Fall Heinz Müller: Arbeitsgericht Mainz bringt Bundesliga-Klubs in Bedrängnis

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 25.03.2015

Das Arbeitsgericht Mainz (ArbG Mainz, Urteil  vom 19. März 2015 – 3 Ca 1197/14) lässt mit einer Entscheidung zur Befristung des Arbeitsvertrags eines Profifußballers aufhorchen. Sie hat erhebliche Sprengkraft. Sogar die Bildzeitung geht unter der Überschrift „Ex-Torwart Müller klagt sich nach Mainz zurück!“ auf das Urteil ein und spekuliert über die Folgen für die Bundesligaklubs. Die Pressemitteilung des Gerichts schildert den Sachverhalt wie folgt: Der Kläger (Ex-Torwart war bei dem beklagten Bundesligaverein (FSV Mainz 05) zunächst aufgrund eines auf 3 Jahre befristeten Vertrags als Lizenzfußballspieler beschäftigt. Unmittelbar anschließend schlossen die Parteien im Sommer 2012 erneut einen auf 2 Jahre befristeten Vertrag. Die von Müller erhobene Klage auf Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Eine Befristung ohne Sachgrund sei wegen der Überschreitung der Höchstbefristungsdauer von 2 Jahren nicht mehr in Betracht gekommen. Der zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag habe auch nicht wegen eines Sachgrundes befristet werden dürfen. Lägen andere Sachgründe – etwa in der Person aufgrund des eigenen Wunsches des Profisportlers – nicht vor, so rechtfertigt die Ungewissheit der zukünftigen Leistungsentwicklung auch im Profisport nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses. Die Eigenart der Arbeitsleistung als Profifußballspieler  rechtfertige danach als solche nicht eine Befristung des Vertrags. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Mainz-Boss und DFB-Vize Harald Strutz wird von Bild mit den Worten zitiert: „Natürlich werden wir Einspruch einlegen wegen der Wichtigkeit für den Profifußball.“ Und: „Das könnte man mit dem Bosman-Urteil vergleichen. In der Praxis heißt das, wird hätten keine Fluktuation mehr im Verein und müssten im Prinzip 50 Spieler bis zur Rente bezahlen.“ Man darf gespannt sein, wie der Sachverhalt in höheren Instanzen bewertet wird. Auch wenn befristete Verträge im professionellen Sport gang und gäbe sind, rechtfertigt dies allein noch nicht die Befristung. Auch der Verschleiß durch längere Ausübung der Tätigkeit und das Abwechslungsbedürfnis des Publikums dürften kaum ausreichen. Am ehesten tragfähig erscheint mir noch der Gedanke von Backhaus in seiner APS-Kommentierung (§ 14 TzBfG Rz. 298): Die Einpassung von Spielern in Mannschaften ist nicht objektivierbar. Das kann zusammen mit der berufstypischen Fluktuation zum Saisonwechsel nach § 14 I Nr. 4 (Eigenart der Arbeitsleistung) die entsprechende Befristung rechtfertigen.“

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8 Kommentare

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Eine berufstypische Fluktuation ist keine Eigenart der Arbeitsleistung. Eine solche ist vielleicht bei Bauprojekten (Arbeitsleistung endet mit Fertigstellung) oder Saisonarbeit gegeben, aber nicht beim ganzjährigen Spielbetrieb im Profifußball.

Eine grundsätzliche Bedeutung ist auch etwas übertrieben - da die meisten Spieler sich nicht ewig an einen Verein binden wollen (erleichterter Wechsel bei Ablösefreiheit, Ausstiegsklauseln), dürfte es kein Problem sein, den Wunsch des Spielers nach Befristung in den Vertrag aufzunehmen.

und dazu noch ein schöner Streitwert für den Kollegen Kletke. 

 

Wer das also bei Lahm oder Schweinsteiger durchzieht (10 Mio / Jahr) darf sich alleine bei der Entfristung über 25.000 Nettogebühren freuen und wird Fachanwalt für hohe Streitwerte....

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Ganz generell zielen viele gesetzliche Regelungen im Arbeitsrecht darauf ab, einen hilflosen kleinen armen Arbeitnehmer gegenüber seinem großen mächtigen reichen Arbeitgeber vor Ausbeutung und Übervorteilung zu schützen.

Spieler in der ersten Fussball-Bundesliga haben aber ein derart starkes und privelgiertes Standing, und werden derart außergewöhnlich gut bezahlt, daß sie nicht in dem gleichen Maße schutzbedürftig erscheinen wie ein normaler durchschnittlicher Arbeitnehmer.

Jedenfalls, wenn die Bundesliga-Vereine zukünfig allen Spielern ihr Gehalt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zahlen müßten, wären die Spieler dann in einer sehr viel besseren und mächtigeren Position als die Vereine.

Und die Bundesligavereine würden (mal von Wolfsburg und Leverkusen, die aus Konzernkassen gesponsort werden, abgesehen) relativ verarmen, und im internationalen Wettbewerben mit Mannschaften aus England, Spanien und Italien nicht mehr mithalten können.

Die Profi-Spieler der 1. Fussball-Bundesliga werden durch das Arbeitsrecht eigentlich jetzt schon überprivelegiert.

Wo man aber eine Grenze ziehen soll, ob nur für die 1. Liga, oder auch für die zweite, oder auch für die Dritte, oder bei einer bestimmten Gehaltsgrenze (etwa wenn die Bezüge das zehnfache eines Arbeitnehmer-Durchschnittseinkommens übersteigen), weiß ich auch nicht.

 

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@ Fußballfan: alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Das Arbeitsrecht gilt auch für Manager, die Millionen verdienen (erst neulich wurde eine Regresspflicht wegen Kartellabsprachen verneint). Internationale Konkurrenzfähigkeit des Arbeitgebers ist kein Kriterium, ob ein Gesetz angewandt wird oder nicht (die ist mit dem neuen TV-Vertrag der PL sowieso nicht gegeben).

Und wie bereits erwähnt, ist eine Befristung aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen (Wunsch des Spielers), nach wie vor möglich. Auch mehrfach hintereinander und über 2 Jahre hinaus.

Eine vollständige Anwendung des Arbeitsrechts auf Profifussballer hätte noch erhebliche weitere Auswirkungen, beispielsweise bei der Kündigung.

Eine arbeitnehmerseitige Kündigungsfrist von 4 Wochen (die man bei unbefristeten Verträgen nicht ausschließen kann) würde noch einiges mehr in Unordnung bringen als die Einschränkung der Befristung als solches.

 

 

Echte Rentenverträge würde es ohnehin kaum geben. Kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht mehr ausüben, bleiben immer noch personenbedingte Kündigungen.

Ist nur eine Frage der richtigen Definition der geforderten Leistung.

Und: wer nen unbefristeten Vertrag will, wird auch entsprechend weniger Geld pro Monat bekommen.

I.S. schrieb:

Eine vollständige Anwendung des Arbeitsrechts auf Profifussballer hätte noch erhebliche weitere Auswirkungen


Sind Sie denn der Meinung, dass es Branchen gibt oder geben soll, in denen das Arbeitsrecht nicht angewendet werden soll, auch wenn es um abhängige Beschäftigung geht?
Das würde auf ein seltsames Verständnis des Rechtsstaats hindeuten.

Auf diese Entschiedung hat man als Arbeitsrechtler doch lange gewartet und sie ist absolut richtig, alles andere ist doch auch Unsinn. Die Branche mag zwar mit der Realität der meisten Arbeitnehmer nichts zu tun haben und an Zynismus kaum zu überbieten sein (Kündigung von Büromitarbeitern bei Fußballvereinen wg. MiLog als Beispiel, während 50 Mio Gehaltskosten im Jahr im Kader stehen...) aber das darf doch nicht dazu führen, dass ohne gesetzliche Ausahmeregelung, die Grundsätze der Befristung außer Kraft gesetzt werden.

 

Insofern müssen sich die Klubs dann eben mal ordentlich beraten lassen, wie andere Arbeitgeber auch.

 

 

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Ein Fußballspieler ist aber auch kein "normaler" Arbeiter... dafür fehlen die meisten Angaben im Vertragswerk.

 

1. Frage wo wird die Wöchentliche Arbeitszeit festgelegt ?

2. Wie schaut das mit Überstunden dann aus ?

3a. ist ein Fußballspieler eigentlich nicht ein Künstler ? ( gerade bei Brasillianern mit ihren Künsternahmen )

3b. ist er auch nicht deswegen ein Künstler weil er einen eigenen Manager hat ?

4. Prämen für jedes kleine extra bekommen ? ( mit linken Fuß Tor gemacht 10 € z.B.)

5. er mit seinem Verdienst keine Probleme hat ein "normales" Altersleben vorzufinanzieren

was andere die solch einen Schutz wirklich brauchen nicht haben.

 

 

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