WLAN Hotspots und Haftung für fremde Inhalte: Haftungsrisiken für „besonders gefahrgeneigte Dienste“

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 25.02.2015

Das Thema WLAN-Haftung hatten wir schon mehrfach hier im Blog. Lesenswert dazu ein kurzer SPON Artikel. Bislang gibt es nur einen Referentenentwurf vom 17.02. zur Novelle des TMG (2.TMÄndG).  Zwei Punkte fallen auf:

(a) §8 TMG regelt  die Verantwortlichkeit von Internetprovidern mit einer Haftungsfreistellung für "fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln.“ Diese Privilegierung soll  künftig "auch für Diensteanbieter" gelten, "die Nutzern den Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk (WLAN) zur Verfügung stellen.“

Der Entwurf hat drei Ziele:

•           Präzisierung“ der Haftung von Anbietern von WLAN-Internetzugängen.

•           Klarstellung, dass solche Anbieter Zugangsanbieter i.S.d .TMG sind.

•           Keine Haftung als Störer, wenn der Provider bestimmte, im Gesetz vorgeschriebene Sorgfaltspflichten erfüllt (Verschlüsselung usw.)

(b) Der Gesetzgeber fügt für die Haftungsprivilegierung für fremde Inhalte  den Terminus „besonders gefahrgeneigter“ Dienst“ in §10 TMG ein. Ein solcher Dienst soll u.a. dann vorliegen, wenn „die Speicherung der weit überwiegenden Zahl der gespeicherten Informationen rechtswidrig erfolgt.“  Ein anderer Fall von einem solchen Dienst ist, dass der Diensteanbieter durch eigene Maßnahmen gezielt die Gefahr einer rechtsverletzenden Handlung fördert.“ Drittens liegt ein solcher Dienst vor, wenn „in vom Dienstanbieter veranlassten Werbeauftritten mit der Nichverfolgbarkeit bei Rechtsverstößen geworben wird. Die vierte Fallgruppe umfasst diejenigen Dienste, bei denen „keine Möglichkeit besteht, rechtswidrige Inhalte durch den Berechtigten entfernen zu lassen.“

Diese Einstufung hat Konsequenzen: In diesen Fällen wird die Kenntnis von Tatsachen und Umständen, aus denen die „rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird“, vermutet.  § 10 (1) TMG regelt:

"Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern sie

  1. keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle vom Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird")."

Gegenwärtig sieht der Fahrplan für ein Gesetz vor, dass Fahrplan“, dass der Entwurf im Mai 2015 in das Kabinett gehen soll.

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12 Kommentare

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axel.spies schrieb:

Was halten Sie von diesem Konzept?

 

Der hier dargestellte Teil oder das, was Spon dazu schreibt?

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Das TMG gilt nach § 3 nur für Betreiber von Servern, die im Geltungsbereich der EG-Richtlinien stehen. Gerade solche Webseiten, die als "besonders gefahrgeneigter Dienst" gelten sollen, werden schon bisher außerhalb dieses Geltungsbereichs gehostet.

Einziger Effekt: es macht es der GVU bzw. deren Unternehmen leichter, von vornherein aussichtslose Klagen in D einzureichen.

Fazit: erfolgreiches Lobbying mit der einzigen Wirkung, dass die Gerichte noch mehr überlastet werden.

Guter Punkt. Die Kriterien für den  "besonders gefahrgeneigter Dienst" scheinen mir auch sehr vage zu sein. Was meinen Sie?

axel.spies schrieb:

Guter Punkt. Die Kriterien für den  "besonders gefahrgeneigter Dienst" scheinen mir auch sehr vage zu sein. Was meinen Sie?

Ich frage mich, inwiefern das Bewerben genereller Sicherheits- und Datenschutzmaßnahmen auch das Werben mit der Nichtverfolgbarkeit von Rechtsverstößen impliziert.

Die Formulierung "Dienste, bei denen „keine Möglichkeit besteht, rechtswidrige Inhalte durch den Berechtigten entfernen zu lassen.“" scheint mir auch problematisch. Was ist ein rechtswidriger Inhalt, und wer der Bererchtigte? Wäre nicht zweckmäßiger, von rechtsverletzenden Inhalten und dem Verletzten zu sprechen? Wenn hingegen Universalrechtsgüter einbezogen werden sollen, dürften staatliche Stellen die Berechtigten sein. Also wären die Rechtsfolgen dieser Regelung daran geknüpft, dass der Dienstanbieter den Behörden keinen "bequemeren" Weg anbietet, unterhalb ihrer geregelten Eingriffsbefugnisse tätig zu werden. Verfassungsrechtlich zulässig?

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Wird spannend, inwiefern das Betreiber von Tor-Relays (speziell Exit-Relays) und VPN-Anbieter betreffen wird. Ich sehe vor mir, wie wir vor Gericht "beweisen" müssen, dass das Mißbrauchspotential gleichauf liegt mit z.B. dem von Internetanbietern wie der Deutschen Telekom. Am Ende schafft man hier eine Hintertür mit sehr flexibel einsetzbaren Begriffen (Was ist die Definition eines "besonders gefahrgeneigten" Dienstes?), die für mich als Nicht-Jurist die eigentliche Intention des TMG und Datenschutzrechte/Datensparsamkeit so ziemlich komplett aushebelt.

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@ "Dienste, bei denen „keine Möglichkeit besteht, rechtswidrige Inhalte durch den Berechtigten entfernen zu lassen.“" Rechtswidriger Inhalt = Inhalt, der ohne Berechtigung verbreitet wird (meist Raubkopie bzw. Inhalt, dessen Kopierschutz geknackt wurde), Berechtigter = Inhaber des Verbreitungsrechts (meist der Verlag bzw. Vertrieb). Das läuft bei den beliebtesten One-Click-Hostern mit Sitz im Geltungsbereich der Richtlinien aber ins Leere, denn die haben aufgrund des DMCA meist derartige Möglichkeiten.

@ "Dienste, bei denen die Speicherung oder Verwendung der weit überwiegenden Zahl der gespeicherten Informationen rechtswidrig erfolgt" richtet sich vermutlich an Foren wie boerse.bz und deren Klone, die nur die Links zu den Inhalten veröffentlichen. Da wird es aber schwierig zu beweisen, dass die "überwiegende Zahl der gespeicherten Informationen" rechtswidrig erfolgt: die Zeichenketten der Links sind nicht besonders umfangreich (erst mit 1000 alphanumerischen Zeichen im Quelltext ist ein Kilobyte erreicht - und der Link zu einem Linkcontainer ist vielleicht 20 Zeichen lang, also 0,02 KB groß). Sie nehmen in entsprechenden Foreneinträgen sicher nicht die "überwiegende Zahl der gespeicherten Informationen" der vom Forenbetreiber gespeicherten Webseite ein. In diesem Beispiel sind von den knapp 2 MB, die der Browser anzeigt, nur 170 KB beim Webseitenbetreiber (erste Zeile), also Diensteanbieter nach TMG, selbst gespeichert - wenn von diesen umgerechnet 170.000 Zeichen 1000 zu "rechtswidrigen Inhalten" führen (Links zu den anderswo gespeicherten Bildern und Videodaten), dürfte das schon hoch gegriffen sein. Mehr als die Zeichenkette für den Link speichert der Forumsbetreiber ja nicht - ganz abgesehen davon, dass diese Server so gut wie nie in der EU stehen und allenfalls das StGB, aber nicht das TMG anwendbar ist und somit egal ist, dass es bei solchen Foren keine Möglichkeit gibt, die rechtswidrig veröffentlichten Downloadlinks entfernen zu lassen.

@ "in vom Diensteanbieter veranlassten Werbeauftritten mit der Nichtverfolgbarkeit bei Rechtsverstößen geworben wird" zielt vermutlich auf Werbeaussagen wie "Downloaden - anonym und sicher".

@ "der Diensteanbieter durch eigene Maßnahmen gezielt die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert" - schwammiger geht es kaum noch. Auf die Beispiele bin ich mal gespannt und auch, wie zwischen "gezielt" und ungezielt unterschieden werden soll.

Da es hier insgesamt um (privatrechtliche) Haftung (und Schadenersatz) geht, muss aber der Anspruchssteller (Rechteinhaber) beweisen, dass die im TMG genannten Kriterien zutreffen. Das wird viel Arbeit für viele teure Anwälte.

"....und den Namen des Nutzers kennen"

 

welche Verfahren kommen dafür in Frage um Rechtssicher zu sein? Ausweis/Email/SMS/Socialmedia(FB/Xing/Twitter/Linkedin/Google)?

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Hierzu jetzt auch der Artikel:

http://www.n-tv.de/technik/Regierung-legt-Entwurf-fuer-WLAN-Gesetz-vor-article14685676.html

In der Tat: "Private WLAN-Anbieter müssen ihre Nutzer zusätzlich namentlich kennen - das gilt beispielsweise für Familienmitglieder oder Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft", so das Ministerium. "

Landen wir " in der digitalen Steinzeit" - so der Netzverein Digitale Gesellschaft?

 

Das Neueste:

Zitat: "BerlinDer Gesetzentwurf der schwarz-roten Regierungskoalition zur Haftung von Wlan-Betreibern gefährdet nach Einschätzung des Branchenverbandes Eco auch viele Cloud-Dienste, Medien-Plattformen und Social-Media-Dienste. In dem umstrittenen Gesetzentwurf werde die gesamte Branche der Host-Provider wie Strato oder Dropbox torpediert, weil der „schwammige und unausgegorene Begriff des „gefahrengeneigten Dienstes““ eingeführt werde, sagte der Eco-Vorstand Politik & Recht, Oliver Süme. Denn für solche Dienste soll die vorgesehene Haftungsbefreiung der Host-Provider nicht gelten."

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/dropbox-strato-und-co-wlan-gesetz-soll-cloud-dienste-gefaehrden/12323886.html?nlayer=News_1985586

Wie ist Ihre Meinung dazu?

Wichtige Ergänzung:

@ "Dienste, bei denen die Speicherung oder Verwendung der weit überwiegenden Zahl der gespeicherten Informationen rechtswidrig erfolgt"

Das betrifft so gut wie alle Internetarchive, sei es archive.org, webcitation.org, archive.is, thefreelibrary.com usw. - ja sogar den Google Cache! Keiner dieser Dienste holt voher vom Seitenbetreiber eine Erlaubnis ein, ob er dessen urheberrechtlich geschützte Inhalte kopieren darf! Mit Sitz in den USA berufen sich die meisten Anbieter auf fair use, aber das ändert nichts an der Illegalität in WTO-Ländern, u.a. Deutschland.

Der BGH hat jedoch 2010 entschieden, dass auch die Verlinkung von rechtwidrigen Inhalten vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist (Heise/Slysoft/AnyDVD-Entscheidung). 

Und jetzt sollen WLAN-Anbieter die Grundrechte einschränken, indem sie google.com sperren?

Was für ein Amateurtheater.

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