Betriebsrentenrecht: Gesetz zur Umsetzung der Mobilitäts-Richtlinie

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 06.08.2015

Die Richtlinie 2014/50/EU "über Mindestvorschriften zur Erhöhung der Mobilität von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten durch Verbesserung des Erwerbs und der Wahrung von Zusatzrentenansprüchen" muss bis Mai 2018 in nationales Recht umgesetzt werden. Dies stellt vor allem diejenigen Mitgliedstaaten, die über ein ausgeprägtes System der betrieblichen Altersversorgung verfügen (EI, GB, NL, DE und AT), vor einige Herausforderungen. Inzwischen hat das BMAS einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie erarbeitet, der vom Bundeskabinett verabschiedet worden ist und nunmehr in das Gesetzgebungsverfahren geht.

Die Schwerpunkte des Entwurfs fasst das BMAS wie folgt zusammen:

  1. "Arbeitgeberfinanzierte Betriebsrentenanwartschaften bleiben künftig bereits dann erhalten (sind "unverfallbar"), wenn die Zusage drei Jahre bestanden hat; bislang war die Frist fünf Jahre. Darüber hinaus wird das Lebensalter, zu dem man dabei frühestens den Arbeitgeber verlassen darf, ohne dass die Anwartschaft verfällt, vom 25. auf das 21. Lebensjahr abgesenkt. Insbesondere junge mobile Beschäftigte können damit künftig schneller und früher als bisher unverfallbare Betriebsrentenanwartschaften erwerben, was zur besseren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung beitragen kann.
  2. Betriebsrentenanwartschaften ausgeschiedener und beim Arbeitgeber verbliebener Beschäftigter müssen gleich behandelt werden. Beschäftigte müssen also nicht mehr befürchten, dass ein Arbeitgeberwechsel ihrer Betriebsrente schadet.
  3. Die Abfindungs- und Auskunftsrechte werden zugunsten der Beschäftigten erweitert."

Während der erste und der dritte Punkt vergleichsweise unproblematisch sind, wirft die Ersetzung des bisherigen § 2 Abs. 5 BetrAVG durch einen neuen § 2a BetrAVG zahlreiche Anwendungsprobleme auf. Sie kann in vielen Fällen für die Arbeitnehmer erhebliche Vorteile bringen, weil nunmehr unter den dortigen Voraussetzungen auch ihre Anwartschaften dynamisiert werden. Auf der anderen Seite schwächt sie für die Arbeitgeber die bAV als Instrument der Mitarbeiterbindung.

Die Beratung des Gesetzentwurfs ist für die jetzt beginnende zweite Hälfte der Legislaturperiode geplant. Das Gesetz soll am 1.1.2018 in Kraft treten.

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2 Kommentare

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Führt das dazu, dass bei Versorgungssystemen, die eine Anrechnung zuvor erworbener Rentenansprüche vorsehen, der neue Arbeitgeber auf Kosten des alten entlastet wird? Wenn ja, wie rechtfertigt man dass?

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@ Neugieriger

Der Gesetzentwurf äußert sich zu dieser Frage nicht. Auf erste Rechtsprechung werden wir auch noch viele Jahre warten müssen, da das Gesetz erst 2018 in Kraft treten wird.

Für eine Anrechnung der dynamisierten Anwartschaft könnte sprechen, dass die von Ihnen geschilderte Vertragsklausel stets dynamisch wirkt. Die Höhe der bei einer solchen Zusage zu erwerbenden Anwartschaft steht - für Arbeitgeber und Arbeitnehmer - nie abstrakt fest, sondern hängt immer davon ab, wie viel der Arbeitnehmer aus seinen bisherigen Arbeitsverhältnissen an Versorgung "mitbringt". Und wenn dies durch die Gesetzesänderung jetzt mehr wird, hat der Arbeitgeber eben "Glück gehabt". Der Arbeitnehmer verliert ja nichts, sondern bekommt in der Summe dieselbe Versorgung wie bisher - nur die Lastenverteilung unter seinen Arbeitgebern ändert sich.

Dagegen spricht natürlich, dass das Gesetz eine Verbesserung der Rechtsstellung ausscheidender Arbeitnehmer bewirken will. Dieses Ziel wird verfehlt, wenn eine solche Anrechnungsklausel den erworbenen Vorteil wieder "auffrisst".

Wie die Rechtsprechung diese Frage in der Zukunft beantworten wird, lässt sich schwer prognostizieren. Es könnte sogar darauf ankommen, auf welcher Rechtsgrundlage die Versorgungszusage beruht. Was in arbeitgeberseits vorformulierten Versorgungsordnungen an der AGB-Kontrolle scheitert (§ 307 BGB), könnte in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen weiterhin zulässig sein.

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