Erhebliche Mitbestimmungslücken – Pflicht zur Drittelbeteiligung wird großflächig ignoriert

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 07.09.2015

Im aktuellen Heft 17 der GmbH-Rundschau (S. 909-918) findet sich ein auch für Arbeitsrechtler interessanter Beitrag von Bayer und Hoffmann. Vorgestellt wird eine empirische Studie, die am Institut für Rechtstatsachenforschung zum Deutschen und Europäischen Unternehmensrecht an der Universität Jena entstanden ist, und Erstaunliches zu Tage fördert. Untersucht wird, ob und in welchem Umfang dem Drittelbeteiligungsgesetz in der Praxis entsprochen wird. Dieses Gesetzt unterwirft bekanntlich Kapitalgesellschaften wie z.B die AG, GmbH; KGaA (sofern es sich nicht um Tendenzunternehmen handelt) der Unternehmensmitbestimmung, wenn die Beschäftigtenzahl zwischen 501 und 2000 liegt. Hier muss dann ein besonderes Gremium gebildet werden (Aufsichtsrat), in dem die Beschäftigtenvertreter ein Drittel der Sitze einnehmen. Bayer und Hoffmann zeigen auf, dass offensichtlich bei einem Großteil (ca. 56%) der nach der Arbeitnehmerzahl dafür in Frage kommenden (tendenzfreien) GmbHs kein mitbestimmter Aufsichtsrat installiert ist und die Rechte der Arbeitnehmer auf unternehmerische Mitbestimmung im Aufsichtsrat insoweit entgegen den gesetzlichen Vorgaben vielfach ignoriert werden. Dies zeuge letztlich auch von verbreiteten (allerdings weitgehend sanktionslosen) Pflichtverstößen der Geschäftsführungsorgane, denn diese hätten bei der Überschreitung der mitbestimmungsrechtlichen Schwellenwerte unverzüglich entsprechende Statusverfahren mit dem Ziel der Installation eines mitbestimmten Aufsichtsrats einleiten müssen. Nunmehr biete jedoch die neue flexible “Frauenquote“ (§§ 36, 52 Abs. 2 GmbHG) einen Anlass zur neuerlichen Überprüfung der internen Mitbestimmungsverhältnisse in der Gesellschaft und ggf. zur Vornahme einer entsprechenden Bereinigung.

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