz kommen:

 

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/umgang-mit-fluechtlingen-keine...

 

Auszug:

 

Im Oktober des vergangenen Jahres einigten sich die Polizei in Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel und die Staatsanwaltschaft offenbar darauf, kleinere Diebstähle und Sachbeschädigungen durch Flüchtlinge, die keine Papiere vorweisen können, nicht zu ahnden. Laut einem internen Protokoll, über das die Zeitung „Kieler Nachrichten“ und die Deutsche Presse-Agentur berichten, gab es am 7. Oktober eine Absprache „hinsichtlich des Umgangs mit strafrechtlich auffälligen Flüchtlingen, deren rechtmäßige Personalien nicht eindeutig feststehen“.Solange es keine landesweite Regelung gebe, heißt es in dem Protokoll, solle es auch „keine Personenfeststellungsverfahren oder erkennungsdienstliche Behandlung“ geben. Der Aufwand sei zu hoch, der Erfolg zu gering.

 

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Selbstverständlich ist es angemessen Diebstahl nicht mehr zu verfolgen, wenn man schon nicht mehr mit der Verfolgung von schwereren Verbrechen wie Totschlag und Vergewaltigung nachkommt.

Dass Deutsche nicht auch klauen dürfen ist aber offensichtlich Rassendiskriminierung.

 

Zum Glück haben wir ja das AGG, sonst könnten sich Supermärkte vor dem "undocumented shopping" schützen und sich damit der kulturellen Bereicherung entziehen.

Allerdings ist in dieser Situation dann wohl verfassungsrechtlich ein Staatshaftungsrecht für Flüchtlingsschäden geboten. Was ist es sonst, wenn nicht ein enteignungsgleicher Eingriff, wenn der Staat den Flüchtlingen nicht nur Diebstahl erlaubt, sondern gleichzeitig den Betroffenen die Notwehr durch Ausschluss verbietet?

5

Einen guten Überblick zu den rechtlichen Fragen, die Merkels Flüchtlingspolitik aufwirft, gibt Seils in CICERO-ONLINE

http://www.cicero.de/berliner-republik/recht-statt-politik-zehn-fragen-z...

Auszüge:

4. Kann die CSU die Bundesregierung zwingen, die Grenzen zu schließen?

(...) Der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio hat dazu ein Rechtsgutachten erstellt. Er sieht die Bundesregierung in der „Rechtspflicht“, „darauf hinzuwirken, eine funktionsfähige, vertragsgemäße europäische Grenzsicherung (wieder)herzustellen und ein System kontrollierter Einwanderung mit gerechter Lastenverteilung zu erreichen“. Zur Wahrung der verfassungsstaatlichen Ordnung und zum Schutz des föderalen Gefüges müsse die Bundesregierung, so schreibt di Fabio, „zumindest einstweilen die gesetzmäßige Sicherung der Bundesgrenze gewährleisten.“ Hans-Jürgen Papier, ansonsten auch ein Kritiker von Merkel, widerspricht seinem ehemaligen Richterkollegen an dieser Stelle. Er hält es für ausgeschlossen, dass das Bundesverfassungsgericht dem Bund eine bestimmte Asylpolitik vorschreibe. Die Auseinandersetzung zwischen Bayern und dem Bund sei eine politische und „kein justiziabler Streit“.

Die Verfassungsrechtler Jürgen Bast und Christoph Möllers sprechen in ihrem Verfassungsblog von „fragwürdigen staatstheoretischen Argumenten“ und werfen di Fabio und anderen ehemaligen Verfassungsrechtlern vor, sie würden „ihre hohe Reputation dazu verwenden, einer demokratischen Regierung einen Rechtsbruch zu unterstellen, ohne diesen konkret benennen zu können.“

(...) 5. Hat die Bundesregierung Recht und Verfassung gebrochen, als sie die Dublin-III-Verordnung ausgesetzt und die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet hat?

Der Vorwurf ist bei Merkel-Kritikern recht populär. Eine Gruppe von sechs Rechtsanwälten hat gar eine Beschwerde beim Verfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Das Gericht soll die Grenzöffnung für verfassungswidrig erklären. Die Kläger werfen der Bundesregierung vor, sie habe mit ihrer Politik „den Rahmen der Gesetze verlassen“, den die Wähler ihr durch das Parlament vorgegeben haben. Dazu verweisen sie auf eine Verletzung ihres Wahlrechts und ihres Anspruchs auf Teilhabe an der demokratischen Willensbildung. Diesem Vorwurf widerspricht der Bundestagspräsident Norbert Lammert in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel vehement: „Seit der Zunahme der Flüchtlingsströme hat kein anderes Thema das Parlament häufiger und intensiver beschäftigt.“

(...) Aber auch Juristen verweisen darauf, dass die Bundesregierung sich mit der Öffnung der Grenzen weiterhin in jenem europäischen Rechtsrahmen bewege, der auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligt worden sei. So sehe die Dublin-III-Verordnung und die dazugehörige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sehr wohl die Möglichkeit vor, dass Staaten von der Regel abweichen, dass das zuerst betretene Land das Asylverfahren durchführt. Zum Beispiel aus familiären Gründen oder dann, wenn in einem Erstaufnahmeland im Asyl- oder Aufnahmeverfahren systemische Mängel zu erkennen sind. Auch in einer Notlage aufgrund „eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen“, kann die EU-Kommission Hilfsmaßnahmen erlassen. Tatsächlich hatte sogar die EU-Kommission bereits im Mai eine Notumsiedlung vorgeschlagen, um den Aufnahmeländern Italien, Griechenland und Ungarn beizustehen.

(...)

7. Was passiert mit Flüchtlingen, die keinen Pass haben?

Grundsätzlich gilt, wer nach Deutschland einreist, muss sich ausweisen können. Insofern können Menschen, die keinen Pass haben, an der Grenze zurückgewiesen werden. Doch um sich auf das Asylrecht des Grundgesetzes berufen zu können, brauchen Flüchtlinge keinen Pass. Insofern müssen alle Flüchtlinge, die an der Grenze Asyl beantragen oder sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen, aufgenommen und angehört werden. Ansonsten gilt die Antwort auf die sechste Frage.

(...)

9. Kann Deutschland das Asylrecht und die Genfer Flüchtlingskonvention aussetzen?

Darüber streiten Politiker und Verfassungsjuristen. Die Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle, wonach das Asylrecht für jedermann gelte, wurde in diesem Text bereits in der Antwort auf Frage 1 zitiert, Angela Merkels Berufung auf den Grundsatz der Menschenwürde in Artikel 1 des Grundgesetzes in der Antwort auf Frage 5. Dem widerspricht Udo di Fabio. Aus seiner Sicht garantiere das Grundgesetz „nicht den Schutz aller Menschen weltweit durch faktische oder rechtliche Einreiseerlaubnis“. Zwar würden europäische Rechtsnormen von einem viel weiteren Flüchtlingsbegriff ausgehen als das Grundgesetz. Aber eine unbegrenzte Rechtspflicht bestehe weder europarechtlich noch völkerrechtlich. Weiter schreibt der ehemalige Verfassungsrichter in seinem Rechtsgutachten für die bayrische Landesregierung: „Eine universell verbürgte und unbegrenzte Schutzpflicht würde die Institution demokratischer Selbstbestimmung und letztlich auch das völkerrechtliche System sprengen, dessen Fähigkeit, den Frieden zu sichern, von territorial abgrenzbaren und handlungsfähigen Staaten abhängt.“ Die Verfassungsrechtler Bast und Möllers nennen den juristischen Gehalt des Di-Fabio-Gutachtens hingegen „erstaunlich dürftig“.

10. Und nun?

Es ist wie immer, zwei Juristen, drei Meinungen. Die Politik wird eine Lösung der Flüchtlingskrise finden, die Gesetze entsprechend ändern und schließlich vor dem Wähler verantworten müssen. Es wird ihr nicht helfen, sich hinter Juristen zu verstecken oder gar darauf zu hoffen, dass am Ende das Bundesverfassungsgericht die Rechtsnormen setzt.

Ich empfehle die Lektüre. Die (angebliche) Strafbarkeit Angela Merkels wird  dort allerdings nicht behandelt.

Ergänzend Heribert Prantl in der SZ:

http://www.sueddeutsche.de/politik/asyl-fluechtlingsaufnahme-es-ist-nich...

 

Der Artikel ist sehr aufschlußreich, aber ich meine diese Frage

Henning Ernst Müller schrieb:

9. Kann Deutschland das Asylrecht und die Genfer Flüchtlingskonvention aussetzen?

ist teilweise falsch gestellt und teilweise offensichtlich zu bejahen.

Selbstverständlich kann man das Asylrecht nicht aussetzen - es steht nunmal im Grundgesetz. Aber durch die - nach BVerfG verfassungsgemäße - Schranke in Art. 16a Abs. 2 GG und dadurch, dass Deutschland von sicheren Drittstaaten umgeben ist, kann (nicht muss!) man den Großteil der Anträge ablehnen. Das ist zwar kein Aussetzen im eigentlichen Sinn, weil das Asylrecht ja weiter gilt. Faktisch führt das aber zum selben Ergebnis. Insoweit ist die Frage falsch gestellt.

Die Flüchtlingskonvention als völkerrechtlicher Vertrag hat meines Wissens nach BVerfG Rechtsprechung untergesetzlichen Status ("Die Europäische Menschenrechtskonvention ist kein Gesetz, sondern ein völkerrechtlicher Vertrag, der als solcher nicht unmittelbar in die staatliche Rechtsordnung eingreifen kann [...]. Auch nach Erlass des Zustimmungsgesetzes handelt es sich weiterhin der Rechtsnatur nach um einen völkerrechtlichen Vertrag, dessen innerstaatliche Geltung lediglich durch den Vollzugsbefehl bewirkt wird"). Spätestens der Bundestag könnte also ein Gesetz erlassen, mit dem die Flüchtlingskonvention ausgesetzt wird ("treaty override"). Insoweit ist die Frage eindeutig zu bejahen.

Die eigentlich rechtlich spannende Frage ist die nach dem internationalen Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Das ist aber eben kein Asyl im eigentlichen Sinn und nach der Antwort zu urteilen bei der Frage auch nicht gemeint. Beim internationalen Schutz gibt es m.W.n. bestimmte geschützte Gruppen, etwa minderjährige Flüchtlinge, die nicht zurückgewiesen werden können. Im Übrigen muss aber vom Selbsteintrittsrecht nicht Gebrauch gemacht werden, sondern man kann auch nach dem "Standard" Dublin-Verfahren vorgehen.

Das geltende Recht eröffnet m.E. einen weiten Spielraum, der von der Zurückweisung fast aller Flüchtlinge bis zur beinahe uneingeschränkten Grenzöffnung für Flüchtlinge reicht. Wo man sich positioniert, ist Politikfrage.

5

Lieber MT,

 

ich stimme Ihren Ausführungen vollumfänglich zu.

Nur - und dass ohne Ihre Aussagen zu entwerten - fragt man sich, welcher Erkenntnisgewinn sich daraus ergibt, wenn man feststellt, alles wäre nur eine Frage der politischen Positionierung.

Sicher gebe ich Ihnen Recht, dass kein Grund für Hysterie vorliegt. Bekanntlich dreht sich die Welt auch nach Eintreffen aller Voraussagen der Apokalyptiker weiter.

Es ist aber Aufgabe der Politik, Gefahren zu erkennen und nicht immer als Ängste besorgter Bürger zu verniedlichen.

Gerade in schwierigen Situationen sollte das Recht doch als Richtschnur dienen.

Wenn sich eine Entwicklung voraussehbar zuspitzen kann, ist es ebenso Aufgabe der Politik vorausschauend Vorbereitungen zu treffen und den Punkt zu bestimmen, wann entsprechende Massnahmen anzuwenden sind.

Nur dafür sind die ja da. Nicht zur Volkserziehung.

Was passiert also, wenn wir gemäß Art. 1 GG die menschenwürdige Aufnahme nicht mehr gewährleisten können?

Gilt Art 16 a dann immer noch für jedermann?

Darum dreht sich ja gerade die politische Kernfrage.

Beste Grüße

 

 

 

5

Sehr geehrter Herr Prof. Müller, verehrte Mitkommentatoren,

 

Obergrenzen Diskussion

Die Diskussion um Art. 16 a GG, ob das deutsche Asylrecht eine Obergrenze kennt, halte ich (wie Kommentator MT) wegen Art. 16 a Abs. 2 GG für eine Scheindiskussion, da ja nur ca 1 % der Migranten überhaupt betroffen sind. Fast alle Migranten reisen momentan auf dem Landweg über sichere Drittstaaten ein.

Ansonsten lernt man bereits im ersten Jura-Semester Verfassungsrecht, dass es bei den Grundrechten"Schranken-Schranken" gibt. Dies gilt natürlich auch für das Asylrecht.

Wichtiger ist die Frage, ob die Genfer Flüchtlingskonvention ein subjektives Recht zur Einreise gewährt.

Diese Frage wird von den meisten Ländern, die ebenfalls  diese  Konvention unterschrieben haben, in der Praxis so beantwortet, dass diese Länder selbst bestimmen, welche Kontingente von Flüchtlingen sie aufnehmen. (Bsp. Canada, USA) (Diese Kontingente könnte man auch als Obergrenze bezeichnen)

Wieso sollte dies für Deutschland anders sein?

Zu überlegen wäre zudem, ob Art 16a Abs. 2 GG, also das Einreiseverbot aus sicheren Drittstaaten, analog auch bei der GFK anzuwenden ist.

 

Rechtsbruch-Diskussion

Herr Justizminister Maas erklärt, die Regierung breche das Recht nicht, es sei im Bundestag sehr häufig über das Flüchtlingsthema debattiert worden.

 

http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/heiko-maas-in-der-f...

Hier steht:

Maas bezeichnet es als besorgniserregend, dass „immer häufiger Legitimität und Legalität bundespolitischer Entscheidungen in Frage gestellt“ werden. Niemand könne ernstlich bestreiten, dass die Flüchtlingspolitik des Bundes demokratisch legitimiert sei. Seit Ende 2013 habe der Bundestag mehr als vierzig Debatten über dieses Thema geführt. Auch sei es falsch, dass Deutschland das Dublin-Abkommen der EU verletze, das die Durchführung von Asylverfahren dort vorsieht, wo ein Flüchtling erstmals EU-Gebiet betritt. 

 

Diese Argumentation von Herrn Justizminister Maas überzeugt nicht.

Die bloßen Debatten zu dem Thema können nicht die Abstimmung und Entscheidungen des Parlaments zu den wesentlichen Fragen ersetzen. ("Wesentlichkeitsgebot")

 

Wesentlich sind mindestens drei Entscheidungen, über die im Bundestag und Bundesrat jeweils nicht abgestimmt wurde. 

 

 

1. Selbsteintrittsrecht im Dublin-Verfahren

Eine Mitteilung erfolgte per Twitter am 25. August 2015.

http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/innenministerium-se...

 

2. Entscheidung der Bundeskanzlerin zur Einreise der "Flüchtlinge" aus Ungarn vom Anfang September 2015

http://www.welt.de/debatte/kommentare/article148900100/Nicht-Merkel-sondern-das-Parlament-entscheidet.html

 

3. Entscheidung des Bundesinnenministeriums per "geheimer Ministeranordnung", an der deutsch-österreichischen Grenze entgegen § 18 Abs. 2 AsylG keine Zurückweisungen durchzusetzen (13. September 2015)

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundespolizei-fluechtlingskrise-einsatzbefehl-der-beamten-a-1053024.html#

Die Exekutive hat (nach telefonischer Intervention der Kanzlerin ?) allein entschieden, obwohl das Gesetz faktisch nun bereits fast seit sechs Monaten außer Kraft gesetzt wurde. § 18 Abs. 4 GG ist erkennbar eine Ausnahmevorschrift, die keine unkontrollierte Masseneinwanderung erlaubt.

 

Das Publizitätsprinzip wird ebenfalls verletzt, da die Entscheidungen nicht veröffentlicht wurden. Auf Anfragen nach dem IFG zur "geheimen Ministeranordnung" an das Bundesinnenministerium weden inzwischen keine Auskünfte mehr gegeben. 

http://www.faz.net/aktuell/politik/staat-und-recht/fluechtlinge-ein-gehe...

 

5

Die Wesentlichkeitstheorie ist nicht berührt, wenn eine Kompetenz der Exekutive gesetzlich zugeordnet ist. So wie in § 18 Abs. 4 Nr. 2 AsylG dem BMI.

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Sehr geehrter Gast,

wenn eine erkennbare Ausnahmevorschrift, hier § 18 Abs. 4 AsylG (vermutlich stützt sich das BMI auf humanitäre Gründe) in einer Weise ausgedehnt wird, dass dies zu einer unkontrollierten Masseneinwanderung (seit September 2015 über 700000 Migranten) führt mit massivsten Auswirkungen für Kommunen, Bürger und Sozialsysteme sowie Kosten für den Staatshaushalt von mehreren Milliarden Euro ist der Wesentlichkeitsgrundsatz selbstverständlich berührt.

 

Damit überschreitet die Exekutive (hier BMI auf Weisung der Bundeskanzlerin) ihre Kompetenzen. Von der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin sind solch weitreichende und wesentliche Entscheidungen ebenfalls nicht gedeckt, da das Gesetz faktisch außer Kraft gesetzt wird.

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@Juristin

Das ungeheuerliche an den Äußerungen von Herrn Maas ist, daß er Kritiker der Regierungspolitik in die Nähe "geistiger Brandstiftung" rückt und ihnen andere Motive unterstellt als die, auf die sie sich berufen.

So schreibt er wörtlich:"...bewirken die Wortführer das Gegenteil vom dem, was sie angeblich bezwecken. Sie schwächen die Geltungskraft der Gesetze und erschüttern die Rechtstreue der Menschen."

Die "Wortführer" sind nicht etwa Rädelsführer einer radikalen Sekte, wie es der pejorative Begriff insinuieren könnte, sondern einigermaßen angesehene Verfassungsrechtler. Und "angeblich" unterstellt, daß hinter dem tatsächlich Gesagten eine unausgesprochene, verborgene Absicht steckt.

Ziel einer solchen Wortwahl ist die Einschüchterung und nachhaltige Diskreditierung all jener, die der regierungsamtlichen Sprachregelung und Rechtsauffassung mit guten Gründen skeptisch gegenüber stehen. Und das kommt aus der Feder eines Bundesjustizministers. Heiko Maas ist der mit Abstand übelste Vertreter dieses Amtes in der Geschichte der Republik.

5

Der Gesetzgeber wird bei humanitären Gründen wohl kaum eine Minimalproblematik, die sich innerhalb von wenigen Wochen lösen lässt, im Sinn gehabt haben. Das hätten die normalen gesetzlichen Regeln mehr als gut bewältigen können. Dahinter werden wohl eher die Erfahrungen aus den 90iger Jahren stehen, wo es genauso eine Massenflüchtlingswelle mit mehreren hunderttausend Flüchtlingen gab. Auswirkungen dürfte das damals auch gehabt haben.

2

Sehr geehrter Gast,

leider muss ich ihnen widersprechen. Die Ausnahmevorschift des § 18 Abs. 4 AsylG erlaubt keinesfall einen Massenzustrom per geheimer Ministeranordnung. Vielmehr wäre bei einer Entscheidung dieses Ausmaßes eine Beteiligung von Bundestag, Bundesrat und Europäischen Gremien erforderlich gewesen.

Gerne zitiere ich aus dem Gutachten von Di Fabio hierzu (Hervorhebungen von mir):

 

"Aber selbst wenn eine Ministeranordnung vorläge, so könnte sie doch nur begrenzte Herausforderungen erfassen, die weder die Staatlichkeit der Bundesrepublik noch die Funktionsfähigkeit der Länder herausfordern, sondern wie im Falle des Katastrophenschutzes gerade sichern sollen. Solche dispensiven Entscheidungen sind ihrer Natur nach auf überschaubare und beherrschbare Fälle oder allenfalls situativ zeitlich oder örtlich begrenzt erlaubt. Es bestünden danach bereits einfachgesetzlich Zweifel, ob die Bundesregierung noch im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 18 Abs. 4 Nr. 2 AsylVfG handelt, wenn sie über das Instrument der womöglich nur faktischen (unausgesprochenen?) Ministeranordnung eine politische Leitentscheidung (mit unionsweiter Auswirkung) über den Massenzustrom trifft, die unionsrechtlich eigentlich dem Rat mit qualifiziertem Mehrheitsentscheid überantwortet ist. Auch eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach den §§ 29, 14 AufenthaltsVO ist nur für Rettungsfälle möglich, die auch bei extensiver Auslegung nicht auf einen Zeitraum von mehreren Monaten und auf mehrere hunderttausend Menschen erstreckt werden kann, ohne massiv auf die Frage nach dem Gesetzvorbehalt für eine solch weitreichende exekutive Ermächtigung zu stoßen. 

6. Vorbehalt des Gesetzes

Innerstaatlich ist die Frage von Bedeutung, ob eine derart weitreichende Entscheidung wie der Verzicht auf die gesetzlich vorgeschriebene polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs und die Pflicht zur Einreiseverweigerung bei einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat angesichts der Größe der Herausforderung 

und der Konsequenzen im innerföderalen Gefüge der Bundesrepublik nicht gegen den Vorbehalt des Gesetzes verstößt. Eine Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels oder auch einer Ministeranordnung ergingen noch nicht einmal in der Form einer Rechtsverordnung, die gegebenenfalls unter Beteiligung des Bundesrates zu erlassen wäre. 

Handelte es sich bei solchen Befreiungen um eine Rechtsverordnung, wäre gleichwohl fraglich, ob gemessen an Art. 80 Abs. 1 GG eine solche Verordnung vom Gesetz in verfassungsmäßiger Weise gedeckt wäre. Nach der Wesentlichkeitstheorie hat der parlamentarische Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. In welchen Bereichen staatliches Handeln einer Rechtsgrundlage im förmlichen Gesetz bedarf, lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Intensität der geplan-
ten oder getroffenen Regelung ermitteln. Geht es um eine politische Entscheidung, mit „weitreichenden Auswirkungen auf die Bürger“handelt es sich um eine „wesentliche“ Entscheidung im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes. Die Entscheidung über den - gemessen am Maßstab des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Asylgesetz - unkontrollierten Massenzustrom von Vertriebenen und anderen Einreisewilligen betrifft, wenn er über eine momentane, zeitlich und örtlich begrenzte Grenzöffnung hinausreicht, die Lebensverhältnisse der Republik und der einzelnen Bürger insgesamt. Daneben ist wegen der unmittelbaren engen Beziehung dieser Entscheidung zur Eigenstaatlichkeit der Länder und im Blick auf die Wahrung des in Art. 30 GG verankerten Funktionsschutzes landesrechtlicher Kompetenzen und übertragenen Rechtspflichten auch das bundesstaatliche Gefüge betroffen.

Das von der Ministeranordnung erlaubte Verhalten der Grenzbehörden des Bundes bedarf deshalb im Fall der vorliegend gegebenen zeitlichen (bereits mehrere Monate), qualitativen (den Ausfall von Einreisekontrollen und Zurückweisungen betreffende) und quantitativen Umstände einer gesetzlichen Grundlage, die Voraussetzungen, Art und Ausmaß und zeitliche Begrenzung einer solchen gravierenden Abweichung von der gesetzlichen Grundentscheidung näher regelt. Der Grenzschutz ist zwar Sache der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes, aber der Bundesrat ist auch hier am Gesetzgebungsverfahren beteiligt, denn auch Einspruchsgesetze sind föderale Gesetze.

Wird das Wesentlichkeitsgebot als Spezialfall des Gesetzesvorbehalts verletzt, bedeutet das immer zugleich eine Missachtung von Beteiligungsrechten der Länder respektive des Bundesrates. Es besteht insofern eine Rechtspflicht der Bundesregierung auch gegenüber den Ländern ihr Initiativrecht einzusetzen, um eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung für ihr politisches Verhalten zu erlangen."

 

@ A. Berger

Ja, es ist unglaublich, dass sich unser Justizminister inhaltlich in keiner Weise mit den Argumenten befasst und statt dessen ehemalige Verfassungsrichter als "geistige Brandstifter" diffamiert.

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Gerne zitiere ich aus dem Gutachten von Di Fabio hierzu

Di Fabio hätte besser geschwiegen, statt sich in der Fachwelt unter Juristen und Verfassungsrechtlern lächerlich zu machen. Künftig wird ihn niemand mehr ernst nehmen.

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Zu di Fabio hat Kingreen schon alles notwendige gesagt.

Oder warum hat man, wo der Zerfall der Republik doch so vorsätzlich vorangetrieben wird und die Rechtslage so eindeutig ist, immer noch keine Eingabe beim Verfassungsericht gemacht? Da liegt die Vermutung nahe, dass es sich nicht um mehr als ein politisches Druckmittel handelt.

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Zu di Fabio hat Kingreen schon alles notwendige gesagt.

Mein Doktorvater hat sich nach seiner Amtszeit am Bundesverfassungsgericht konsequent geweigert, irgendwelche lukrativen Gutachtensaufträge zu übernehmen, die ihm en masse angetragen wurden. Es macht einen ganz schlechten Eindruck, nach so einer Amtszeit am BVerfG mit dem immer noch vorhandenen Renommee eines (ehemaligen) Verfassungsrichters Kasse oder Politik machen zu wollen und zeugt von völlig fehlendem Respekt vor dem Amt. Die konsequente Zurückhaltung hingegen ist der beste Garant, sich den gewonnen Respekt bei Freund und Feind auf Dauer zu bewahren.

3

@Gast

Die konsequente Zurückhaltung hingegen ist der beste Garant, sich den gewonnen Respekt bei Freund und Feind auf Dauer zu bewahren.

Man kann es auch so sehen: Eine solche konsequente Zurückhaltung ist das Zeichen dafür, daß man mit dem aktiven rechtswissenschaftlichen Leben abgeschlossen hat und nur noch Denkmalpflege für sein früheres Leben leisten will. Jeder nach seinem Geschmack.

3

Zugegeben. Aber man kann Vorlesungen und Seminare abhalten, Bücher und Aufsätze schreiben und Vorträge halten. Das Leben wird nicht langweilig oder unnütz oder abgeschlossen, sondern nur (richterlich) zurückhaltend.

3

@ Gast

Leider haben Sie mir immer noch nicht erklärt, warum die Entscheidung, seit September täglich zwischen 2000 und 10000 Migranten unkontrolliert ins Bundesgebiet einreisen zu lassen, statt sie -wie im Gesetz vorgesehen- zurückzuweisen, keine "wesentliche" Entscheidung sein soll, die vom Parlament zu treffen ist.

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@ Juristin

Lesen und verstehen: "Die Wesentlichkeitstheorie ist nicht berührt, wenn eine Kompetenz der Exekutive gesetzlich zugeordnet ist. So wie in § 18 Abs. 4 Nr. 2 AsylG dem BMI."

Der Gesetzgeber hat der Exekutive die Erlaubnis schon erteilt. Was Sie da gerne in den § 18 Abs. 4 AsylG hineinlesen wollen, steht da nicht. Und wenn der Gesetzgeber wirklich ein Problem mit der derzeitigen Politik hat, hätte er auch schon lange mit einem entsprechenden Gesetz darauf reagieren können.

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Gast schrieb:

@ Juristin

Lesen und verstehen: "Die Wesentlichkeitstheorie ist nicht berührt, wenn eine Kompetenz der Exekutive gesetzlich zugeordnet ist. So wie in § 18 Abs. 4 Nr. 2 AsylG dem BMI."

Der Gesetzgeber hat der Exekutive die Erlaubnis schon erteilt. Was Sie da gerne in den § 18 Abs. 4 AsylG hineinlesen wollen, steht da nicht. Und wenn der Gesetzgeber wirklich ein Problem mit der derzeitigen Politik hat, hätte er auch schon lange mit einem entsprechenden Gesetz darauf reagieren können.

 

Selbst wenn § 18 Abs. 4 AsylG eine vollkommen ausreichende Verordnungsermächtigung darstellt (was glaube in den letzten 10 Seiten Diskussion selbst von Befürwortern kaum vertreten wurde) verschiebt es das Problem nur auf die Frage der Verfassungsmässigkeit des Gesetzes. Sofern Abs. 4 überhaupt eine Verordnungsermächtigung darstellt ist sie nicht hinreichend bestimmt; der Gesetzgeber darf seine legislativen Vollmachten nur begrenzt delegieren.

Wenn Abs. 4 tatsächlich soweit auszulegen ist könnte man das AufentG und das halbe AsylG auch ersetzen durch die Bestimmung "Der Bundeskanzler bestimmt über das Grenzregime" und hätte denselben Effekt.

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Und Sie haben mir noch nicht erklärt, ob Sie die Leute auch mit scharfen Waffen hätten erschiessen wollen wie es heute die unsägliche Frauke Petry vorgeschlagen hat. Unsere politische Kultur und unser Verständnis von Menschenwürde haben seit den letzten 25 Jahren unermesslich Schaden genommen...

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Mein Beitrag oben gilt der “Juristin“.

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@ Gast

Nochmal zu § 18 Abs. 4 AsylG: Die Ausnahmevorschrift darf nicht zu einer faktischen Aufhebung des Gesetzes führen. Sie ist eng auszulegen. Selbst wenn sie (möglicherweise verfassungswidrig?) weit gefasst ist, muss sie bei der Anwendung im Sinne des GG ausgelegt werden. Aus den Erfahrungen des Massenzustroms in den 90iger Jahren wurde Art. 16 a Abs. 2 GG geschaffen. An dieser Restiktion ist § 18 Abs. 4 AsylG auszulegen.

5

Da hier immer von § 18 Abs. 4 AsylG die Rede ist: mir ist keine Äußerung der Bundesregierung bekannt, in der sie sich auf diese Vorschrift berufen hätte. Bekannt ist mir lediglich eine BAMF-interne Weisung vom 21.08.15 mit dem Inhalt, Verfahrensregeln nach dem Dublinabkommen für syrische Staatsangehörige ohne irgendeine Begründung auszusetzen. Diese Weisung kann hier abgerufen werden, wobei keine Gewähr für deren Echtheit übernommen wird. http://workupload.com/archive/owdurqA8 Mir scheint sie jedoch authentisch zu sein.

Ebenfalls schwarz auf weiß und diesmal sogar offiziell bestätigt ist eine Weisung (a.A. reine Information) des hamburgischen Innensenators an die dortige Polizei. Darin heißt es explizit, die Bundesregierung mache von einer "Erlaubnis sui generis" Gebrauch, die "das Tatbestandsmerkmal der unerlaubten Einreise ausschließt", jedenfalls aber dazu führe, daß sich die Einreisenden "im unvermeidbaren Verbotsirrtum befinden." Diese ist hier abrufbar: https://www.steinhoefel.com/2015/09/hamburger-polizei-wird-schriftlich-z...

Nun mag es sein, daß der Referent des Innensenators sich das alles aus den Fingern gesogen hat, es mag aber auch sein, daß er Vorformuliertes zurückgriff. Sollte letzteres zutreffen, dürfte die die entsprechende Weisung des BMI an die Bundespolizei inhaltlich nicht viel anders ausgesehen haben.

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@ Juristin
§ 18 Abs. 4 AsylG wurde mit dem Asylkompromiss ins Gesetz eingefügt. Zur Begründung heisst es in BT-Drs 12/4450 S. 19 "Der neue § 18 Abs. 4 bestimmt, daß die Regelung des
Absatzes 2 keine Anwendung findet, [...]
wenn es der Bundesminister des Innern aus völkerrechtlichen
oder humanitären Gründen oder zur Wahrung
politischer Interessen der Bundesrepublik
Deutschland angeordnet hat. In diesen Fällen darf die
Einreise aus dem sicheren Drittstaat (§ 26 a) nicht
verweigert werden."

Der Gesetzgeber war sich durchaus bewusst, was er da ins Gesetz schreibt - gerade auch vor dem Hintergrund der Grundgesetzänderung.
 

 

3

Hm, der Artikel von Maas ist nun auch online und enthält, anders als eine frühere Zusammenfassung, garkeine namentliche Nennung von Di Fabio, insofern war mein letzter Beitrag vllt etwas voreilig.

 

http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/gastbeitrag-von-jus...

 

Intressant ist seine Aussage, dass Deutschland nur bis November vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht hat.

Die aktuelle Praxis wird anscheinend damit begründet, dass nach Rückführungen nach Griechenland gerichtlich verboten wurden, was aber sehr viele Fragen offen lässt. Zum Schleusungsvorwurf äussert er sich garnicht.

 

Bedeuerlicherweise nimmt er die Kritik von Juristen und der Polizei nicht zum Anlass mal die eigene Praxis zu überprüfen sondern sieht das wohl als eine Art koordinierten Angriff von konservativer Seite (?!).

Diese Kritik soll auch Schuld am Ausverkauf von Pfefferspray sein, auch wenn "gewiss" ein Zusammenhang zu den Silvestereignissen bestehen mag.

 

"The king can do no wrong" - zumindest wohl nicht wenn im Bundestag irgendwann mal über ein verwandtes Thema geplaudert wurde. Schon ein exotisches Demokratieverständnis.

 

 

Auch in den News:  die AFD will jetzt auch Flüchtlingskinder erschiessen.. und Frauen!

5

Sehr geehrter Herr Mustermann,

sorry, aber ich denke eine Diskussion zwischen Islambefürwortern und Islamhassern trägt wenig zum hier gegebenen Thema (Strafbarkeit von Frau Merkel durch ihre Entscheidungen im Sept. 2015) bei, selbst wenn es für Strafrecht und Kriminologie durchaus interessant sein mag. Daher habe ich Ihren Link als off topic gesperrt.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

Sehr geehrte Kommentatoren,

ich bedanke mich für die teilweise sehr aufschlussreiche Diskussion des in meinem Beitrag gegebenen Themas Strafbarkeit der Bundeskanzlerin aufgrund ihrer Politik in der Flüchtlingsfrage. In den letzten Tagen sind allerdings zu diesem Thema keine Kommentare mehr eingegangen. Neben der durchaus interessanten verfassungsrechtlichen Diksussion, die sich zwischenzeitlich entwickelt hat, wird nunmehr ausschließlich in geradezu absurder Weise das Thema des Schusswaffeneinsatzes an der Grenze diskutiert. Hierbei bleibt die ohnehin off-topic-Diskussion allerdings weit unterhalb des sachlichen Formats, wie es im Beck-Blog üblich und angemessen ist. Ich habe deshalb die entsprechendne Kommentare beider Seiten der Diskussionskontrahenten unpublished gestellt und die Kommentarspalte geschlossen und bitte um Verständnis. Das Internet ist groß, bitte setzen Sie diese Diskussion auf anderen Plattformen fort.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

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