Gesetzgeberischer Murks - der geplante § 184c StGB (Jugendpornografie)

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 18.09.2014

In dem gestern vorgestellten, bereits vom Kabinett bewilligten Gesetzentwurf zur Verschärfung des Sexualstrafrechts wird der Begriff der kinderpornografischen Schriften erheblich verändert, um nun auch solche Bilder einzubeziehen, bei denen sich im Verlauf der Edathy-Affäre herausstellte, dass sie strafrechtlich bisher nicht (jedenfalls nicht unstreitig) erfasst sind. Nach der jetzt geplanten gesetzl. Neu-Definition müssen solche Schriften nicht mehr wie bisher den allgemeinen Begriff der Pornografie erfüllen (vgl. schon hier). Es soll jetzt genügen, wenn die Schrift unabhängig von sexuellen Handlungen

die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten Person unter vierzehn Jahren in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand hat,

Dass man mit dieser Formulierung jegliche sexuell orientierten Abbildungen einbeziehen wollte, ist angesichts der vorangegangenen Debatte nachvollziehbar. Zum Streit um den Pornografie-Begriff bei Kinderpornografie  lesen Sie auch den Beitrag von Herrn Kollegen Liesching und die dortige Debatte (z.Zt. der Edathy-Affäre im Februar 2014).

Dieselbe neue Formulierung soll gleichzeitig auf die Jugendpornografie übertragen werden. Zusätzlich soll die Strafbarkeit insoweit erweitert werden, als nun ausdrücklich schon allein die Herstellung strafbar ist, auch wenn keine Verbreitungsabsicht besteht. Hier der Entwurf des § 184 c StGB:

§ 184c

Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine jugendpornographische Schrift verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; jugendpornographisch ist eine Schrift (§ 11Absatz 3), wenn sie

a) sexuelle Handlungen von, an oder vor einer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person zum Gegenstand hat,

oder

b) die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand hat,

2. es unternimmt, einer anderen Person den Besitz an einer jugendpornographischen Schrift, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zu verschaffen,

3. eine jugendpornographische Schrift, die ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt

oder

4. eine jugendpornographische Schrift herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ein-oder auszuführen, um sie oder aus ihr gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder2 oder des § 184d Absatz 1 Satz 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt die Schrift in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, sich den Besitz an einer jugendpornographischen Schrift, die ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, zu verschaffen, oder wer eine solche Schrift besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Absatz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 5, und Absatz 3 sind nicht anzuwenden auf Handlungen von Personen in Bezug auf solche jugendpornographischen Schriften, die sie im Alter von unter achtzehn Jahren mit Einwilligung der dargestellten Personen hergestellt haben.

(5) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 1 Nummer 2und 4 sowie Absatz 3.

(6) § 184b Absatz 5 und 6 gilt entsprechend.

Die schlichte Übertragung der Neuregelung der Kinder- auf die Jugendpornografie ignoriert die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die Anlass waren zwischen Kinder- und Jugendpornografie zu differenzieren.

Das Sexualstrafrecht wurde in den 1970er Jahren entrümpelt. Es ist eine wichtige Leistung dieser Reform, das Sexualstrafrecht auf den Schutz des  Rechtsguts „sexuelle Selbstbestimmung“ reduziert zu haben. Ab 14 dürfen Jugendliche in den Sexualverkehr einwilligen, ab 16 Jahren wird die zugelassene Selbstbestimmung noch einmal erweitert. Voraussetzung ist (ganz knapp formuliert) der einvernehmliche Geschlechtsverkehr in Beziehungen außerhalb von Abhängigkeitsverhältnissen.

Der vorliegende Gesetzentwurf ändert daran zwar nichts, aber er verbietet jetzt u.a., dass Abbildungen nach der neuen, wesentlich erweiterten Definition hergestellt werden, und zwar auch dann, wenn die fotografierte/gefilmte Person darin einwilligt und auch dann, wenn an eine öffentliche Verbreitung der Bilder gar nicht gedacht ist.

Ausgenommen werden dann in Absatz 4 zwar wie bisher Schriften, die Personen im Alter von unter achtzehn Jahren hergestellt haben, doch u.a. diese Ausnahme offenbart nun fragwürdige Widersprüche der geplanten Regelung:

1. Zwar haben Personen ab 14 Jahren grds. eine selbstbestimmte Sexualität, aber nach dem Gesetzentwurf schließt das nun nicht mehr die Freiheit ein, sich z.B. halb- oder unbekleidet als „Akt“ fotografieren zu lassen. Bisher betraf dieses Verbot nur die Anfertigung „klassischer“ Pornografie. Durch die unreflektierte Übertragung der Definition aus § 184b StGB betrifft dies jetzt aber auch Fotografien und Filme, deren Anfertigung heute verbreitet Teil einer selbstbestimmten Sexualität sind.

2. Die „Herstellung“ solcher Bilder ist nach Abs.4 so lange  erlaubt (jedenfalls straflos), bis z.B. in einer Beziehung der ältere Partner achtzehn wird. Ab dem achtzehnten Geburtstag macht sich der ältere Partner nun strafbar, wenn er dasselbe - bisher erlaubte Verhalten - weiterführt, und zwar bis zum achtzehnten Geburtstag des jüngeren Partners. Dies ist kein Ausnahmefall, sondern betrifft fast alle Beziehungen, denn nur sehr selten haben die Partner am selben Tag Geburtstag.

3. Auch die jüngere Person, die sich für eine volljährige Person in Pose setzt, macht sich nach dem Wortlaut als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) strafbar. Zwar nimmt die h.M. bislang mit Bezug auf frühere Bundestagsdiskussionen eine teleologische Reduktion vor, die die minderjährigen Darsteller vor Strafverfolgung wegen des eigenen Abbildes schützen soll (vgl. BT-Drs. 16/9649, S.18). Doch kann eine ausdrückliche Bestätigung des Wortlauts insofern zu einer Interpretationssperre führen.  

4. Wer als Jugendlicher ein in sexuell aufreizender Pose gemachtes "selfie" versenden will, macht sich selbst nach dem Wortlaut des Abs.1 Nr.2 strafbar. Der Tatbestand ist als Unternehmensdelikt ausgeführt, d.h. es genügt zur Strafbarkeit schon der bloße Versuch, das "selfie" zu versenden. Zugleich kann gegen den Empfänger erfolgreich wegen Besitzes jugendpornografischer Schriften ermittelt werden, sobald das Bild (etwa per "Whatsapp" oder "Threema") auf dem Zielgerät eingetroffen ist. Bei dieser Handlungsvariante gilt ausdrücklich nicht die Ausnahme des Absatz 4. Zwar wurde der Wortlaut der Ausnahme insofern nicht geändert, doch bezieht sich eben „jugendpornografische Schriften“ jetzt nicht mehr auf den früheren engen Pornografie-Begriff, sondern auf eine potentiell sehr große Anzahl von Abbildern, die Jugendliche regelmäßig untereinander anfertigen und versenden. Man mag das für moralisch fragwürdig halten und man mag Jugendliche davon (wegen der leichten Weiterverbreitung) auch dringend abraten - aber eine Kriminalisierung im Kontext der Pornografie ist völlig unangemessen.

5. Nach Absatz 3 kann sich auch die dargestellte Person (z.B. eine 17jährige) strafbar machen, wenn sie es unternimmt, sich Besitz zu verschaffen am eigenen Bild (!), das z.B. der Freund oder die Freundin aufgenommen hat. „Schickst Du mir das Bild, das du gestern von mir gemacht hast“ – diese Aufforderung ist nach dem Gesetzentwurf schon eine strafbare täterschaftliche Handlung! Die Ausnahme des Absatz 4 bezieht sich ausdrücklich nur auf den Hersteller. Auch hier wurde bisher von der h. M. eine teleologische Erweiterung des Abs.4 S.2 dahingehend vorgenommen, dass nicht nur die Hersteller, sondern auch die Darsteller straffrei bleiben. Aber wenn der Gesetzgeber nun diesen (fehlerhaften) Wortlaut bestätigt, kann man nicht mehr ohne weiteres so argumentieren.

Fazit: Der geplante § 184c StGB ist verfassungsrechtlich bedenklich, weil er eine unverhältnismäßige Kriminalisierung von Normalverhalten Jugendlicher zur Folge hat und einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in das sexuelle Selbstbestimmungsrecht vornimmt. Zudem ist er strafrechtsdogmatisch widersprüchlich und verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot.

Vorschlag: Schon die eins-zu-eins Übertragung der neuen Definition der Kinderpornografie auf Jugendpornografie ist nicht sachgerecht; Abs.1 Nr.1 b) ist zu streichen. Die Ausweitung der Strafbarkeit im gepl. Abs.1 Nr.3 ist sachlich nicht gerechtfertigt und sollte gestrichen werden. Abs.1 Nr.2 ist im Wortlaut zu weitgehend, hier ist auf eine "dritte" Person abzustellen, die Ausnahme des Abs.4 ist fehlkonstruiert. Im Wortlaut der Vorschrift muss die abgebildete Person von der Strafandrohung (als Täter und Teilnehmer) insgesamt ausgenommen werden.

Update: Hier ein ausführlicher  Artikel zur Lage der (freiwilligen) Selbst-Nacktbildverbreitung durch Teenager in den USA (“Sexting is a form of sexual activity”) - nach dort wiedergegebenen Schätzungen wird dies von 30 bis 80 % der Jugendlichen praktiziert (link: Atlantic). Wegen der großen Verbreitung des Verhaltens sahen sich etliche Bundesstaaten in den USA veranlasst, das zuvor als Kinderpornografie verfolgte Delikt herunterzustufen: Die betr. Jugendlichen verstehen (auch in den USA) einfach nicht, was daran kriminell sein soll, das eigene Nackt-Selfie zu versenden, Zitat:

"Marsha Levick, a co-founder of the nonprofit Juvenile Law Center, sees many cases where the police investigation does much more harm than the incident itself. “The rush to prosecute always baffles me,” she says. “It’s the exponential humiliation of these boys, or more often girls, in an official setting, knowing their photos will be shown to police officers and judges and probation officers. And the reality is, a lot of these officials are going to be men. That process itself is what’s traumatizing.”

Update: Dieser Beitrag hat eine Fortsetzung, da der Gesetzentwurf zu § 184c StGB wesentlich entschärft wurde.

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45 Kommentare

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Im Gesetz ist leider auch ein U-Boot drin, welches von der Presse nicht beachtet wurde, weil dort inzwischen fast ausschliesslich Praktikanten und PR-Trompeten arbeiten:

Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden (...) herstellt oder überträgt

Es wäre nun also verboten, einen "Prinz" zu filmen wie er Leute verprügelt oder in der Öffentlichkeit pinkelt. Gleiches gilt für einen prügelnden Polizisten. Oder ein Politiker der einen Umschlag annimmt. Oder ein Doktor, der ein illegales fake-Krebsmittel verabreicht.

Einen ähnliches Gesetz wurde in den Zeiten der Schröder Regierung für Tonaufnahmen beschlossen, wurde auch damals nicht beachtet. Deswegen sieht man seitdem immer "Bauchbinden" mit "Nach Gedächtnisprotokoll nachgesprochen" oder so.

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Das ist auch eine Ausweitung des §184b Kinderpornographie, da im Gesetzesentwurf auch explizit von "unwillkürlich eingenommenen Haltungen spricht vgl.  [...]auch unwillkürlich
eingenommene geschlechtsbetonte Körperhaltungen, etwa durch ein schlafendes Kind, strafrechtlich in § 184b StGB zu erfassen”[...]

 

Frage an die Runde: Würden sie die Hand ins Feuer legen, dass wenn z.B. Kinder nackig im Garten am Kinderplantschbecken spielen oder sich unter dem Rasensprenger abkühlen keine Bilder von "unwillkürlich eingenommenen geschlechtsbetonten Körperhaltungen"  entstehen, die u.U. von den Eltern gar nicht als solche Wahrgenommen werden und auch nicht zum Veröffentlichen bestimmt sind?

 

Die "Bombe" platzt dann spätestens beim Rosenkrieg, wenn es um das Sorgerecht geht oder u.U. wenn wegen anderer Delikte der PC beschlagnahmt wird....

 

Weitere Gedanken von mir dazu:

http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Geschlechtsbetonte-Koerperhaltung...

 

und nein seit der Operation Himmel habe ich auch kein Vertrauen mehr zu der "Weitsicht" von LKAs und Staatsanwaltschaften, sondern bin der Meinung dass deren Ermessensspielraum so weit eingeschränkt gehört wie möglich und sie an einem recht kurzen Zügel zu halten sind und der Zügel den sie hier serviert bekommen ist viel zu lang.....

 

bombjack

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Nacktaufnahmen von Menschen, gleich welchen Alters, sollten generell verboten werden und die Herstellung und der Besitz strengstens bestraft werden. Außerdem fordere ich Burkapflicht für alle Menschen unter 40 Jahren. Ach nein. Nicht allumfassend, sondern natürlich nur, wenn das Aussehen dieser Menschen geeignet ist, wolllüstige Anflüge beim Betrachter zu verursachen. Ob das der Fall ist, entscheidend die Staatsanwaltschaft, ähnlich wie beim Begriff "öffentliches Interesse", nach eigenem, richterlich nicht überprüfbaren Gutdünken.

 

Scherz beseite: wie so oft droht das Gutgemeinte in eine Verbotskultur zu münden, die wechselseitiges Mißtrauen und Denunziantum befördern wird. Als Anwalt "freue" ich mich schon auf die neuen Abmahn- und Strafverfolgungswellen wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Verstöße gegen die neuen Normen.

 

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"Das Sexualstrafrecht wurde in den 1970er Jahren entrümpelt. Es ist eine wichtige Leistung dieser Reform, das Sexualstrafrecht auf den Schutz des  Rechtsguts „sexuelle Selbstbestimmung“ reduziert zu haben. Ab 14 dürfen Jugendliche in den Sexualverkehr einwilligen, ab 16 Jahren wird die zugelassene Selbstbestimmung noch einmal erweitert. Voraussetzung ist (ganz knapp formuliert) der einvernehmliche Geschlechtsverkehr in Beziehungen außerhalb von Abhängigkeitsverhältnissen".

 

Hat das nicht dazu geführt, dass Täter behaupten können, dass alles  einvernehmlich war und die lebenslangen psychischen Folgen bis zu Psychosen überhaupt nicht betrachtet werden .  

Wer kann schon beweisen, dass er in einem Abhängigkeitsverhältnis war und alles gegen seinen Willen geschah.

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@Gast,

die einzelnen relevanten Abhängigkeitsverhältnisse (Erziehung, Ausbildung, Arbeitsstelle etc.) habe ich ich aus Platzgründen  nicht ausgeführt; sie sind aber gesetzlich im Einzelnen geregelt (vgl. §§ 174 ff. StGB). Die Beweisproblematik gibt es in der Tat bei allen Verhaltensweisen, an denen nur zwei Personen beteiligt sind. Hier könnte allein das grds. Verbot jeden Geschlechtsverkehrs bis zum Erwachsenenalter Abhilfe schaffen (so wie es vorher war). Genau dieses - ein umfassendes Sexualverbot für Jugendliche, das ebenfalls gravierende psychologische Folgen haben konnte  - wollte man aber gerade durch die damalige Reform abschaffen. Ein umfassendes Sexualverbot für Jugendliche hat in religiösen/moralischen Zusammenhängen seinen Platz, aber nicht im allg. Strafrecht. Beweisprobleme können für sich allein sicher kein Verbot rechtfertigen.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

 

Ihre Kritikpunkte 1. und 2. betreffen auf der Hand liegende und ernstzunehmende Einwände. Man sollte sie nicht durch Abwegiges entwerten wie die den Kritikpunkten 3. - 5. zugrundeliegende Vorstellung, die Rechtsprechung werde in Zukunft unsinnigerweise den zu schützenden Jugendlichen bestrafen.

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Sehr geehrter Gastmann,

sofern Sie als Praktiker dieser Rechtsprechung angehören, hätte ich bei Ihrem Urteilsvermögen keine Sorge. Aber der Gesetzgeber (und in der Phase der Gesetzgebung befidnen wir uns), muss weiter denken:

Schutzgut und geschützte Person sind im StGB meist nicht direkt im Tatbestand genannt, sondern ergeben sich durch Auslegung. In der derzeitigen Regelung (die "Pornografie" i.e.S. voraussetzt und eine Herstellung in der Absicht der Verbreitung) ist  relativ eindeutig die abgebildete Person gegen die Herstellung/Verwendung ihrer Bilder zu pornografischen Ausbeutung geschützt, egal welchen Willen sie äußert oder ob sie dafür bezahlt wird. Bei dem neu formulierten Gesetzentwurf sind Rechtsgut und  geschützte Personen aber nicht mehr so eindeutig: Ich fürchte, man wird - weil man die Formulierung aus § 184 b StGB übernimt, dieselben Überlegungen zum Schutzgut, die  man bei dem Verbot der Kinderpornografie anstellt, nun auch bei Jugendpornografie anstellen. Dort geht es u.a. um die "Austrocknung des Marktes". Die Austrocknung des Marktes könnte aber unabhängig von der konkret abgebildeten Person sinnvoll sein. Und  da die rechtfertigende Einwilligung keine strafbefreiende Wirkung hat, kann man schließen, dass das geschützte Rechtsgut nicht zur Disposition der abgebildeten Person besteht.

Es könnte daher sehr wohl eine Staatsanwaltschaft auf die Idee kommen, einen Jugendlichen der seine eigenen Posen-Bilder verbreiten will, oder eben nichts dabei findet, die Herstellung zu veranlassen, auch für strafbar zu halten. Schließlich steht von einem Ausschluss nichts im Gesetz. Sie halten das für abwegig? Ich kenne leider staatsanwaltliche Argumentationen (in anderen Verfahren), die bei Weitem abwegiger erscheinen; auch diese haben oft den bloßen Wortlaut der Vorschrift für sich und widersprechen nur dem jeweiligen Sinn.

Ich denke auch, dass trotz des uneindeutigen Wortlauts letztlich die Rechstprechung (BGH) es so sehen würde wie Sie auch: Die abgebildete Person ist straffrei. Aber bis es zu einer Entscheidung des BGH kommen würde, das wissen Sie, könnten schon etliche Staatsanwälte aufgrund des Wortlauts Ermittlungsverfahren eingeleitet haben.

Deshalb möchte ich jetzt diese Diskussion anregen und darauf hinwirken, dass der Murks möglichst schon im Gesetzgebungsverfahren korrigiert wird.  Meine Vorschläge dazu stehen am Ende des Beitrags.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Prof. Dr. Müller,

Ihre Detailüberlegungen zeigen auf, wie schwierig es ist, in einem Tatbestandsbereich der gleichermaßen Praktiken der Privatsphäre und des sozialen Umgangs als auch eines unmoralischen Geschäftsfeldes betrifft, mit strafrechtlichen Regelungen einzugreifen.

Wenn ich es richtig verstehe, umfasst die "herkömmliche" Definition der Strafbarkeit von Pornografie Tatsachen die absolut verboten sind. Demnach ist die Anfertigung, der private Besitz und natürlich das Tauschen/Handeln von strafbarer Pornografie  immer strafbewehrt, unabhängig von den konkreten Umständen. Die neue Definition erweitert die Zuständigkeit in einen Tatbestands-Bereich, dessen Strafbarkeit jedoch von den konkreten Umständen abhängig gemacht werden muss. Die Probleme einer Abgrenzung sind vorprogrammiert und sicher anfällig für Missbrauch.

Wie ist es in dieser Frage überhaupt zur Fokussierung auf das Strafrecht gekommen? Sind denn die Erfahrungen im Sexualstrafrecht insgesamt so positiv, dass man davon ausgehen kann, mit diesem Instrument das Problem effektiv und effizient zu lösen?

Ein anderer Weg wäre ja wohl der zivilrechtliche, analog dem Recht am eigenen Bild oder Dokument mit Unterlassungsforderung und Schadenersatz. Wurde denn festgestellt, dass dieser Weg ungeeignet ist und den Betroffenen weniger Hilfe und Schutz bietet als das Strafrecht?

Wir reden insgesamt von einer Verrechtlichung des Alltags der Bürger. Dem sind diese als  eigenständig Handelnde i.d.R. wehrlos ausgeliefert, der überlastete Justizmarkt brummt und nährt viele juristische Münder. Trotzdem wird immer die Klagelust der Bürger als Ursache für die Überlastung der Justiz verantwortlich gemacht. Eine Ursache-Wirkungs-Analyse wie auch Erfolgs- und Effizienzkontrolle aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist mir dazu unbekannt. Nun scheint es seit einiger Zeit um die Erweiterung in Richtung einer Verstrafrechtlichung des Alltags der Bürger zu gehen. Gibt es dafür ein gesamtgesellschaftliches Ziel und wie verträgt sich dieses mit den Grundrechten? Wenn Strafbarkeit zu einem politischen Steuerungsmittel verkommt, dann frisst das Strafrecht die gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse zu Moral, Ethik und sozialem Miteinander. Ist das Absicht oder Versehen?  

 

 

 

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Nochmal zum Thema “dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden” - damit ist wohl gedacht, Cybermobbing zu verhindern. Den Koniphären im Justizministerium ist leider entgangen, dass die meisten solchen Fotos schon jetzt nach dem Urheberrechtsgesetz verboten sind. Dass die Staatsanwaltschaften sowas zu oft einstellen, liegt nicht am Gesetz.

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Tilman schrieb:

Nochmal zum Thema “dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden” - damit ist wohl gedacht, Cybermobbing zu verhindern. Den Koniphären im Justizministerium ist leider entgangen, dass die meisten solchen Fotos schon jetzt nach dem Urheberrechtsgesetz verboten sind. Dass die Staatsanwaltschaften sowas zu oft einstellen, liegt nicht am Gesetz.

Und gerade weil das schon jetzt verboten ist, spricht vieles dafür, dass hier die Kinderpornografie-Diskussion genutzt wird, um durch die Hintertür die Veröffentlichung von Fällen wie Prügelpolizisten etc. zu erschweren.

Selbst ein Experte wie Prof. Müller hat diesen Teil des Gesetzes anscheinend für "nicht so wichtig" gehalten, zumindest kritisiert er ja nur andere Punkte.

Oh, demnächst wird Mini-Playback-Show und ähnlicher Mist unter Strafe gestellt? Oder sind derartige Zurschaustellungen von Kindern nicht "unnatürlich geschlechtsbetont", sondern vielmehr "natürlich" weil sozial akzeptiert?

(Für alle, denen das Wort "Mini-Playback-Show" nichts sagt: gemeint sind solche Geschmacklosigkeiten:
http://www.suedkurier.de/region/hochrhein/grafenhausen/Schlemmerspass-un... )

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Da hier das neue Gesetzt als Murks bezeichnet wird, würde mich einmal interessieren wie ein Gesetz hätte aussehen sollen bzw. nachgebessert werden müßte. Ich denke, dass Handlungsbedarf in jedem Fall gegeben ist.

Eigenartig finde ich , dass der Gesetzgeber abartige pornografische Schriften, Filme etc. für Erwachsene in Sexläden nicht auch in Angriff genommen hat. Vermutlich ist es schwer abartig zu definieren oder die Lobby ist zu stark, die ornografische Dinge herausgibt..

 

 

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Gast schrieb:

Ich denke, dass Handlungsbedarf in jedem Fall gegeben ist.

 

 

Warum?

 

Ist der Markt wirklich so groß bzw. das Vergehen so schwerwiegend, dass da bei der Konsumentenseite mit dem schärften Instrument was ein Staat hat, dem Strafrecht eingegriffen werden muss?

 

bombjack

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@Gast #12

"Ich denke, dass Handlungsbedarf in jedem Fall gegeben ist."

Für Sie ganz persönlich der Link aus #9 im Wortlaut.

„Nach unserer Auffassung handelt es sich um eine unverhältnismäßige Vorverlagerung der Strafbarkeit, wenn schon das Fotografieren im privaten Raum ohne strafbare Absicht unter Strafandrohung gestellt werden soll. Denn es wird etwas unter Strafe gestellt, was selbst nicht strafwürdig ist, nur weil es möglicherweise den Einstieg in ein strafwürdiges Verhalten darstellen könnte. Dies widerspricht unserem Grundverständnis, wonach nicht einmal das, was gegen den guten Geschmack verstößt oder auch ethisch bedenklich ist, allein deshalb unter Strafe gestellt werden sollte. Mithin liegt insoweit ein Verstoß gegen den Ultima-Ratio-Grundsatz vor. Bereits beim Fotografieren in der Familie droht der Staatsanwalt. Etwa, wenn im Sommer bei einem Kindergeburtstag sich die kleinen Kinder unter einem Rasensprenger abkühlen." (Statement des Präsidenten des Deutschen Anwaltvereins Rechtsanwalt Prof Dr. Wolfgang Ewer)

<Ironie> Vielleicht sollte man auch über die Strafbarkeit von Aktionismus, Populismus und Regelungswut und dessen Förderung nachdenken. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich. </Ironie>

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Sehr geehrte/r I.S.,

Selbst ein Experte wie Prof. Müller hat diesen Teil des Gesetzes anscheinend für "nicht so wichtig" gehalten, zumindest kritisiert er ja nur andere Punkte.

Ich kenne diese Art von Einwand, habe ihn schon oft hier auf der Plattform vernommen; ich halte ihn für dumm. Die Schlussfolgerung, dass, wenn jemand eine bestimmte Kritik äußert und formuliert, sei er mit allem anderen einverstanden oder hielte es für nicht so wichtig, führt langfristig dazu, dass einem konkrete Kritik ganz unmöglich gemacht wird. Immer kommt dann irgendein xy oder is und wirft einem vor, man würde alles andere gutheißen.

Selbstverständlcih gibt es viele andere kritische Punkte an diesem Gesetz. Mir ist nur aufgefallen, dass in den vielen Presseberichten und Kommentaren der von mir aufgegriffene Punkt nicht erwähnt wurde.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

"Kinderpornografie ist sexueller Missbrauch", erklärte Maas. Kinder sind nicht in der Lage, sich gegen solche Gewalt zu wehren und werden traumatisiert." Kinder und Jugendliche hätten ein Recht darauf, dass Nacktbilder von ihnen nicht im Internet oder auf anderem Weg verbreitet werden. "Mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen darf niemand Geld verdienen." Es solle aber nichts kriminalisiert werden, was zum Alltag vieler Eltern gehört, wie zum Beispiel das Fotografieren ihrer Kinder am Strand.

 

 

 

http://www.focus.de/politik/deutschland/sexualstrafrecht-bundesregierung...

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Gast schrieb:

"Kinderpornografie ist sexueller Missbrauch", erklärte Maas. Kinder sind nicht in der Lage, sich gegen solche Gewalt zu wehren und werden traumatisiert." Kinder und Jugendliche hätten ein Recht darauf, dass Nacktbilder von ihnen nicht im Internet oder auf anderem Weg verbreitet werden. "Mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen darf niemand Geld verdienen." Es solle aber nichts kriminalisiert werden, was zum Alltag vieler Eltern gehört, wie zum Beispiel das Fotografieren ihrer Kinder am Strand.

http://www.focus.de/politik/deutschland/sexualstrafrecht-bundesregierung...

 

Aha....und haben Kinder zumindest männliche kein Recht darauf, dass ihnen im Rahmen der Religionsfreiheit nicht am Penis herumgeschnitten wird?

Außerdem widerspricht sich der Herr Maas selber....zum einen möchte er die Verbreitung verbieten, zum anderen aber nichts kriminalisieren was zum Alltag der Eltern gehört....kann es sein dass inzischen mit den sozialen Medien es zum Alltag der Eltern gehört, Bilder iher Kinder online zu stellen und zwar egal ob angezogen oder nackig?

Ferner verbietet er ja nicht nur die Verbreitung sondern auch die Herstellung und den Besitz....legst Du die Hand ins Feuer, dass wenn Eltern ihre Kinder am Strand photographieren, unter den Aufnahmen nicht auch u.U. Bilder sind die ihre unbekleideten oder teilweise bekleideten Kinder in unwillkürlich eingenommen geschlechtsbetonten Körperhaltungen zeigen? 

 

Das Teil ist Murks.....es ist völlig unbestimmt, es kriminalisiert u.U. Eltern, es sorgt dafür dass Bildersuchen bei Google u.U. strafrelevantes Material zu Tage fördern, was im Ausland legal ist und damit für Deutsche die Bildersuche zum Minenfeld wird. 

Ferner habe ich Dich nach den Warum gefragt und Du wirfst mir einen Brocken von Herrn Maas hin....tolle Antwort oder eher Leitstung....und mit Verlaub Kinderpornographie ist kein sexueller Missbrauch, sondern die reale Tat die zu diesen Bildern geführt hat, das ist der sexuelle Missbrauch....was der Herr Maas absondert ist für mich zumindest ein Schlag ins Gesicht eines jeden Opfers, was das Pech hatte, das von ihm kein Video, kein Bild gemacht wurde und das ist die Mehrheit der Fälle.....

 

bombjack

 

 

 

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http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-09/kinderpornografie-sexualstrafrecht-bundesregierung-edathy

 

Maas sagte, in den vergangenen Jahren sei ein Markt für Aufnahmen entstanden, bei denen es sich nicht um Posing-Bilder mit klarem sexuellen Bezug handele. Auch solche Bilder, die Ermittler bisher nicht als Kinderpornografie klassifizierten, würden in Pädophilennetzwerken vertrieben. "Dem wollen wir Einhalt gebieten", sagte Maas.

 

 

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Gast schrieb:

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-09/kinderpornografie-sexualstrafrecht-bundesregierung-edathy

Maas sagte, in den vergangenen Jahren sei ein Markt für Aufnahmen entstanden, bei denen es sich nicht um Posing-Bilder mit klarem sexuellen Bezug handele. Auch solche Bilder, die Ermittler bisher nicht als Kinderpornografie klassifizierten, würden in Pädophilennetzwerken vertrieben. "Dem wollen wir Einhalt gebieten", sagte Maas.

 

Ja und?

 

Werden dann auch Filme wie z.B. Madita usw. verboten, wo nackige Kinder vorkommen, schließlich könnte diese auch in  Pädophilennetzwerken vertrieben werden.

Wo ist der Schutzzweck, wenn Bilder verboten werden, wo bei der Herstellung kein Straftatbestand im Sinne der Paragraphen 176 ff. StgB vorlag?

Vielleicht sollte beim Herrn Maas die Erkenntnis reifen, dass er da in Bereiche vorstößt wo sich ein Einhalt gebieten nicht mehr klar in für alle Bürger verbindliche Rechtsnormen fassen lässt?

Ferner, wenn in den  Pädophilennetzwerken dann auch Bilder aus dem Kaufhauskatalog vertrieben oder besser getauscht werden, werden dann diese auch verboten, weil  "Dem wollen wir Einhalt gebieten....

Mir kommt es vor als soll da eine moralische Vorstellung (Oh Gott da könnte sich einer an dem Bild aufgeilen) mit der Brechstange dem Strafrecht durchgesetzt werden....

Btw. den sog. Markt gab es schon immer....ich sag nur "Jung und Frei" und oh wunder im Ausland sahen das die Gerichte nicht so streng wenn man der deutschen Wikipedia glauben schenkt.

Btw. "Maas sagte...." liegt auf der gleichen Argumentationsschwelle wie der von der Frau Leyen postulierte Milliardenmarkt mit den Dokumenten sexuellen Missbrauchs....und selbst wenn der ein komerzieller Markt exisitieren sollte, dann ist es immer noch besser, dort wo er existiert einzuhacken, als bei uns an der Gesetzesschraube zu drehen, denn eines ist sicher, kommt der Mist durch, dann wird auch bei der Familie die durch Zufall  oder anderen Gründen in den Fokus von Ermittlungsmaßnahmen im Sinne des neuen §184 b gerät keine Unterscheidung getroffen, ob es sich um Bilder handelt denen ein Verbrechen nach §176 StgB zugrunde liegt oder um Bilder die ohne eine Straftat entstanden sind und man weiß ja dass nach so einem Vorwurf (dem ich nicht mal meinem ärgsten Feind wünsche) *ironie on* das soziale Leben ohne Probleme weiter geht.... *ironie off*.

 

bombjack

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(1) 1. b) die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand hat,

Zur Erinnerung: die sexuelle Selbstbestimmung beginnt in D im Alter von 14 Jahren und sie ist nahezu uneingeschränkt. Ein normal entwickelter 14-jähriger Jugendlicher darf Geschlechtsverkehr mit jedem haben, der mindestens gleich alt ist - egal ob 14 oder 74.

Demzufolge kann es im Wortsinne nur natürlich geschlechtsbetonte Körperhaltungen geben, niemals aber unnatürliche

Denken diese Gesetzentwerfer eigentlich auch mal über die Bedeutung der von ihnen verwendeten Worte nach oder ist das wegen des Auswendiglernens von Gesetzen völlig verkümmert? Oder denken die noch wie in der katholisch dominierten Adenauer-Ära, dass Sex etwas Unnatürliches sei? Bei so manchen Dauerbefragten in Talkshows, die trotz (oder wegen?) ihrer Juristenausbildung durch flächendeckende Ahnungslosigkeit auffallen, könnte man das glatt denken.

Mein Name schrieb:
Zur Erinnerung: die sexuelle Selbstbestimmung beginnt in D im Alter von 14 Jahren und sie ist nahezu uneingeschränkt. Ein normal entwickelter 14-jähriger Jugendlicher darf Geschlechtsverkehr mit jedem haben, der mindestens gleich alt ist - egal ob 14 oder 74.

Das ist falsch.

 

§ 182 Abs. 3 StGB: "Eine Person über einundzwanzig Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch mißbraucht, daß sie

1. sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder

2. diese dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,

und dabei die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

 

D.h. im Alter von 14 und 15 Jahren kommt es auf die individuelle Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung an.

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Wilfried schrieb:
Das ist falsch.

D.h. im Alter von 14 und 15 Jahren kommt es auf die individuelle Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung an.

Informieren Sie sich über die Bedeutung des Wortes nahezu. Genau diese Einschränkung ist damit gemeint - und dazu noch §§ 174 und 180 StGB, insbesondere Absatz 3.

Minderjährige in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung

 

"Das Alter, das mich reizt, beginnt bei acht Jahren, je nachdem wie die Entwicklung gerade ist. Am schönsten ist es, wenn´s um die zehn Jahre oder elf Jahre ist, da ist die eigentliche Blütezeit. Dann ist sie wie eine Rose, die sich voll entfaltet hat." (Bekenntnis eines Erwachsenen mit pädophilen Neigungen )

 

Um zu verhindern, dass pädophil geneigte Menschen stimuliert und Kinder und Jugendliche in der Abwehr von sexuellen Übergriffen verunsichert werden, wurde für das Internet im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag erstmalig ein Verbot so genannter Posen-Darstellungen geschaffen, die Kinder und Jugendliche in aufreizender Weise nackt oder spärlich bekleidet präsentieren, ohne dass diese Darstellungen pornografisch sind und strafbare Missbrauchshandlungen zeigen müssen. Durch diese Neuregelung werden auch Jugendliche bis zum achtzehnten Lebensjahr geschützt.

 

 

 

http://www.jugendschutz.net/materialien/jms_posendarstellungen.html

 

0

Hm..."Mein Name" hat da schon eine Antwort gegeben, die zum Teil meiner Meinung entspricht....zum Teil deswegen, weil ich auch mit dem sog. JMStVso durchaus meine Probleme habe....

 

a) [...]Um zu verhindern, dass pädophil geneigte Menschen stimuliert [...]werden...[...]

Schon damit habe ich ein Problem.....zum einen muss man dann recht viel verbieten, was so einen Menschen stimulieren könnte und zum anderen befindet man sich damit auf der gleichen Argumentationsschiene die, wenn sie auf die Spitze getrieben wird zur "Kinderburka" führt. Es ist nicht Aufgabe eines Staates eine Stimulation von Personen zu verhindern.....und das Einstiegsdrogenargument was da im PDF noch erwähnt wird , dürfte auf dem selben Level wie bei Cannabis liegen...

 

b) [...]Um zu verhindern, dass [...] Kinder und Jugendliche in der Abwehr von sexuellen Übergriffen verunsichert werden[...]

Da gibt es zum einen das Indizierungsverfahren und zum anderen könnte man beim §176 im Abs. 4 bei der Nummer 4 den Begriff "pornographisch" streichen und hätte damit auch das Thema im Fall des Falles erschlagen......

Zudem würde mich da mal echt die Zahl der Fälle interessieren, wo Kinder/Jugendliche auf diese Art verunsichert werden......oder wird da auf die Allgemeinheit gezielt?

Wenn ja, dann bitte auch so Sendungen wie GZSZ verbieten, diverse (Kinder)Modenschauen usw. die könnten durchaus auch Kinder/Jugendliche verunsichern...

Mal anders rum gefragt....ich empfinde oder besser meine Meinung ist, dass Nacktheit (bzw. Bilder davon) erstmal etwas natürliches ist und nichts oder besser ziemlich wenig mit Sex zu tun hat....wird nicht durch die neuen Paragraphen dann dafür gesorgt, dass Kinder, Jugendliche und auch die Eltern derselben verunsichert werden, inwiefern sie noch Bilder machen dürfen bzw. diese veröffentlichen und weitergeben dürfen. 

Was ich nämlich aufziehen sehe ist ein Zustand wie er im Artikel "People Called These Photos Of An Artist's Daughter 'Pornographic.' And This Was His Response." beschrieben wird....auch das dort verlinkte Interview mit dem Photographen ist sehenswert....

 

 

bombjack

 

 

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@ Gast:

Niemand hat etwas gegen den JMS - der ist nämlich auch das eigentlich besser geeignete Mittel, die Verbreitung dieser Darstellungen zu verhindern bzw. einzuschränken und nicht das Strafrecht. Und Acht- bis Elfjährige, ja sogar 13-jährige sind bereits durch das geltende Strafrecht geschützt und erfahren durch die geplante Gesetzesänderung keinen besseren Schutz.

Nachtrag:

 

c) Außerdem muss man sich nur mal anschauen, wie ein Herr Döring als Jurist und zu der Zeit im Jugendschutz tätig  in dem PDF bei der Defintion was unter dem Begriff " unnatürlich geschlechtsbetonte Körperhaltung" zu verstehen ist, mit Verlaub "herumeiert".  5 Juristen (LKAs, Staatsanwälte oder Richter) ergeben da 10 Meinungen, was darunter zu verstehen sei....und das (diesen Begriff, plus Erweiterungen wie unbekleidet oder teilweise bekleidet und auch unwillkürlich) will man allen Ernstes in das Strafrecht einpflegen? 

Inklusive einem Herstellungs- und Besitzverbot? 

Werden da die Kollateralschäden, dann bewusst in Kauf genommen zum einen eine Verunsicherung von Eltern und Jugendlichen und zum anderen falsche Verdächtigungen nebst Ermittlungen, die faktisch für die verdächtigte Person das soziale Aus bedeuten und zwar unabhängig ob sich der Tatvorwurf bestätigt?

Zudem wie schon erwähnt....legst Du die Hand ins Feuer, dass wenn z.B. Kinder nackig oder teilweise unbekleidet im Garten am Kinderplantschbecken spielen oder sich unter dem Rasensprenger abkühlen keine Bilder von "unwillkürlich eingenommenen geschlechtsbetonten Körperhaltungen" entstehen und dass sich diese Bilder u.U. auf Festplatten von Eltern wiederfinden?

Da kann Herr Maas und der Gesetzgeber 100 male sagen, wir wollen nichts kriminalisieren was zum Alltag von Eltern gehört....mit dem Gesetzentwurf tun sie es trotzdem....

 

bombjack

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"Schau mal böse, und verstecke Deine Hände hinter dem Rücken, damit wir dich auch wirklich fotografieren dürfen, " sagte die Mutter zu ihremn Kind.

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Ich bin ja mal gespannt, ob Kunstturnerinnen in Zukunft überhaupt noch fotografiert oder gefilmt werden dürfen. Hier ein Beispiel (offizielles Sponsorenfoto) für

die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung

 

Schon die seit 2008 geltende Neufassung ergibt überhaupt keinen Sinn mehr. Jetzt wird man Unlogik, juristische Widersprüche, Grauzonen und Interpretationsspielräume noch einmal kräftig ausbauen. Ich sehe dieses Gesetz weder als sinnvollen Schutz für Opfer an, noch als sinnvolle Maßnahme gegen tatsächliche Täter wirksam vorzugehen, sondern als eine Art Gummiparagraph, mit dem man ein Klima der Angst erzeugt. Insofern ist der Passus mit den "unbefugten Aufnahmen" hier völlig richtig aufgehoben. Da dies ein juristischer Blog ist, will ich mich auf einige wenige rechtliche Widersprüche beschränken, die ja schon jetzt existieren: Lutz Lippke schrieb, daß er davon ausgeht, daß momentan in der Pornographie die Handlungen strafbar sind, die auch real strafbar sind. Schon jetzt ist dies ja nicht der Fall: ( ganz verkürzt: ) Sex mit und unter Jugendlichen ist legal, die filmische/photographische Aufnahme UND Weitergabe nicht, ja sogar gezeichnete (!) "Jugendpornographie" kann darunter fallen. Eine legale sexuelle Handlung ist also jetzt in der Pornographie illegal. Den umgekehrten Fall gibt es aber auch: Am 28.07.2014, eingebracht von der FDP, wurde das Tierschutzgesetz verschärft und im § 3, Absatz 13 jegliche sexuelle Handlungen mit Tieren verboten. Der Besitz von Tierpornographie ist in D aber noch straffrei. Die Abbildung, bzw. filmische Darstellung einer jetzt illegalen sexuellen Handlung ist damit legal. Wer soll dies noch verstehen ? Von "Scheinminderjährigkeit" und "Scheinvolljährigkeit" mal ganz abgesehen..... Schon der "alte" § 184er von 2008 verstößt m.M. nach gegen das Bestimmtheitsgebot. Die geplanten längeren Verjährungsfristen für Opfer eines sex. Missbrauchs kann man begrüßen, aber es gibt dann eine extreme Benachteiligung anderer Opfergruppen. z.B. sind auch Opfer von Medizinschäden sehr oft lange traumatisiert, bevor sie rechtliche Schritte einleiten können, hier liegt die Verjährungsfrist aber bei nur 3-5 Jahren, obwohl es eine 10jährige Aufbewahrungsfrist für Patientenakten gibt. Keine der jetzt im Bundestag sitzenden Parteien scheint ein Interesse an einem rationalen und austariertem (Sexual-)Strafrecht zu haben.

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Caroline-NL schrieb:

Schon die seit 2008 geltende Neufassung ergibt überhaupt keinen Sinn mehr. Jetzt wird man Unlogik, juristische Widersprüche, Grauzonen und Interpretationsspielräume noch einmal kräftig ausbauen. Ich sehe dieses Gesetz weder als sinnvollen Schutz für Opfer an, noch als sinnvolle Maßnahme gegen tatsächliche Täter wirksam vorzugehen, sondern als eine Art Gummiparagraph, mit dem man ein Klima der Angst erzeugt. Insofern ist der Passus mit den "unbefugten Aufnahmen" hier völlig richtig aufgehoben.

 

@Caroline

 

Danke, habe ich noch gar nicht gesehen......das wird ja noch netter....vgl.

 

[...]Zu Buchstabe a (§ 205 Absatz 1 Satz 1 StGB-E)
Bisher handelt es sich bei § 201a StGB um ein Antragsdelikt. Das erscheint insbesondere
dann, wenn es sich um Bildaufnahmen von Kindern in unbekleidetem Zustand handelt,
die öffentlich zugänglich sind, und bei denen aufgrund der Umstände angenommen werden
kann, dass das Zugänglichmachen zu vorwiegend sexuellen Zwecken erfolgt ist, nicht
sachgerecht. Häufig werden die abgebildeten Kinder zunächst gar nicht bekannt sein, so
dass die Strafbarkeit angesichts des Erfordernisses eines Strafantrages ins Leere gehen
würde. Es wird deshalb vorgeschlagen, die Bezugnahme auf § 201a StGB in § 205 Absatz
1 Satz 1 StGB zu streichen.[...]

 

was dann dazu führt, dass die Strafverfolgungsbehörden wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung, wenn sie das denn wollen einschreiten dürfen....das ist ein Freibrief für die Behörden zu ermittlen wann immer sie wollen.....in Verbindung mit den neu gefassten §184b, §184c und nicht zu vergessen dem neu gefassten §184d Abs. 2 vgl. "Abruf kinder- und jugendpornographischer Inhalte mittels Telemedien" dürfte das der Türöffner sein auf den die Strafverfolgungsbehörden immer gewartet haben.

 

Btw. noch ein Nachtrag zu dem PDF von Herrn Döring dort schreibt er

[...]Grundsätzlich gilt daher, dass der Gesamteindruck eines Angebotes, in das Darstellungen von Minderjährigen eingebettet sind, in die Bewertung einbezogen werden muss. Hierzu zählen insbesondere die Art der Gestaltung eines Angebotes, die inhaltliche Qualität von verlinkten Drittangeboten und die Anpreisungen von weiteren Inhalten.[...]

http://www.jugendschutz.net/pdf/jms_posen.pdf

Nun die Frage, ob dann diese Einschätzung bzw. der Gesamteindruck durch den Begriff nicht auch Einzug in das StgB hält? Praktisch mutiert dann ein Bild wenn es sich im Besitz eines Pädophilen befindet zu strafbarer Kinderpornographie, während das gleiche Bild auf der Festplatte des Familiencomputers straffrei bleibt....für meine Begriffe wäre das dann Gesinnungsstrafrecht.

Die Einschränkungen (ganz oder teilweise unbekleideten Person) lassen auch Spielraum...ist eine Person in einem Badeanzug bekleidet oder teilweise unbekleidet? 

 

bombjack

 

 

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Übrigens läuft in wenigen Minuten die "Aussprache" im Bundestag zum neuen Sexualstraf"recht" an. ( Sicher auch über die PHÖNIX Mediathek, bzw. den TV Dienst des deutschen Bundestages abrufbar) Ich kann mich leider nur während meines kurzen Aufenthaltes in D an dieser Diskussion beteiligen, denn der niederländische Provider sperrt diesen Blog , wohl schon deshalb weil hier nur über Kinderpornographie diskutiert wird. Sogenannte niederländische Jugendpornographie [bis 2002 war man in den NL aber bereits ab 16 volljährig, somit handelt es sich hier juristisch um Erwachsene ] wird dagegen bei den BeNeLux und skand. Googles gar nicht gesperrt, man trifft darauf, selbst wenn man nach dänischer Mode, schwedischen Designer Möbeln oder niederländischen Kunstbewegungen sucht. Darauf bezieht sich jetzt auch meine Frage an Herrn Prof. Dr. Henning Ernst Müller; Zurecht kann das zufällige Aufrufen von harter KP ja als Ausrede gelten. Außer in den Anfangszeiten des Internets ist es fast unmöglich zufällig auf KP zu treffen. Google, Yahoo, usw. filtern KP auch zielstrebig und effektiv heraus, allerdings - obwohl die Definition hier ja in den USA bei unter 18 liegt - nur etwa im Altersbereich unter 15. Auch das alte Traci Lords Material, die ja bis auf einen Film alle mit 15-17 drehte, wird bis heute nicht herausgefiltert. Schon die 2008er Erweiterung macht ja die Nutzung von Suchmaschinen extrem gefährlich. Unterscheidet der deutsche Gesetzgeber überhaupt noch zwischen gezielter Verschaffung und versehentlichen Aufrufen, bzw. Zufallsfunden ? Wenn z.B. ein User in Deutschland bei Google.dk nach völlig unverfänglichen Begriffen sucht, siehe oben, er wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht weiß, ob sich hinter dem Klick Jugendpornographie oder die gesuchten Möbel verbergen, oder sich sogar hinter einer neutralen Überschrift eine solche Seite verbirgt, wird dies ebenfalls als "Besitzverschaffung" gewertet ?

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Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

vielen Dank für Ihre Ausführungen. Für die von Ihnen ausgeführte Brisanz der Verschärfung

§ 184c .......(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer.....b) die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alten Person in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand hat,

gibt es vielleicht einen interessanten Fall: die Laokoon-Gruppe http://de.wikipedia.org/wiki/Laokoon-Gruppe

Man hat alles, was strafrechtlich indiziert werden soll:

1. die Darstellung nackter Minderjähriger

2. eine unnatürliche geschlechtsbetonte Haltung

3. die Bestätigung von Goethe (siehe Wikipedia-Artikel) dass sich "...die Gruppe ... innlich dem Beschauer darbietet..." und "...eine angenehme Empfindung erregt..."

Wer will schon Goethe wirdesprechen? (Ab jetzt im Satiremodus:) Folgerichtig müssen alle antiken Plastiken und Darstellungen z.B. auf Vasen, bei denen die Bundesprüfstelle nicht per Geburtsurkunde des antiken Modells nachweisen kann, dass die dargestellte Person über 18 Jahre alt war, aus allen Museen verbannt werden. Alle Kunstbücher und Schulbücher mit Abbildungen antiker grichischer Kunst sind sofort zu vernichten, öffentliche Bibliotheken sind zu "säubern", am Besten von nachgewiesenen Hardcore-Puritanern ohne jedes Verständnis für Kunst und Kultur. 

 

 

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Kai Abrell schrieb:

 Alle Kunstbücher und Schulbücher mit Abbildungen antiker grichischer Kunst sind sofort zu vernichten,

 

 

Weil Du das erwähnst Frage an das Forum: Wie schaut es aus mit den Büchern von

 

- Jock Sturges

- Sally Mann

- David Hamilton

- Robert Mapplethorpe (The Perfect Moment)

- Will McBride (Zeig mal)

- Rikitake Yasushi 

usw.?

 

Bilder von diesen Photographen lassen sich über die Bildersuche von Suchmaschinen leicht finden....und ich möchte nicht die Hand ins Feuer legen, dass da kein Bild dabei ist, was unter die beiden neuen Definitionen fallen könnte.

Wird dann in Deutschland der Verkauf der  Bücher von diesen Photographen verboten?

Was mit jemanden der diese Bücher besitzt? 

Was passiert wenn man über die Bildersuche einer Suchmaschine nach den Photographen sucht und Bilder von dem in Deutschland als unter die §184b und §184c fallend eingestuft, im Ausland aber legal sind?

Wie wird dann das im neuen §184d der das Abrufen unter Strafe stellt gehandhabt.....?

 

bombjack

 

 

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Vermutlich wird nur entschiedenes, symbolisches Handeln vom Verdacht der wiederholten, strafbaren Absichten befreien. Persönliche Bestände rückstandsfrei vernichten, bevor das Gesetz verabschiedet ist. Entdeckt man im Internet, bei Austellungen oder bei Freunden verdächtige Werke, ist unmittelbar Strafanzeige zu erstatten, um sich vom möglichen Verdacht der Komplizenschaft frei zu halten. Für genehmigungsfähige Werke werden Zertifizierungsstellen und entsprechende Nachweise eingeführt.

Übertreibung veranschaulicht, mitunter skizziert sie auch die wahrscheinliche Entwicklung.

Ich halte es für wichtig, das unsere Kinder den Schutz der Gesellschaft genießen, aber diesen Gesetzentwurf halte ich dafür nicht geeignet. Vielmehr sitzen die Protagonisten falsch auf dem Pferd und reiten in überwunden geglaubte Zeiten zurück. Das sie das nicht merken, kann ich nicht glauben.

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Hier ein ausführlicher  Artikel zur Lage der (freiwilligen) Selbst-Nacktbildverbreitung durch Teenager in den USA - nach dort wiedergegebenen Schätzungen wird dies von 30 bis 80 % der Jugendlichen praktiziert (link: Atlantic). Wegen der großen Verbreitung des Verhaltens sahen sich etliche Bundesstaaten in den USA veranlasst, das zuvor als Kinderpornografie verfolgte Delikt herunterzustufen: Die betr. Jugendlichen verstehen (auch in den USA) einfach nicht, was daran kriminell sein soll, das eigene Nackt-Selfie zu versenden.

Hallo Herr Müller,

so aus heutiger Sicht, würden Sie diese Aussage aufrecht erhalten wollen?
Wie kommt es denn, dass jetzt ein Deutscher, der hier wohl keinerlei Probleme mit der Justiz hatte, in den USA lebenslang hinter Gitter gekommen ist?
Liegt es daran, dass deutsche Vorschriften oder Rechtspraxis oder herrschende Rechtsmeinung in diesem Bereich zu streng ist?

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Hier noch ein Link zu einer amerikanischen Quelle, der beweist, dass ich da nicht halluziniere, wenn ich behaupte, ein deutscher Kinderschänder geht wegen versuchtem (sic!) Kindesmissbrauch lebenslang in Orlando hinter Gitter.
https://amp.floridatoday.com/amp/951449001

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Maas passt Nacktfoto-Gesetz der Realität an (AFP)

Jetzt soll nur noch die Herstellung von Aufnahmen nackter Kinder und Jugendlicher geahndet werden – und auch dies nur, wenn die Bilder gemacht werden, um sie zu verkaufen oder in Tauschbörsen anzubieten.
Wenn die Eltern der Verbreitung zustimmen, liegt demnach kein Verstoß gegen das Gesetz vor. Auch die Weitergabe von Nacktbildern von Erwachsenen soll künftig nicht mehr generell strafbar sein. Dies soll nur noch für Nacktbilder gelten, die dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich schaden können.
Zudem soll die Verbreitung von Fotos, die die Hilflosigkeit einer anderen Person, also von Kindern und Erwachsenen, zur Schau stellen, geahndet werden.

Viel Glück bei der Definition "erheblich schaden" und bei der Feststellung, zu welchem Zweck die Bilder gemacht wurden.

 

Einige grundsätzliche Bemerkungen

 

Leider ist seit vielen Jahren die bedenkliche Entwicklung zu beobachten, dass eine immer größere Anzahl von - sagen wir einmal - nicht gut informierten Menschen das Bedürfnis verspürt, sich an der Diskussion über schwierige Rechtsfragen zu beteiligen, und zwar in einer Art und Weise, als ob sie die Weisheit mit Löffeln gefressen hätten. Gerne verbinden Rechtskritiker dieser Art ihre Meinungsäußerungen auch mit heftigen Justizbeschimpfungen.

Nur wenige Fachleute haben leider Zeit und Lust, dem Paroli zu bieten. (Das Verdienst, dies hin und wieder doch zu tun, kommt Thomas Fischer zu, dem inzwischen weit über die Fachöffentlichkeit hinaus bekannten Vorsitzenden des 2. Strafsenats des BGH; vgl. zuletzt seinen sehr lesenswerten Beitrag in der ZEIT, Nr. 45/2014, S. 10).

Auch die aktuelle Diskussion um die beabsichtigte Neuregelung der §§ 184b, 184c StGB erweist sich leider als Spielwiese für Justiz- und Rechtskritiker aller Art, die mit großem Engagement und kleinem Sachverstand gegen die Zumutungen der Justiz und der ministerialen Gesetzgebungsbürokratie ankämpfen.

 

Um mit dem Folgenden nicht missverstanden zu werden, will ich vorab betonen, dass an dem aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu den §§ 184b, 184c StGB tatsächlich so manches kritikwürdig ist, vor allem die radikale Ausweitung des Begriffs der Kinder- und Jugendpornographie durch Streichung des Tatbestandsmerkmals „pornographisch“. Dieses Merkmal hat (bei richtigem Verständnis) im geltenden Recht eine entscheidende tatbestandsbegrenzende Funktion (vgl. Liesching, in: Liesching/Schuster, Jugendschutzrecht, 5. Aufl. 2011, § 184b StGB Rn. 2 ff.), die nun mit der Gesetzesänderung nicht mehr vorhanden sein wird. Die vorgesehene Änderung bedeutet der Sache nach, dass die Tatbestände der §§ 184b, 184c StGB künftig nicht mehr nur Pornographie im eigentlichen, echten Sinn erfassen werden, sondern auch den gesamten Bereich der „Erotographie“, also der nur erotischen Darstellungen unterhalb der Schwelle zur Pornographie. - Dies wird, soweit es § 184c StGB betrifft, zu kaum vertretbaren Ergebnissen führen (ich teile die daran geübte Kritik von Professor Müller).

Es gibt also durchaus einiges zu kritisieren am Gesetzentwurf der Bundesregierung.

 

Gleichwohl muss man feststellen, dass die allermeisten Einwände, die seit Monaten in den Medien und Blogs gegen die geplanten Gesetzesänderungen vorgebracht werden, nicht ansatzweise nachvollziehbar sind. Empörungshaltung und selbstgewisse Kritikerattitüden kontrastieren in solchen Meinungsäußerungen ganz deutlich mit der nur sehr geringen Sachkenntnis der betreffenden Autoren.

Vor allem verstehen Kritiker dieser Provenienz meist nicht, welchen Sinn das Tatbestandsmerkmal der „unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltung“ in §§ 184b Abs. 1 und 184c Abs. 1 StGB-E hat. Ein Beispiel dafür ist im hiesigen Blog Kai Abrell, der den Kommentar # 35 verfasst hat. Er meint, gemäß dem Entwurf der Bundesregierung müssten künftig eigentlich auch viele Nacktdarstellungen junger Menschen in Werken der bildenden Kunst strafbar sein und nennt als Beispiel die berühmte altgriechische Laokoon-Gruppe. „Folgerichtig“, so meint der Autor, „müssen alle antiken Plastiken und Darstellungen z.B. auf Vasen, bei denen die Bundesprüfstelle nicht per Geburtsurkunde des antiken Modells nachweisen kann, dass die dargestellte Person über 18 Jahre alt war, aus allen Museen verbannt werden. Alle Kunstbücher und Schulbücher mit Abbildungen antiker grichischer (sic!) Kunst sind sofort zu vernichten, öffentliche Bibliotheken sind zu ‚säubern‘, am Besten von nachgewiesenen Hardcore-Puritanern ohne jedes Verständnis für Kunst und Kultur.“ (Damit der Leser die zuletzt zitierten „Folgerungen“ des Autors nicht missversteht, teilt dieser vorsorglich mit, dass sie satirisch gemeint seien, er schreibe im „Satiremodus“.)

Gemäß dieser „satirisch“ bemäntelten Schreckensvision stehen uns also „Säuberungen“ durch kunst- und kulturfeindliche „Hardcore-Puritaner“ bevor, und Justizminister Heiko Maas und seine Ministerialbeamten haben diesen Säuberungen mit ihrem banausischen Gesetzentwurf den Weg bereitet.

Es lohnt sich natürlich nicht, sich mit solchen „Satiren“ näher zu befassen. Ich will lediglich in aller Kürze (und satirefrei) den Ausgangspunkt des Autors kommentieren, nämlich seine Behauptung, die Nacktdarstellung der Laokoon-Gruppe falle unter die gesetzliche Neuregelung der §§ 184b, 184c StGB.

Dies ist definitiv nicht der Fall.

Die Laokoon-Gruppe stellt bekanntlich einen Vater und seine beiden jugendlichen Söhne dar, die sich - nackt - im Todeskampf mit mehreren großen Würgeschlangen befinden. Die Darstellung der beiden Söhne hat also ersichtlich keinen Sexualbezug; es handelt sich einfach nur um eine Nacktdarstellung. Darstellungen dieser Art fallen - wie jeder Kundige weiß - nicht unter die Kinder- und Jugendpornographie-Tatbestände des geltenden Rechts. Und das gilt auch für die Neuregelungen des Entwurfs, denn Nacktdarstellungen ohne Sexualbezug sind nicht „geschlechtsbetont“ im Sinne der §§ 184b, 184c StGB-E. Daher ist es ganz abwegig, gerade die Laokoon-Gruppe mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu §§ 184b, 184c StGB in Verbindung zu bringen.

 

Für viele Gesetzgebungskritiker sind  vielleicht - zum Zwecke des eigenständigen Weiterdenkens und Vertiefens - die folgenden Informationen hilfreich:

Der im Gesetzentwurf verwendete Ausdruck „unnatürlich geschlechtsbetonte Körperhaltung“ ist keine Neuschöpfung der Entwurfsverfasser, sondern findet sich bereits im derzeit geltenden Recht, nämlich im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) und im Jugendschutzgesetz (JuSchG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV ist es Internet-Anbietern verboten, Bildaufnahmen zu verbreiten, die Kinder und Jugendliche in „unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung“ darstellen. § 15 Abs. 2 Nr. 4 JuSchG enthält ein entsprechendes Verbot für den Bereich der Trägermedien, also für DVDs, USB-Sticks etc. (wobei das JuSchG allerdings - anders als der JMStV - kein absolutes Verbot aufstellt, sondern nur ein dem Jugendschutz dienendes relatives). Auf diese bereits vorhandenen Regelungen nehmen die Entwurfsverfasser des Bundesjustizministeriums in ihrer Gesetzesbegründung auch ausdrücklich Bezug  (vgl. BT-Drs. 18/2601, S. 37). Anhand der Kommentarliteratur und der Rechtsprechung zum JMStV und zum JuSchG kann man sich also schon jetzt ein Bild davon machen, was mit dem Ausdruck „unnatürlich geschlechtsbetonte Körperhaltung“ in dem Gesetzentwurf ungefähr gemeint sein könnte (und was ganz gewiss nicht).

Außerdem - und vor allem - sollte man die gerade erwähnte Entwurfsbegründung zum aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung  (BT-Drs. 18/2601. S. 37) selbst einmal genau lesen. Dort wird man möglicherweise Informationen aus erster Hand dazu finden, an welche Fälle die Entwurfsverfasser mit der neuen Tatbestandsalternative gedacht haben und welches Regelungsproblem sie damit zu lösen versucht haben. (Anders als früher, bevor es das Internet gab, hat heute jeder - auch jeder Nichtjurist - die reale Möglichkeit, auf die Gesetzesmaterialien zuzugreifen. Das sollte genutzt werden.)

Wenn man sich dann auf diese Weise ein wenig kundig gemacht hat, ist vielleicht - aufgrund der gewachsenen Sachkenntnis - der Drang zur Kundgabe von satirisch verbrämten Empörungsverlautbarungen nicht mehr ganz so groß. An deren Stelle könnte dann konstruktive Kritik treten.

 

Ralf Röder

 

Beinahe schon rührend, wie Sie ein offensichtlich untaugliches Beispiel - die Laokoon-Gruppe - hernehmen, um mit viel Text wenig zu sagen und vom eigentlichen Problem abzulenken, das Sie selber zwar ansprechen, aber nicht näher erörten: der Gefahr, dass "kunst- und kulturfeindliche Hardcore-Puritaner" nun ein Mittel an die Hand bekommen, um ihre Moralvorstellungen der Allgemeinheit aufzuzwingen.

Nehmen Sie doch mal konstruktiv zu folgenden Themen Stellung:

1. bereitet es erhebliche Abgrenzungsschierigkeiten, was "teilweise unbekleidet" sein soll: fällt ein Bikini/Badehosen-Selfie schon darunter? Oder Foto, bei dem die Brüste von Händen/Armen verdeckt werden? Derartige Bilder gibt es millionenfach online.

2. das Gleiche gilt für die "unnatürlich geschlechtsbetonte Körperhaltung". Sie ist zwar im JuSchG genannt, aber nicht definiert. Sind die Werke von David Hamilton, Will McBride oder Jock Sturges Kunst oder Jugendpornographie? Richtet sich die Strafbarkeit nach der Verklemmtheit eines karrieregeilen Staatsanwalts?

3. das JuSchG ist kein Maßstab dafür, was Erwachsene sehen oder kaufen dürfen.

4. die sexuelle Selbstbestimmung beginnt mit geringen Einschränkungen mit 14 Jahren und uneingeschränkt mit 16 Jahren.

Für den Fall, dass Ihr Beitrag nicht ein C&P-Spam über alle deutschsprachigen juristischen Borards war, bin ich gespannt auf Ihre unsatirischen Kommentare.

Sehr geehrte Kommentatoren,

mein  Beitrag bezog sich auf den ursprünglichen Gesetzentwurf zu § 184c StGB (Jugendpornografie). Dieser ist nun wesentlich entschärft worden, weshalb ich einen neuen Beitrag verfasst habe. Ich bitte Sie dies zu beachten.

Mit freundlichen Grüßen

Henning Ernst Müller

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