EU-Kommission moniert Mindestlohn im Lkw-Transitverkehr

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 21.05.2015

Schon bald nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes kam die Frage auf, ob der neue Mindestlohn auch für ausländische LKW-Fahrer gilt, wenn sie auf deutschen Straßen unterwegs sind. Diese Rechtsfrage ist durchaus umstritten (vgl. dazu auch den Blog-Beitrag vom 20.1.2015). Die Bundesregierung hatte Ende Januar nach Protesten der Nachbarländer den Vollzug des Mindestlohns für reine Transitfahrten vorerst ausgesetzt (Blog-Beitrag vom 31.1.2015). Im März legten dann 14 Spediteure aus Österreich, Polen und Ungarn Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein. Auch Tschechien wandte sich gegen die deutsche Regelung. Nunmehr meldet sich die EU-Kommission zu Wort. In der Pressemitteilung der Kommission vom 19.5.2015 heißt es u.a.: „Die Europäische Kommission hat beschlossen, bezüglich der Anwendung des deutschen Mindestlohngesetzes im Verkehrssektor ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Nach einem Informationsaustausch mit den deutschen Behörden und nach einer eingehenden rechtlichen Prüfung der deutschen Vorschriften hat die Kommission nun ein Aufforderungsschreiben an Deutschland geschickt. Dieses Schreiben ist der erste Schritt eines Vertragsverletzungsverfahrens. Die Kommission unterstützt zwar voll und ganz die Einführung eines Mindestlohnes in Deutschland, vertritt aber die Ansicht, dass die Anwendung des Mindestlohngesetzes auf alle Verkehrsleistungen, die deutsches Gebiet berühren, eine unverhältnismäßige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit und des freien Warenverkehrs bewirkt. Nach Ansicht der Kommission lässt sich insbesondere die Anwendung der deutschen Vorschriften auf den Transitverkehr und auf bestimmte grenzüberschreitende Beförderungsleistungen nicht rechtfertigen, weil dadurch unangemessene Verwaltungshürden geschaffen werden, die ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts behindern. Nach Meinung der Kommission gibt es angemessenere Maßnahmen, die zum sozialen Schutz der Arbeitnehmer und zur Gewährleistung eines lauteren Wettbewerbs ergriffen werden können und gleichzeitig einen freien Waren- und Dienstleistungsverkehr ermöglichen. Nächste Schritte: Die deutschen Behörden haben nun zwei Monate Zeit, um auf die von der Kommission in ihrem Aufforderungsschreiben vorgebrachten Argumente zu antworten.“ Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums ließ verlautbaren: „Aus dem Schreiben der Kommission erfährt die Bundesregierung erstmals konkret, welche Regelungen des Mindestlohngesetzes die Kommission in welchen Fallkonstellationen und in welchem Umfang für unvereinbar mit dem Recht der Europäischen Union erachtet“. Die Bundesregierung werde das Schreiben auswerten und danach über das weitere Vorgehen entscheiden.

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