Bundesregierung plant Novellierung des Befristungsrechts an Hochschulen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 29.06.2015

Für die Hochschulen und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen wie Max-Planck-Institute gibt es mit dem WissZeitVG ein besonderes Gesetz, das befristete Arbeitsverträge in großzügigerem Maße gestattet als sonst üblich. Hintergrund ist u.a., dass auf vielen Stellen zwar Daueraufgaben wahrgenommen werden (meine wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise erstellen Klausuren und Hausarbeiten mit Lösungsskizzen und leiten Arbeitsgemeinschaften für Studienanfänger), dass sie aber der Qualifikation der Stelleninhaber (insb. Promotion) dienen. Würden sie durch die Generation der heutigen Stelleinhaber unbefristet blockiert, stünden sie für künftige Hochschulabsolventen jahrzehntelang nicht zur Verfügung. Eine zweite Kategorie betrifft Stellen, die aus Mitteln Dritter finanziert werden. Hier will die öffentliche Hand nicht das Risiko eingehen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus eigenen (d.h. Steuer-) Mitteln finanzieren zu müssen, wenn die Drittmittel auslaufen, die Stelleninhaber aber unbefristet beschäftigt sind.

Die Gewerkschaften (namentlich GEW und ver.di) kämpfen seit Jahren für strengere Befristungsregeln, viele Hochschulen wollen sie beibehalten oder sogar noch weiter lockern.

Medienberichten zufolge hat sich die Große Koalition jetzt darauf verständigt, das WissZeitVG zugunsten der Beschäftigten zu reformieren:

  1. Auf Qualifikationsstellen soll sich die Vertragsdauer an dem "für die Qualifizierung vorliegenden Zeitbedarf" orientieren. Dauert die Anfertigung einer Dissertation im Durchschnitt zwei Jahre, soll der Doktorand auch einen Vertrag mit dieser Laufzeit erhalten. Außerdem soll die Befristung nur zulässig sein, wenn "die Qualifizierung ausdrücklich als Teil des Arbeitsverhältnisses vereinbart ist". Die reine "Freizeitpromotion" (insb. neben einer halben Stelle) rechtfertigt die Befristung also nicht.
  2. Bei den aus Drittmitteln finanzierten Stellen soll sich die Vertragsdauer an der Laufzeit des Forschungsprojektes orientieren.
  3. Kürzere Verträge darf es auch weiterhin geben, sie bedürfen aber künftig "guter Gründe". Solche liegen z.B. vor, wenn sich die Anfertigung der Dissertation gegenüber den ursprünglich vorgesehenen Zeitrahmen um sechs Monate verzögert - dann darf auch um nur sechs Monate verlängert werden.

Die Bedeutung der weiteren Eckpunkte ist etwas unklar, hier geht es wohl vornehmlich um die Klarstellung des schon heute geltenden Rechts:

  • Wenn ein Wissenschaftler während der Promotion in Elternzeit geht oder Angehörige pflegen muss, soll sich der Vertrag entsprechend verlängern (gilt nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG für Qualifikationsstellen schon heute, nicht aber für Drittmittelstellen, weil Abs. 5 nur Abs. 1, nicht aber Abs. 2 in Bezug nimmt).
  • Das WissZeitVG n.F. soll nur für das wissenschaftliche Personal einer Hochschule oder Forschungseinrichtung gelten. Für nichtwissenschaftliche Mitarbeiter verbleibt es bei der Anwendung des TzBfG. Das ist - mit Nuancen - schon heute nicht anders.
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