Vertragsumstellung auf IP, sonst droht die Kündigung

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 23.09.2014

Die Verbraucherzentrale Sachsen hat gestern von einem aktuellen Kundenanschreiben der Telekom berichtet, wonach der Kunde entweder von analog oder ISDN auf IP wechselt oder vom Konzern gekündigt wird:

"Kunden, die einen Festnetzanschluss bei der Telekom haben, könnten in diesen Tagen von einem Schreiben des Bonner Telekommunikationsunternehmens überrascht werden. Die Angeschriebenen werden gebeten, sich für einen der neuen Tarife zu entscheiden. Andernfalls müsse die Telekom in absehbarer Zeit den Anschluss kündigen. Die Frage nach den Hintergründen notwendiger Änderungen des laufenden Vertrags wird den Betroffenen nicht weiter erläutert.

Katja Henschler von der Verbraucherzentrale Sachsen erläutert dazu: "Diese Schreiben gehen auf die Ankündigung der Telekom zurück, alle Festnetzanschlüsse auf die moderne IP-Technik umzustellen, also das Telefonieren über Internetprotokoll." Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass man über das Internet telefoniert. Diese Technologie wird deshalb auch "Voice over IP", kurz VoIP genannt. Für die Festnetztelefonie ist hierbei kein eigenes Frequenzband für die Sprachübertragung mehr reserviert, sondern Telefongespräche werden in die Internetdaten (das Internet-Protokoll IP) eingebettet und mit übertragen. Ein so genannter Splitter teilt dann jeweils die Leitung des Kunden in eine Telefon- und eine Internetleitung. Derzeit funktionieren zahlreiche Festnetzanschlüsse der Telekom noch mit ISDN- Technologie. Andere Telefonanbieter setzen bei Festnetzanschlüssen bereits seit mehreren Jahren ausschließlich auf die IP-Technik.

Die reine IP-Telefonie birgt für die Anbieter zahlreiche Vorteile. So muss insbesondere kein eigenes Telefonnetz mehr unterhalten werden, sondern es genügt eine reine DSL-Leitung, um die Nutzer mit Telefon und Internet zu versorgen. Auf die Verbraucher hingegen dürften neuartige Probleme zukommen. Das Telefonieren ist nämlich nunmehr von einer funktionierenden DSL-Leitung, d. h. etwa von einer funktionierenden Software des Providers wie auch einer ausreichenden Übertragungsqualität der DSL-Leitung abhängig. So wie jedem Nutzer kurzfristige Ausfälle des Internets vertraut sein dürften, muss man mit derartigen Störungen dann auch bei einem IP-basierten Telefonanschluss rechnen", so Henschler. All dies bekommen derzeit besonders die Telekom-Kunden zu spüren. Unter anderem im Online-Service-Forum der Telekom beschwert sich eine beachtliche Zahl von Nutzern über wiederkehrende, teils mehrstündliche Ausfälle ihres Festnetztelefons. Zukünftig werden alle diejenigen, die weiterhin auf ein Festnetztelefon setzen, allerdings kaum an der neuen Technik vorbeikommen und daher deren Nachteile in Kauf nehmen müssen. Juristisch jedenfalls lässt sich nach Ansicht von Henschler zumindest gegen gelegentliche kürzere Störungen kaum etwas unternehmen."

Haben Sie Erfahrungen mit diesem Vorgehen der DTAG?

Quelle: http://www.verbraucherzentrale-sachsen.de/beim-festnetz-nur-noch-ip-

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7 Kommentare

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Ja.

Vor ein paar Wochen hatte ich wohl solch einen Brief bekommen. Ich hatte ihn nur leider nicht gelesen, da ich es für Werbung hielt, denn es lag ein Werbeprospekt bei. Gestern hatte ich dann die Kündigung der Telekom in der Post, die ich auch beinahe ungelesen weggeworfen hätte, wenn heute nicht Ihr Beitrag hier erschienen wäre! Denn es lag schon wieder ein Werbeprospekt für einen IP-basierten Anschluss bei ...

Auffällig ist bei diesem Werbeprospekt übrigens, dass dort nur Vorteile, aber keinerlei Nachteile aufgezählt werden. Ist das nach UWG eigentlich erlaubt? Ich kenne mich damit leider nicht so wirklich aus. :-|

Lieber Herr Bleck: Da bin ich aber froh, dass die meine Meldung noch rechtzeitig kam. Hat jemand lichtvolle Ausführungen zu der UWG-Frage?

Bereits jetzt ist in den AGB der Telekom eine Verfügbarkeit von mindestens 97 Prozent angeführt, völlig unabhängig von der Art des Anschlusses (Punkt 2.2). Da das auch bei anderen Telekommunikationsanbietern so ist, vermute ich eine eine entsprechende Vorgabe im TKG oder von der Bundesnetzagentur. Das bedeutet, dass auch bei einer Nichterreichbarkeit von knapp 11 Tagen pro Jahr kein Verstoß gegen vertragliche Pflichten vorliegt.

Wenn man also von 99,95 Prozent Verfügbarkeit verwöhnt ist, ist das zwar schön, man hat aber keinen Anspruch darauf.

§4 Nr. 1 UWG sieht die Ausübung von Druck "entweder umstellen - also vermutlich neuen zwei Jahresvertrag abschliessen - oder Kündigung" schon als unlauter. Fraglich ist dabei natürlich, ob es eine ordentliche Kündigung ist. Dann würde ja nur einseitig auf die Vertragsverlängerung verzichtet. Kleinere Nachteile muss man in Werbeprospekten natürlich nicht angeben, dann wäre es ja keine Werbung mehr ;)

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Ipsum schrieb:

§4 Nr. 1 UWG sieht die Ausübung von Druck "entweder umstellen - also vermutlich neuen zwei Jahresvertrag abschliessen - oder Kündigung" schon als unlauter.

Die Norm setzt die Eignung der Handlung voraus, eine Entscheidungsfreiheit zu beeinträchtigen. Den Rahmen der Entscheidungsfreiheit bildet das Angebot des Marktes. PSTN-Anschlüsse entfallen aus diesem Angebot. Der Verbraucher kann sich sich auch hypothetisch nicht mehr für einen solchen entscheiden, ist mithin nicht beeinträchtigt.

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Hier noch ein neuer WiWo Artikel zu dem Thema:

http://www.wiwo.de/unternehmen/it/kunden-werden-gekuendigt-telekom-beschleunigt-umstieg-auf-ip-telefonie/10769130.html

Zitat:

"Den Kunden entstünden dabei unter Umständen höchstens Kosten für einen neuen Router. Dafür seien die aktuellen Tarife aber in der Regel günstiger als bei den vor einigen Jahren abgeschlossenen Verträgen. Die Telefone könnten in der Regel weitergenutzt werden. Wenn von Beratern gesagt werde, Kunden müssten bei der Umstellung zwingend auch zusätzliche Angebote wie den Fernsehdienst Entertain dazubuchen, sei das „kompletter Quatsch“, sagte der Telekom-Manager."

Sehen Sie das auch so?

 

Das beschriebene Vorgehen der Telekom kann ggf.  unter § 4 Nr. 1 3Alt. "unangemessenen unsachlichen Einfluß zu beeinträchtigen" zu fassen sein: Außer durch Druck  und in menschenverachtender Weise ) kann der Verbraucher durch anderen unangemessenen unsachlichen Einfluss in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werden. Das Merkmal „unangemessen“ bedeutet, dass eine bloß unsachliche Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit des Werbeadressaten die geschäftliche Handlung noch nicht unlauter macht. Hinzutreten muss die Unangemessenheit des Vorgehens. (Ohly/Sosnitzy, UWG Rn. 1/49). 

Die Konkretisierung dessen muss sich im Einzelfall am Ausmaß der werblichen Einwirkung auf den Werbeempfänger orientieren. Zu fragen ist, ob und in welchem Umfang die Urteilskraft des kritisch-rationalen Verbrauchers durch ein Fremdbestimmtwerden von Seiten des Wettbewerbers überlagert wird, ob also aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsverbrauchers  die Intensität der Beeinflussung so stark ist, dass sachliche Gesichtspunkte wie Güte und Preis des Angebots gänzlich in den Hintergrund treten. Sofern das Schreiben der Telekom tatsächlich nur Vorteile anpreist und auf Kosten zur Routerumstellung nicht eingeht, könnte man an eine unangemessene Beeinflußung denken. Denn ggf. wäre es für den Kunden besser, bei einer zwangsweisen Umstellung auf IP- Telefonie zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Dann sollte zumindest ein Hinweis auf sein Kündigungsrecht im Anschreiben enthalten sein.

Die Rechtssprechung beurteilt jedoch die "Unangemessenheit " im Sinne von § 4 Nr.1 3 Alt. UWG sehr streng.

 

 

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