Verfassungsbeschwerde gegen CGZP-Beschluss des BAG erfolglos

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 04.06.2015

Das BVerfG hat Verfassungsbeschwerden von Zeitarbeitsunternehmen gegen die CGZP-Beschlüsse des BAG nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit Beschluss vom 14.10.2010 (1 ABR 19/10, NZA 2011, 289) hatte das BAG gegenwartsbezogen festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist. Diese Entscheidung hat das Gericht später erweitert und entschieden, dass die CGZP auch zuvor niemals tariffähig gewesen sei (BAG, Beschl. vom 22.5.2012 - 1 ABN 27/12, BeckRS 2012, 70480; v. 23.5.2012 - 1 AZB 67/11, NZA 2012, 625). Das hat namentlich zur Konsequenz, dass die von der CGZP abgeschlossenen "Tarifverträge" keine Tarifverträge im Rechtssinne, insbesondere nicht i.S. von § 9 Nr. 2 AÜG sind. Diese Vorschrift gestattet es Zeitarbeitsunternehmen, ihren Beschäftigten einen geringeren als den im Entleiherbetrieb für vergleichbare Stammkräfte üblichen Lohn ("equal pay") zu zahlen, wenn dies durch Tarifvertrag vereinbart ist. Die Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP hat zur Folge, dass die entsprechenden Lohndifferenzen (soweit nicht infolge wirksam vereinbarter Ausschlussfristen verfallen) nachzuzahlen und v.a. auch die darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten sind.

BVerfG: Keine Verletzung des Rückwirkungsverbots

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die betroffenen Unternehmen eine Verletzung des aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) resultierenden Rückwirkungsverbots und eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Dem folgt das BVerfG nicht:

Die Beschwerdeführerinnen hätten nicht auf höchstrichterliche Rechtsprechung vertrauen können, denn eine solche habe zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen nicht vorgelegen. Die Beschwerdeführerinnen hätten damit rechnen müssen, dass der CGZP die Tariffähigkeit fehlte. An ihr bestanden von Anfang an erhebliche Zweifel. Gleichwohl hätten die Unternehmen die Tarifverträge angewendet und seien damit in den Genuss besonders niedriger Vergütungssätze gekommen. Mit den angegriffenen Entscheidungen habe sich das erkennbare Risiko realisiert, dass später die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt werden könnte. Allein der Umstand, dass die genaue Begründung des BAG nicht ohne weiteres vorhersehbar gewesen sei, begründe keinen verfassungsrechtlich zu berücksichtigenden Vertrauensschutz. Ein schutzwürdiges Vertrauen in die Wirksamkeit der CGZP-Tarifverträge lasse sich auch nicht mit dem Verhalten der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit sowie der Heranziehung dieser Tarifverträge durch das BAG bei der Ermittlung der branchenüblichen Vergütung begründen.

Soweit eine der Beschwerdeführerinnen darüber hinaus eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) rüge, sei die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet. Das BAG sei verfassungsrechtlich nicht verpflichtet gewesen, auf eine mögliche zeitliche Ausdehnung der Feststellung über die Tarifunfähigkeit hinzuweisen.

(BVerfG, Beschluss vom 25.4.2015 - 1 BvR 2314/12, BeckRS 2015, 46282)

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