BAG: (Keine) Schulung für die Einigungsstelle?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 03.12.2014

Der Arbeitgeber ist gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG verpflichtet, Mitglieder des Betriebsrats für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen freizustellen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Außerdem hat er nach § 40 BetrVG die Kosten dieser Schulungsveranstaltungen zu tragen.

In einem jetzt vom BAG entschiedenen Fall stritten die Beteiligten darüber, ob die Arbeitgeberin die Kosten eines Seminars zur Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) zu übernehmen hat. Zur Überzeugung des Betriebsrats war die Teilnahme an der Schulung u.a. erforderlich, um das Betriebsratsmitglied Frau S in die Lage zu versetzen, im Rahmen einer Einigungsstelle Verfahren und Methoden der Gefährdungsbeurteilung unabhängig zu beurteilen. Frau S war seit 2009 Mitglied einer ständigen Einigungsstelle zum Thema „Gefährdungsbeurteilung", die sich mit der Vereinbarung der Methoden für die anstehenden Gefährdungsbeurteilungen befasste.

Das BAG hat den Antrag des Betriebsrats abgewiesen:

Soweit die Schulung für Frau S dazu dienen sollte, ihr als Mitglied der Einigungsstelle für ihre Arbeit erforderliche Kenntnisse zu verschaffen, treffe den Arbeitgeber keine Kostentragungspflicht. Die Schulung gehöre nicht zu den Kosten der Einigungsstelle nach § 76a BetrVG. Sie gehöre aber auch nicht zu den Kosten des Betriebsrats, da das Betriebsratsamt von der Mitgliedschaft in der Einigungsstelle zu treffen sei. Die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds in der Einigungsstelle gehöre nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats und seiner Mitglieder. Sie könne daher die Erforderlichkeit einer Schulung nicht begründen.

Zwar sei grundsätzlich denkbar, dass Frau S - nicht wegen, sondern trotz ihrer Mitgliedschaft in der Einigungsstelle - Schulungsbedarf als Betriebsratsmitglied habe, dessen Kosten vom Arbeitgeber zu übernehmen seien. Denn es gehöre zu den Aufgaben des Betriebsrats, die Verhandlungen in der Einigungsstelle zu begleiten und sich mit Vorschlägen der Einigungsstelle kritisch auseinanderzusetzen. Um diese Aufgabe in eigener Kompetenz wahrnehmen zu können, könne auch die Schulung eines - in die Einigungsstelle entsandten - Betriebsratsmitglieds erforderlich sein. Im konkreten Fall aber kam eine Besonderheit hinzu: Referenten der Schulungsveranstaltung waren gerade die beiden Personen, die als externe Beisitzer für den Betriebsrat in der Einigungsstelle vertreten waren. Sie waren daher ungeeignet, eine "kritische Auseinandersetzung" mit der Einigungsstelle und deren Tätigkeit zu befördern. Eine Schulung durch ungeeignete Personen kann aber nicht i.S. von § 37 Abs. 6 BetrVG "erforderlich" sein.

BAG, Beschluss vom 20.8.2014 - 7 ABR 64/12, BeckRS 2014, 73223

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