BGH: eBay-Auktion abgeblasen = Schadensersatz

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 12.11.2014

Was halten Sie von der neuen BGH-Entscheidung zur Ebay-Auktion (siehe u.a. FAZ)?

Der Sachverhalt ist laut Pressemitteilung relativ einfach: Der Besitzer (Eigentümer?) eines Wagens hatte die schon laufende Auktion desselben plötzlich abgeblasen. Für den VW Passat hatte er ein Mindestgebot von einem Euro festgesetzt, als er einige Stunden später das Auto  anderweitig für 4200 Euro verkaufen konnte. Daraufhin zog er sein Angebot bei Ebay zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte aber schon jemand dort einen Euro auf das Fahrzeug geboten.  Der Bieter klagte auf Schadenersatz in Höhe des Wertes des Wagens, den er auf 5250 Euro bezifferte. Das OLG Jena gab der Klage statt. Die Revision hatte keinen Erfolg:

Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen. Auch die Wertung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte dem Kläger nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen halten könne, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass das Fahrzeug letztlich zu einem Preis von 1 € verkauft worden ist, beruht auf den freien Entscheidungen des Beklagten, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises ohne Festsetzung eines Mindestgebots eingegangen ist und durch den nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion die Ursache dafür gesetzt hat, dass sich das Risiko verwirklicht“

VIII ZR 42/14 - Urteil vom 12.11. 2014

Vgl. auch LG Koblenz 2009 im Beck-Blog (Porsche for €5,50?] : http://blog.beck.de/2009/04/02/ebay-550-euro-fuer-porsche-trotzdem-kein-schnaeppchen-sondern-verstoss-gegen-treu-und-glauben

Was meinen Sie?

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Viel.

Die Hinweise von Ebay (das sich nicht als "Auktionsplattform", sondern richtigerweise als "Marktplatz" bezeichnet), sind unmissverständlich:

Wie beende ich meine Auktion vorzeitig?

Bin ich an mein Angebot gebunden, auch wenn das Höchsgebot viel zu niedrig ist?

Vertragsschluss über den Ebay-Marktplatz

Ich habe mich beim Einstellen eines Artikels geirrt bzw. vertippt oder mein Artikel wurde beschädigt bzw. ist verloren gegangen. Was kann ich tun? (mit zahlreichen Nachweisen, u.a. OLG Nürnberg)

Entweder man will viele Angebotsaufrufe und Beobachter durch einen 1-EUR-Startpreis und riskiert einen geringen Verkaufserlös oder man hält sich die Schnäppchenjäger mit einem realistischen Mindestpreis vom Hals. Ganz einfach eigentlich und das BGH-Urteil ist nicht überraschend, sondern konsequent.

Am meisten wundert mich, wieso es da überhaupt zu einer Revision kam (aber ich sehe gerade, dass das OLG Nürnberg sie ebenfalls zugelassen hat - warum eigentlich? Wegen des Einwands von § 138 BGB?).

Ebenso hat vor Kurzem das OLG Hamm entschieden, wenn es dem Bieter in einer Ebay-Auktion Schadensersatz zuspricht, der wie in dem nun vom BGH entschiedenen Fall in einer abgebrochenen Auktion bereits ein Gebot abgegeben hatte. 

Der BGH hat bestätigt, dass wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Auktionsplattformbetreibers die Möglichkeit des vorzeitigen Abbruchs einer Auktion beim Vorliegen eines gesetzlichen Grundes vorsehen, das Angebot des Verkäufers aus Sicht des Bieters unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme stehe. Erfolgt diese Angebotsrücknahme jedoch nicht aufgrund einer berechtigten Angebotsrücknahme erwächts dem Verkäufer eine Schadensersatzpflicht.

Insofern ist das Urteil, welches Gegenstand dieser Diskussion ist, eine konsequente und dogmatisch richtigte Entwicklung der Rechtsprechung.

 

Was ich mich jedoch frage ist, ob aufgrund dieser Rechtsprechung der Markt der "Abbruchjäger" geschaffen oder gestärkt wird, also ob es nun lukrativ ist, bei Auktionen, in denen ein hochpreisiger Gegenstand zu einem geringen Startpreis angeboten wird, ein geringes Angebot abzugeben und dann, wenn nicht ohnehin schon der Zuschlag im regulären Geschäftsbetrieb erfolgt, auf einen Abbruch der Auktion zu hoffen und diesen dann zu "versilbern".

Meiner Ansicht nach leben gerade die Auktionsplattformen davon, dass sie eine Spannung hinsichtlich der Preisentwicklung aufgrund der Angebote, die zu einem niedrigen Startpreis eingestellt wurden, aufbauen; wenn nun das Einstellen eines Angebotes zu einem geringen Preis ein hohes Verlustrisiko in sich birgt, wird dadurch der Plattform die Attraktivität entzogen? 

Kommentar hinzufügen