der katholische Hindu - es ist kein Makel, Katholik zu sein

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 10.08.2015
Rechtsgebiete: Familienrecht7|3199 Aufrufe

Sie ist gläubige Hinduistin. Sie heiratete ihn in der festen Annahme, dass er auch hinduistischen Glaubens ist.
Erst nach der Eheschließung erfuhr sie durch Äußerungen ihrer Schwiegermutter und ihrer Schwägerin, dass er nicht Hindu, sondern Katholik ist.

Ihr Antrag auf Aufhebung der Ehe wegen arglistiger Täuschung (Par. 1314 II 3 BGB) blieb in zwei Instanzen erfolglos.
Eine Täuschung über die Religionszugehörigkeit sei nicht ursächlich für die Eingehung der Ehe gewesen. Nicht Hindu zu sein, sei bei richtiger Würdigung der Ehe kein relevanter Umstand, der die Aufhebung der Ehe rechtfertige.
In der deutschen pluralistischen Gesellschaft sei es kein Makel, katholisch zu sein. Sie könne ihrn hinduistischen Glauben weiterleben, ohne von ihm an der Glaubensausübung gehindert zu werden.

OLG Düsseldorf v. 10.11.14 - 7 UF 138/14 

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7 Kommentare

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Ehrlich gesagt finde ich das Urteil unglaublich! Natürlich hat die Religion eine wichtige Bedeutung für eine Partnerschaft. Den "Atheisten", von dem ich vermute, dass er sich das ausgedacht hat, möchte ich sehen, wenn im Nebenbett der Wecker klingelt, weil da jemand unvermutet zur Kirche will.

Aber gut, vielleicht macht man das demnächst bei Sorgerechtsfragen auch so. Ob Taufe, ja, nein und wenn, wann, wo wird einfach für "nicht relevant" erklärt. Regeln Sie das bitte selbst.

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Pressepfarrerin schrieb:

Ehrlich gesagt finde ich das Urteil unglaublich! Natürlich hat die Religion eine wichtige Bedeutung für eine Partnerschaft. Den "Atheisten", von dem ich vermute, dass er sich das ausgedacht hat, möchte ich sehen, wenn im Nebenbett der Wecker klingelt, weil da jemand unvermutet zur Kirche will.

Mit der Begründung wird die Ausübung des Glaubens jedem anderen Hobby gleichgestellt - es ist das gleiche, als wenn ein Partner regelmäßig nachts aufsteht, weil er als Hobbyastronom Sterne gucken will.
Wenn das alles ist, was den Glauben ausmacht, ist das ein guter Beleg, dass es für eine Partnerschaft nicht wichtiger als jedes andere (legale) Hobby ist. ;)

Außerdem lautet die Begründung (zumindest laut Zusammenfassung von Hr. Burschel): Sie wird nicht an ihrer Glaubensausübung gehindert. Und wieso ein Sonntag etwas früher klingelnder Wecker jemanden (bzw. in Ihrem Beispiel einen "Atheisten") an der Ausübung des Glaubens hindern sollte, ist überhaupt nicht nachvollziehbar. (Kulte von Göttern des Schlafes sind heutzutage nicht mehr sehr verbreitet.)

Im konkreten Fall kommt hinzu: wenn der Katholik seinen Glauben in einer Form ausleben würde, dass es die Partnerschaft belastet, müsste man davon ausgehen, dass es die Hindu bereits gemerkt hätte, dass er Katholik ist.

Ich denke, der richtigen Auslegung der Umstände, die kausal für die Eingehung der Eheschließung sind und die Täuschung darüber zur Aufhebung führen soll, kommt man etwas näher, wenn man sie von den (stillschweigenden) Bedingungen an das Ja-Wort abgrenzt. Denn die Erklärungen der Eheschließenden sind bekanntlich bedingungsfeindlich.

Sie sagte also Ja und meinte dabei insgeheim: Ja, aber nur wenn er ein Hindu ist. Ist das eine stillschweigende, unzulässige und damit unbeachtliche Bedingung oder ein im Wesen der Eheschließung liegender Umstand für die Willensbildung, der schützenswert ist? 

Der Staat kann nicht einerseits die Ungleichbehandlung wegen Religionszugehörigkeit durch Verfassung ausschließen, die nicht nur im Verhältnis zum Staat relevant ist, sie aber gleichzeitig als ein Wesensmerkmal zur Willensbildung in Eheschließung für schutzwürdig erachten.

Die Begründung ist - wenn sie denn richtig wiedergegeben wurde - hanebüchen und grob fehlerhaft. Wie kommen Richter dazu, jemandem vorzuschreiben, welche Gründe für Eheschließung und Partnerwahl für eine Person relevant sein dürfen und welche nicht?
Da die Dame aber offensichtlich nicht gefragt und er nicht gelogen hat, fällt es schwer, eine arglistige Täuschung zu erkennen.

Dies Richter "in einer deutschen pluralistischen Gesellschaft" scheinen keine Vorstellung davon zu haben, welchen Makel für einen gläubigen Hindu die Eingeheung der Ehe mit einem Nicht-Hindu darstellt.

Vermutlich spielt es demnächst auch keine Rolle mehr , ob der vermeintliche Ehemann sich als Frau herausstellt oder umgekehrt, denn auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden in unserer pluralistischen Gesellschaft zunehmend akzeptiert.

Man sollte bei allen formaljuristischen Konstruktionen doch stehts die Auswirkungen der Etnscheidung für die Betroffenen im Auge behalten.

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Mein Name, wenn das hier:

"Wie kommen Richter dazu, jemandem vorzuschreiben, welche Gründe für Eheschließung und Partnerwahl für eine Person relevant sein dürfen und welche nicht?"

von Relevanz wäre, könnte ich auch meine Ehe annulieren lassen, weil meine Frau Herpes hat. Mir war für meine Eheschließung wichtig, dass sie keine Herpes hat. Welcher Richter wollte mir dann verbieten, dass das für mich eine entscheidende Bedingung für die Ehe war?

 

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[blockquote]…durch arglistige Täuschung über solche Umstände [...], die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten[/blockquote]Zum Wesen der Ehe gehört das grundgesetzlich geschützte Erziehen gemeinsamer Kinder im grundgesetzlich geschützten (gemeinsamen) Glauben, das Nichtvorhandensein einer bestimmten Krankheit jedoch nicht. Oder finden Sie irgendeinen Grundrechtsartikel zu diesem Thema? Wenn schon das Vortäuschen eines bestimmten Berufes als "Lebenslüge" für die Aufhebung der Ehe reicht, dann muss die Vortäuschung einer bestimmten Religionszugehörigkeit erst recht ausreichen. Denn in der deutschen pluralistischen Gesellschaft ist es sicher kein Makel, einen bestimmten Beruf nicht auszuüben.

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