Quo Vadis Netzneutralität: Land in Sicht?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 20.08.2015

EU-Parlament und Rat haben in den Trilog-Verhandlungen doch noch eine Einigung zum TSM-Paket erzielen können.  Die Einigung betrifft vornehmlich das  EU-Roaming und Netzneutralität. Der Einigungstext beinhaltet nun nicht den Begriff Netzneutralität und spricht von „Gewährleistung des Zugangs zu einem offenen Internet“. Zu den Hintergründen s. Spies/Ufer MMR 2015, 91 ff. Zur Lage in den USA siehe im Blog hier. Eckpunkte:                                                         

1) Die EU will weiterhin den Zugang zu einem offenen Internet gewährleisten. Artikel 3 sichert den Nutzern zu, über ihren Internetzugangsdienst unabhängig vom Standort des Endnutzers oder des Anbieters und von Standort, Ursprung oder Bestimmung der Dienste, Informationen  und Inhalte abzurufen und zu verbreiten, Anwendungen und Dienste zu nutzen und bereitzustellen und Endgeräte ihrer Wahl zu nutzen.

Dieses Recht darf nicht durch Vereinbarungen zwischen Providern und Endnutzern über wirtschaftliche und technische Bedingungen sowie Eigenschaften des Internetzugangsdienstes wie Preis, Datenvolumen und Geschwindigkeit, beschnitten werden.

2) Verkehrsmanagementmaßnahmen sind zulässig, allerdings nur bei Gleichbehandlung des gesamten Internetverkehrs, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, unabhängig von Sender und Empfänger. Die Maßnahmen müssen angemessen sein, s.h. transparent, nicht diskriminierend und verhältnismäßig. Sie dürfen nicht  auf wirtschaftliche Überlegungen gegründet sein, sondern auf objektiv unterschiedlichen technischen Anforderungen an die Qualität der Dienste bestimmter Arten des Datenverkehrs beruhen.

3) “Andere Dienste” (der Begriff der Spezialdienste findet keine Verwendung mehr) sind eingeschränkt zulässig. Voraussetzungen:

  • Es darf sich nicht um Internetzugangsdienste handeln

  • Die Dienste müssen für bestimmte Inhalte, Anwendungen oder Dienste oder eine Kombination derselben optimiert sind, wenn die Optimierung erforderlich ist, um den Anforderungen der Inhalte, Anwendungen oder Dienste an ein spezifisches Qualitätsniveau zu genügen.

  • Die Dienste sind nur dann zulässig, wenn die Netzkapazität ausreicht, um sie zusätzlich zu den bereitgestellten Internetzugangsdiensten zu erbringen.

4) Überwachungs-, Durchsetzungs-und Transparenzmaßnahmen zur Sicherstellung des Zugangs zu einem offenen Internet (Artikel 4):  Die Überwachung der o.g. Maßnahmen obliegen dem nationalen Regulierer. Darüber hinaus sind Informations- und Transparenzmaßnahmen vorgesehen – z.B. zu den Beschränkungen zum Datenvolumen, zur Geschwindigkeit sowie zu den Auswirkungen „anderer Dienste“ auf den Internetzugangsdienst.

Der Text muss noch vom Rat förmlich angenommen werden - vermutlich irgendwann in den nächsten Wochen. Danach wird der Text dem EP übermittelt. Dieses muss den Text dann innerhalb von drei Monaten billigen.

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1 Kommentar

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"Die Dienste sind nur dann zulässig, wenn die Netzkapazität ausreicht, um sie zusätzlich zu den bereitgestellten Internetzugangsdiensten zu erbringen."

Eine kuriose Regelung. Welche Internetzugangsdienste bereits bereitgestellt werden, scheint mir keine fixe Größe zu sein. Kann man eine Regelung dann daran anknüpfen? Da müsste jdf. ich erst einmal schwer nachdenken.

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