Verkehrsgerichtstag wirft Schatten voraus: § 24a StVG für Radfahrer bei 1,1 Promille

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 27.01.2015
Rechtsgebiete: FahrradStrafrechtVerkehrsrecht11|3837 Aufrufe

Natürlich ist es nicht sinnvoll, wenn ein Radfahrer mit zu viel Alkohol im Blut fährt. Aber: Muss da eine OWi draus gemacht werden? Der morgen beginnende VGT wird sich damit wohl befassen. Die Stimmungslage scheint wohl dahin zu gehen, eine 1,1 Promille-Grenze (wie die 0,5 Promille-Grenze für Kfz-Führer in § 24a StGB) einzuführen. Kann man machen - muss man aber nicht. Was meinen die Blogleser dazu? Gibt es wirklich auf einmal ein Problem mit alkoholisierten Radfahrern?

hier ein Artikel aus Spiegel-online dazu:  http://www.spiegel.de/auto/aktuell/alkohol-und-fahrrad-experten-fordern-...

Hentschel † / Krumm | Fahrerlaubnis | Alkohol | Drogen | Cover

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Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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11 Kommentare

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Denke ich an meine Schulzeit und an meine Bundeswehrzeit und an meine Studentenzeit zurück, dann stellte sich damals fast jedes Wochende die Frage, ob man mit dem Auto fährt (auf dem Heimweg dann eventuell auch angetrunken) oder mit dem Fahrrad (auch insoweit auf dem Rückweg möglicherweise angetrunken).

Meistens sind wir dann mit dem Fahrrad gefahren, weil wir dabei nie von der Polizei angehalten und nie bestraft wurden.

Wenn die Polizei zukünftig aber auch Fahrradfahrer anhalten und denen den Führerschein abnehmen würde, dann würden sich viele junge Leute wohl sagen, daß sie dann ja auch gleich mit dem Auto fahren können.

Fahrradfahrer, die ohne Licht im Dunkeln über die Straßen fahren, sind meiner Meinung nach gefährlicher, als Fahrradfahrer, die drei Bier getrunken haben.

Fahrradfahrer, die (alkoholbedingt) verkehrsgefährdent fahren, muß man natürlich anhalten und (ggf. auch mit Führerscheinentzug) bestrafen, aber dafür dürften die bisherigen Regelungen wohl völlig ausreichen.

Die bisherigen Regelungen werden aber kaum angewandt, wie man jedes Jahr an Vatertag sehen kann, wenn sturzbetrunkene Männerklubs mit Ihren Fahrrädern (und nicht selten mit unversteckten Anhängern mit Bierfässern) die Umgebung unsicher machen.

Diese Vatertagsradler haben offensichtlich oft weit mehr als 1,1 Promille getankt, sondern oft eher wohl das Doppelte oder mehr, und sie werden trotzdem nicht angehalten oder kontrolliert oder bestraft - vielleicht haben die Innenminister und die Polizei da Angst, sich bei Wählern und Kleinbürgern unbeliebt zu machen?

Statt es zu kriminalisieren, wenn Schüler oder Studenten nach einer Fete leicht angetrunken mit dem Fahrrad nach Hause fahren, sollte man lieber einmal gegen die volltrunkenen Erwachsenen vorgehen, welche an Vatertag oder Karneval oder anlässlich von Schützenfesten als PKW-Fahrer, als Fahrradfahrer und teilweise auch als Fußgänger den Verkehr unsicher machen.

Außerdem sollte man auch gegen diejenigen Wirte und (Karnevals- oder Schützen-)Vereine vorgehen, welche bereits erheblich angetrunkenen Personen immer weiter immer noch mehr Alkohol ausschenken, und aus bis dahin lediglich angetrunken (und dadurch in ihrer Selbstbeherrschung und Steuerungsfähigkeit leicht beeinträchtigten) Menschen volltrunkene (und damit unbeherrschte und weitgehend steuerungsunfähige) Menschen machen.

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"Fahrradfahrer, die (alkoholbedingt) verkehrsgefährdent fahren, muß man natürlich anhalten und (ggf. auch mit Führerscheinentzug) bestrafen, aber dafür dürften die bisherigen Regelungen wohl völlig ausreichen."

 

Tun sie nicht, ein Führerscheinentzug etwa ist nicht möglich (§ 69 StGB gilt nur für Kfz). Einen Entzug des Führerscheins ist ja anscheinend gar nicht gewollt.

 

Ich halte das Argument, ohne Licht zu fahren ist viel schlimmer, nciht für überzeugend, beides ist ein Unding. Vielleicht muss man mal Ermittlugnsakte nach tödlichen Unfällen besoffener Rasfahrer gesehen haben, um Sympathie für eine Regelung zu haben.

 

Sie schreiben weiter:

 

"Außerdem sollte man auch gegen diejenigen Wirte und (Karnevals- oder Schützen-)Vereine vorgehen, welche bereits erheblich angetrunkenen Personen immer weiter immer noch mehr Alkohol ausschenken, und aus bis dahin lediglich angetrunken (und dadurch in ihrer Selbstbeherrschung und Steuerungsfähigkeit leicht beeinträchtigten) Menschen volltrunkene (und damit unbeherrschte und weitgehend steuerungsunfähige) Menschen machen."

 

das wird gar nicht so unselten gemacht in der Praxis.

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Ein Ausblick auf das Jahr 2021:

Der Verkehrsgerichtstag feiert das einjährige Bestehen der 1,1-Promille-Grenze für Radfahrer.  Nachdem der Gesetzgeber dem jahrelangen Lobbying endlich nachgegeben hatte, wird die Kampagne zum Vorbild für das nächste Großprojekt: die 1,1-Promille-Grenze für Fußgänger. Entgegen landläufiger Vorstellungen gefährdeten betrunkene Fußgänger nicht nur sich selbst, sondern auch andere Radfahrer und Fußgänger, sagte eine Sprecherin des Automobilklubs von Deutschland (AvD).

Man erhofft sich dadurch einen ähnlichen Effekt wie durch die Einführung der Promillegrenze für Radfahrer: die Zahl der pro Jahr von betrunkenen Radfahrern Getöteten konnte von 2 auf 1 gesenkt werden. "Eine Reduzierung der Verkehrstoten um die Hälfte rechtfertigt jede noch so bevormundend erscheinende Maßnahme" wird der ADAC-Sprecher Andreas Hölzl zitiert. Dass die Durchsetzung der Promillegrenze für Radfahrer Ressourcen binde und wegen verringerter Kontrollen die Anzahl der von betrunkenen Autofahrern Getöteten von 350 auf 420 gestiegen sei, sei dagegen zu verschmerzen. "Schließlich handelt es sich nur um einen Anstieg von 20%, weit weniger als die 50% Rückgang, die bei Radfahrern erreicht worden sind", so der Auto Club Europa (ACE).

Auch über einen Ganzkörperairbag und die Helmpflicht für Fußgänger werde bereits nachgedacht.

Krefelder Drahteselfreund schrieb: "Fahrradfahrer, die ohne Licht im Dunkeln über die Straßen fahren, sind meiner Meinung nach gefährlicher, als Fahrradfahrer, die drei Bier getrunken haben."

Dem kann ich nur zustimmen.

Ich habe noch nie gesehen, dass betrunkene Radfahrer ernsthaft den Verkehr gefährdet hätten. Aber wenn es darum geht, wie man die Freiheit des Normalbürgers sinnlos eimnzuschränken, sind deutsche Politiker fantasiereich.

Fahrradfahrer ohne Licht sind wirklich gefährlich. Neulich sah ich quer vor mir in stockfinsterer Nacht einen gänzlich unbeleuchteten Fahrradfahrer in dunkler Kleidung, der im ebenso unbeleuchteten Babyanhänger sein Baby hinter sich zog.

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@ bombjack: das ist bereits dem oben verlinkten Spiegel-Artikel zu entnehmen und da geht es nur um - erlaubte! - Selbstgefährdung.

Wie viele andere Verkehrsteilnehmer werden denn durch Radfahrer, die mehr als 1,1 Promille im Blut haben, verletzt oder getötet? Ich habe keine Zahlen gefunden - vermutlich sind sie so klein, dass sie nicht sichtbar sind.

Bisher wird eine Fremdgefährdung, die die Einführung eines abstrakten Gefährdungsdelikts alleine aufgrund von Alkoholkonsum rechtfertigen würde (eine konkrete Straßenverkehrsgefährdung ist auch für Fußgänger und Radfahrer bereits jetzt strafbar), nur behauptet. Ohne jeden Beleg.

Derart substanzloses Lobbying sieht man wirklich selten.

@Mein Name

Yep....wenn überhaupt dann könnte man eine Fremdgefährdung für Fußgänger annehmen....und ich wette, auch jetzt schon, wenn da etwas passieren sollte, dann ist man als besoffener Radfahrer fällig.

Ferner Personenschäden.....werden da dann auch die Eigenunfälle dazu gezählt, wenn es da einen Besoffenen "stangelt"? Wenn ja, dann sind die Zahlen ohne Aussagekraft....

Sprich so eine Grenze ist nicht nötig.....

bombjack

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Ich bin der Meinung, dass man einem betrunkenen Fahrradfahrer nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen die Fahrerlaubnis entziehen können sollte. Etwa, wenn die Schwelle zur Alkoholsucht erreicht ist, aber das dürfte ja jetzt schon für eine Entziehung reichen. Im Regelfall zeigt der betrunkene Radfahrer dadurch, dass er das Auto stehen lässt, das er zumindest die wesentlich kleinere Gefährdung wählt. Kann er wegen Radfahrens den Führerschein verlieren, gibt es weniger Anreiz, das Auto stehen zu lassen. Das ist, meine ich, das falsche Signal.

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Die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung warnte einmal, daß man durch den Konsum von 0,5 Liter Bier (oder 0,2 Liter Wein) bereits 0,5 Promille bekommen könne.

Demenstprechend dürfte ein Aperetif und zwei Bier (oder zwei Gläser Wein) bereits ausreichen, um auf 1,1 Promille zu kommen.

Davon mag der eine oder andere vielleicht bereits etwas beschwippst sein, aber damit ist man noch lange nicht besoffen.

Meiner Erfahrung nach kann man damit immer noch Fahrradfahren, ohne zu einer Gefahr für seine Mitmenschen zu werden.

Stinkbesoffen bzw. sturztrunken sollte natürlich niemand fahrradfahrn, aber das ist man mit 1,1 Promille noch lange nicht.

Die derzeit bestehende 1,6 Promille-Grenze für Fahrradfahrer erscheint mir durchaus ausreichend.

Fahrradfahrer, die sich nicht auffällig verhalten, polizeilich mit der Kelle aus dem Verkehr rauszuwinken und sie zu zwingen anzuhalten und sich kontrollieren zu lassen und in die Tüte zu blasen oder eine zwangsweise Blutprobenentnahme zu dulden, hielte ich für unangemessen. 

U. a. die immer rigoroser werdenden Rauchverbote zeigen allerdings, daß unsere Spitzenbeamten und Politiker wohl in Richtung Puritanismus marschieren.

In unserer Demokratie gelten die Bürger zwar als der Souverän, und es heißt offiziell immer wieder das die Bürger mündig seien (und demnach sollte der Staat seinen Bürgern eigentlich mehr Selbstbestimmung und mehr Eigenverantwortung zutrauen), aber der Staat entwickelt sich seit der geistig-moralischen Wende vom Herbst 1982 immer mehr zum bevormundenen Staat, der den Menschen immer mehr Vorschriften machen will, und der die Bürger immer mehr kontrollieren und fremdbestimmen will, und der seine Gesetze selten liberalisiert, sondern meistens zunehmend verschärft.

Ganz anders als in den schönen unbefangenen liberal-locker-flockigen 1970'er-Jahren.

Kein Wunder, daß heutzutage die neue Volkskrankheit der Deutschen die Depression ist.

Weil wir immer mehr femdbestimmt werden, und weil wir immer mehr kontrolliert werden, und weil wir immer mehr mit gesetzlichen oder sozialen Sanktionen bedroht werden, und weil wir uns immer weniger ausleben dürfen, und weil unsere Freiheit immer mehr eingeengt wird, und uns immer weniger toleriert wird bzw. erlaubt ist.

Manchmal scheint es, als wolle man uns wie auf Obrigkeit und Befehl und Gehrorsam fixierte Schäferhunde erziehen, dabei entspricht unsere Natur weniger den folgsamen Schäferhunden, als vielmehr eigenwilligen und freien (oder gar anarchischen) Affen.

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Landstraßen:

In mit Wohnhäusern bebauten Gebieten, sowie in scharfen Kurven, an Kreuzungen, an unübersichtlichen Stellen, oder sonstigen potentiellen Gefahrenstellen, gilt bereits jetzt schon fast überall Tempo 80 oder 70 oder 60 oder 50 km/h.

Wo derzeit 100 km/h erlaubt ist, handelt es sich meist um langgestreckte übersichtliche Landstraßen ohne besondere Gefahrenquellen.

Würde man alle Autofahrer dazu verdonnern, auf solchen wenig Aufmerksamkeit in Anspruch nehmenden Streckent höchstens 80 km/h zu fahren, dann würde die Gefahr steigen, daß aufgrund der Eintönigkeit die Fahrer einschlafen.

Außerdem würde ein Tempolimit von 80 km/h wohl auch dazu führen, daß es sich für Autofahrer in und vor vielen Gemeinden nicht mehr lohnt, auf Umgehungsstraßen auszuweichen.

Anstatt die Umgehungsstraßen zu benutzen, würden dann wohl wieder mehr Autofahrer durch die Städte und Ortschaften fahren (da dies näher ist, und sich der Umweg über die Umgehungstraße nur lohnt, wenn man dort bedeutend schneller vorankommt, was mit Tempolimits auf den Landstraßen aber behindert würde).

Egal wie schnell oder langsam Autofahrer fahren dürfen, es wird immer irgendwelche Leute geben, die verlangen, daß noch langsamer gefahren wird - das ist wohl typisch deutsch.

 

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