Dieselben Richter wie im Vorprozess beim Anwaltsregress?

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 07.03.2015
Rechtsgebiete: AnwaltsregressVergütungs- und Kostenrecht4|2906 Aufrufe

Der BGH hat sich im Beschluss vom 18.12.2014 – IX ZB 65/13  - mit der Frage befasst, ob die Mitwirkung der im Vorprozess mit der Sache befassten Richter bei dem Erlass der Entscheidung im späteren Anwaltshaftungsprozess einen gesetzlichen Ausschlussgrund oder einen Ablehnungsgrund wegen der Besorgnis der Befangenheit darstelle und diese Frage jeweils verneint. Im konkreten Fall ging es um einen Regressanspruch, nachdem die Berufung gegen ein klagabweisendes Urteil nicht rechtzeitig begründet worden war. Nach dem BGH sei es einem Richter bei einer Zweitbefassung mit einem Sachverhalt zuzumuten, sich von dessen früherer rechtlicher Beurteilung zu lösen und den Fall neu zu durchdenken.   Ich bin skeptisch, ob hier wirklich ein objektiver Blick möglich ist, wenn es im Kern um die Frage geht, ob die Berufung gegen das eigene Urteil erfolgreich gewesen wäre.

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4 Kommentare

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Es dürfte hier völlig lebensfremd sein, davon auszugehen, dass der vorbefasste Richter, der eine Klage abgewiesen hat, nunmehr völlig unvoreingenommen die Frage der Erfolgsaussichten einer gegen dieses Urteil eingelegten und ordnungsgemäß begründeten Berufung "neu durchdenken" kann. Das Kriterium der Zumutbarkeit für den Richter ist meiner Ansicht nach hier nicht zielführend. Es kommt doch darauf an, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, siehe § 42 Abs. II ZPO.

Gem. § 41 Ziffer 6 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes schon kraft Gesetzes ausgeschlossen in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt. Es handelt sich zwar im konkreten Fall nicht um einen früheren Rechtszug, aber so ganz abwegig scheint eine Analogie in diesem Fall doch nicht zu sein.

Aber der BGH geht wohl davon aus, dass Richter von Berufs wegen alle Vorbefassungen, Meinungen und Persönliches an Eingang des Gerichts hinter sich lassen. Ich halte die Entscheidung einfach für falsch. Die betroffenen Parteien können nur darauf hoffen, dass natürliche Fluktuation zu einer veränderten Besetzung des auch für den Regressprozess zuständigen Gerichts führt.

CSchiffer schrieb:
Es kommt doch darauf an, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, siehe § 42 Abs. II ZPO.

Leider scheinen weite Teile der Rechtsprechung hier Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines einzelnen Richters mit Misstrauen gegenüber der Justiz als solcher zu verwechseln: "Wenn Kollege X befangen sein kann - dann könnten wir ja auch alle befangen sein!"

Anders kann ich persönlich mit den beeindruckenden Korpsgeist nicht erklären, den die Gerichte in dieser Thematik an den Tag legen. Würde sich ein Richter einen Zacken aus der Krone brechen oder einen Saum von der Robe reißen, wenn er sich bei einer Sache mal zurücknähme? Gerade die teilweise sehr dickfällige Zurückweisung von Befangenheitsanträgen bestärkt m. E. die Besorgnis der Befangenheit noch mehr. Wer in einer Sache kein persönliches Interesse hat, würde sich doch daran auch nicht festklammern wie ein Ertrinkender an den Rettungsring. Eine Ablehnung ist für den Richter als Person doch erst einmal positiv - ein Fall weniger.

Oder geht es vielleicht genau um das - die Sorge, dass sich Richter ihrer Fälle durch Befangenheitserklärungen entziehen?

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Leser schrieb:

Oder geht es vielleicht genau um das - die Sorge, dass sich Richter ihrer Fälle durch Befangenheitserklärungen entziehen?

Jedenfalls geht es darum, dass das Recht auf den gesetzlichen Richter, Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG, nicht durch Eröffnung von Gestaltungsspielräumen ausgehölt wird. Deswegen darf ein Richter nicht "einfach so" seine eigene Befangenheit bejahen.

Die Gefahr sehe ich bei dem im Blogbeitrag beschriebenen Fall allerdings nicht.

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Leser]</p> <p>[quote=CSchiffer schrieb:
Eine Ablehnung ist für den Richter als Person doch erst einmal positiv - ein Fall weniger.

 

Naja, es gibt ja immer einen anderen Fall stattdessen...

Ich meine auch, dass man es sich im Spannungsfeld des gestzlichen Richters nciht allzu leicht machen darf. Aber zugegeben ist der vorliegende Fall doch ein besonderer...

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