ArbG Berlin: Entschädigung wegen Kündigung in der Schwangerschaft

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 04.08.2015

Auch Rechtsanwälte sind nicht davor gefeit, sich Entschädigungsansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG auszusetzen. Das erhellt ein aktuelles Urteil des ArbG Berlin:

Der beklagte Rechtsanwalt hatte die bei ihm beschäftigte Klägerin während der Probezeit gekündigt. Die Klägerin war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung jedoch schwanger. Da der Beklagte über keine Erlaubnis der Arbeitsschutzbehörde nach § 9 Abs. 3 MuSchG verfügte, erklärte das Arbeitsgericht in einem ersten Verfahren die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 9 MuSchG für rechtsunwirksam. Das hielt den Beklagten aber nicht davon ab, der Klägerin einige Monate später noch einmal zu kündigen. Vor Gericht verteidigte er sein Verhalten damit, er sei davon ausgegangen, dass die Schwangerschaft mittlerweile beendet sei. Das ArbG Berlin hat auch die erneute Kündigung wegen Verstoßes gegen § 9 MuSchG kassiert und den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.500 Euro verurteilt. Zur Überzeugung des Gerichts hätte er aufgrund des ersten Kündigungsschutzverfahrens und der Kenntnis des Mutterpasses mit dem Fortbestand der Schwangerschaft rechnen müssen.

ArbG Berlin, Urt. vom 13.5.2015 - 28 Ca 18485/14, BeckRS 2015, 69271; Pressemitteilung des Gerichts hier

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6 Kommentare

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Gast79 schrieb:

1.500,- EUR Entschädigung? Und wie soll eine solche Summe jetzt abschreckende Wirkung entfalten?

Erreicht das nicht schon der Sachverhalt? Private von der Wahrnehmung sozialstaatlicher Aufgaben abzuschrecken, ist immer eine Gratwanderung.
Unter Rechtsanwaltsfachangestellten herrscht ein Frauenanteil von 95 Prozent; Politik und Rechtsprechung relativieren zur Herstellung gleicher Geschlechterverhältnisse bereitwillig einen allgemeinen Diskriminierungsschutz. Da möchte man doch niemanden wecken.

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Tja... bei vorgeblich 95% Frauenanteil in diesem Beruf scheint wohl ein konsequenter Diskriminierungsschutz angebracht zu sein. Oder glauben Sie etwa, daß es keine Männer gibt, die diesen Beruf ausüben wollen?

 

Ein "Sachverhalt" soll abschreckende Wirkung haben? Da kennen Sie offensichtlich der Berufsstand der "Rechtsanwälte" nicht....

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Ehrlich gesagt vermag ich hier keine Diskriminierung zu erkennen. Es mag sein, daß ein Arbeitgeber verständlicherweise keine schwangeren Mitarbeiterinnen duldet. Dies ist jedoch Ausfluss der allgemeinen Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht. Aber deswegen wurde doch noch niemand diskriminiert.

 

 

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@J.Jahn

Das BAG hat zutreffend ausgeführt und eine unmittelbare Benachteiligung bejaht:

"Die Missachtung der besonderen Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes zu Gunsten der werdenden Mutter ... indiziert eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft und damit wegen ihres Geschlechts, § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG iVm. § 1 AGG." (BAG, U. v. 12.12.2013 - 8 AZR 838/12, Rz 31)

Dies ist jedoch Ausfluss der allgemeinen Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht

Aber eben ein wegen Diskriminierung verbotener "Ausfluss". So richtig Verstanden bzw. verinnerlicht haben Sie die Problematik offenbar noch nicht...

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@J.Jahn:

 

Die von Ihnen zitierte Vertragsfreiheit kann durch ein Gesetz beschränkt werden. Dieses Gesetz heißt AGG.

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