Wieder ein Streit weniger

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 03.02.2015
Rechtsgebiete: Familienrecht1|3327 Aufrufe

Ein Ehepaar trennt sich. Das minderjährige Kind bleibt bei dem Vater. Dieser richtet eine Beistandschaft für das Kind ein. Sodann nimmt das Kind, vertreten durch das Jugendamt als Beistand, die Mutter auf Kindesunterhalt in Anspruch.

Das geht doch nicht sagt die Mutter: Gemäß § 1629 III BGB hätte der Vater im eigenen Namen und in Verfahrenstandschaft vor Gericht auftreten müssen. AG und OLG geben ihr recht (was in der Tat zum Teil vertreten wird).

Anders der BGH (v. 29.10.2014 - XII ZB 250/14 = NZFam 2015, 66)

Gemäß § 1713 I 2 BGB kommt es für die Berechtigung des Antrags auf Einrichtung einer Beistandschaft bei gemeinsamer elterlicher Sorge allein darauf an, dass sich das Kind in der Obhut des Ast. befindet. Eine Beschränkung dahingehend, dass der Antrag nicht von einem verheirateten Elternteil gestellt werden kann, findet sich im Gesetz nicht. Demgemäß hält auch das BeschwGer. eine Beistandschaft bei außergerichtlicher Tätigkeit für zulässig.

Ebenso wenig schließt der Wortlaut des § 1629 III 1 BGB den wirksam bestellten Beistand von der gerichtlichen Geltendmachung des Kindesunterhalts aus. Diese Norm ordnet lediglich an, dass derbetreuende Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen kann. Zwar folgt daraus, dass der betreffende Elternteil das Kind im Unterhaltsverfahren selbst nicht gesetzlich vertreten kann. Das schließt die Vertretung des Kindes durch das Jugendamt als Beistand indes nicht aus (s. auch Knittel, JAmt 2007, 40 [41]).

Entsprechendes ergibt sich auch aus einer teleologischen Auslegung.

Zweck des § 1629 III 1 BGB ist es zu verhindern, dass das Kind in den Streit der Eltern „förmlich als Partei einbezogen wird“ (BT-Drs. 13/4899, 96). Demgegenüber ist die Erstreckung der Beistandschaft nach §§ 1712 ff. BGB auf Eltern, die die gemeinsame Sorge innehaben, von dem Gedanken getragen, Kinder solcher Eltern nicht schlechter zu stellen als Kinder, bei denen ein Elternteil die elterliche Sorge allein ausübt. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung: „Auch bei beibehaltener gemeinsamer Sorge kann eine Beistandschaft des Jugendamts sinnvoll oder sogar notwendig sein. Die Neuregelung erspart es dem betreuenden Elternteil in diesem Fall, einen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für den Aufgabenkreis Unterhalt allein zu dem Zweck zu beantragen, eine Beistandschaft des Jugendamts für das Kind zu erreichen“ (BT-Drs. 14/8131, 10).

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1 Kommentar

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Spannend wird es dann mit der Prozessführungsbefugnis und Sachlegitimation des Kindes erst wieder, wenn die Beistandschaft mitten im Verfahren beendet wird, z.B. weil der antragstellende Elternteil die Beistandschaft beendet und doch zum Rechtsanwalt geht oder das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland begründet oder gar die Obhut zum anderen Elternteil wechselt und dadurch die Beistandschaft endet. Ob dann die gesetzliche Prozessstandschaft des § 1629 III BGB wieder greifen soll und ein quasi gesetzlich bedingter Beteiligtenwechsel erforderlich wird, der dann wieder neue Probleme schafft?

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