Handy am Steuer - wirklich völlig normal?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.12.2014
Rechtsgebiete: HandyBasic ThinkingStrafrechtVerkehrsrecht4|3695 Aufrufe

Meist geht es bei dem Thema "Handy am Steuer" um die Frage: Wo sind noch Lücken bei der Anwendung des § 23 Abs. 1a StVO. Vor kurzem gab es etwa eine Entscheidung des OLG Hamm zur Start-Stopp-Automatik. Lief auch hier im Blog.

Auch wird gerne über die Sinnhaftigkeit der Vorschrift gemeckert.  

Ein lieber Blogleser aus dem "Wilden Süden" der Republik hat mir nun diesen Link zu "basic thinking" gemailt:

 Erschreckende Zahlen: Facebook-Checken ist gängige Beschäftigung beim Autofahren

Jürgen Kroder fordert hier ein Umdenken aller angesprochenen Autofahrer...eigentlich ein ganz guter Zeitpunkt, weil das Thema ja auch beim anstehenden VGT läuft. In der SVR-Ausgabe zum VGT wird es dann auch eine umfassende Arbeitshilfe zum so genannten Handyverstoß geben.

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4 Kommentare

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Man kann natürlich auch die Gegenfrage stellen, nämlich ob ein typisches Verhalten unter Androhung eines Bußgeldes belegt werden sollte. Eine solche Bußgeldandrohung, deren inhaltlicher Sinn nicht wirklich akzeptiert ist, kann in einem Rechstaat eher schädlich wirken.

Ich habe kein Problem bei einem Unfall, der durch Unaufmerksamkeit bei gleichzeitiger Handynutzung verursacht ist, die Fahrlässigkeit zu bejahen. Es gibt aber so viele Verhaltensweisen beim Autofahren (Essen, Trinken, Karte lesen, Jacket ausziehen etc.), die nicht explizit verboten sind, die genauso ablenkend sind. Auch erinnere ich mich an Aussage aus der Zeit, als die Bußgeldnorm erlassen worden ist, mit dem Inhalt, dass die Gefahr die Ablenkung durch das Gespräch sei. Diese Gefahr wird aber gerade nicht bekämpft. Aber das Verbot ist da und wenn man es aufheben würde gebe es viele, die den falschen Rückschluss ziehen würden.

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@ Oph: von "gängig" kann keine Rede sein. Abgesehen davon, dass die Zahlen aus den USA und nicht aus Deutschland sind, lesen "nur" 15% gelegentlich oder öfter SMS oder tun Vergleichbares. Entspricht etwa der Helmtragequote von erwachsenen Stadtradlern, was laut BGH eben nicht das Kriterium "typisches Verhalten" erfüllt. Wenn man jetzt noch davon ausgeht, dass die Ablenkung dort hauptsächlich bei entspannten 88 km/h ohne linksblinkende Drängler (Highway; Indiz: Einführung von "texting zones" mit Hinweisschildern im Bundesstaat New York) oder im Pendler-Dauerstau geschieht, macht es das zwar für die Amis nicht besser, aber für eine Rechtfertigung zum Augenzudrücken noch weniger tauglich.

Bei den bis 25-jährigen sind es allerdings mindestens ein Drittel der Deutschen (Umfrageergebnis 2013, auch mit Zahlen zu anderen Ablenkungen).

Das mit dem "Facebook-Checken" entspricht auch meiner Wahrnehmung. Ich bin recht viel auf Autobahnen unterwegs und nehme immer häufiger Fahrer mit der inzwischen verbreiteten Rundnackenhaltung wahr, Blick nach unten oder gerne auch mal in Richtung Beifahrersitz, wo ganz offensichtlich mit einem Gerät herumgespielt wird. Diese Fahrer sind dadurch gekennzeichnet, dass sie mit ihrem Pkw langsamer als Sattelzüge auf den Fahrspuren unterwegs sind, gerne dabei allmählich noch langsamer werden, um dann ruckartig aufzuwachen und wieder zu beschleunigen oder die Spur zu wechseln.

@oph: Ein Gespräch lenkt auch ab, aber hindert nicht am Geradeausschauen und daran, die Hände am Lenkrad zu halten. Beim "Facebook-Checken" geht das eher nicht. Die meisten Verkehrsregeln udn damit verbundenen Bußgelder (die in Deutschland ohnehin lächerlich gering sind im Vergleich zu manchen Nachbarländern) dienen dazu, Unfälle gar nicht erst entstehen zu lassen, abgesehen davon, dass man - würde man Ihrem Vorschlag folgen -  dem Unfallfahrer nachweisen muss, dass der Unfall wegen einer derartigen Ablenkung geschehen ist.

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Ohne das Verhalten von SMS-Schreibern u.ä. rechtfertigen zu wollen, sorgt das Verbot leider dafür, dass das Handy zur Reduzierung der Entdeckungswahrscheinlichkeit dafür extra tief gehalten wird, was natürlich bedingt, dass die Betroffenen besonders weit von der Straße wegschauen müssen, was die Gefährlichkeit dieses Verhaltens noch mal erhöht.

 

Umgekehrt erschiene es mir manchmal ungefährlicher, die gewünschte Telefonnummer einfach auf meinem Telefon auszuwählen, als mit der absurden Menüführung meines Premium-Navi-Kommunikationspackages im sog. Premiumfahrzeug ... einschließlich der schwachsinnigen Möglichkeit, seine mails (mit komplett zerschossener Formatierung) auf dem Navidisplay einzublenden (nur im Stillstand natürlich ...) oder in Fahrt vorlesen zu lassen.

 

Bevor man aber verpflichtend jeden anderen Müll in Neuwagen einbauen lässt, sollte man mE überlegen, Neuwagen verpflichtend mit Bluetooth Freisprecheinrichtung auszustatten. Ungeachtet der absurd hohen Margen der sog. Premiumhersteller für sowas, dürften die tatsächlichen Mehrkosten wohl deutlich unter EUR 50 liegen und es könnte zumindest die Kleinwagenfahrer bändigen, die mit besonders konstanter Bosheit mit Handy am Ohr telefonieren.

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