Gesetz zur Wiederherstellung der Tarifeinheit soll im Herbst kommen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 01.09.2014

Mehreren Medienberichten zufolge will die Bundesregierung im Herbst einen Gesetzentwurf zur Tarifeinheit in Betrieben vorlegen. Das kündigte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bei einer Pressekonferenz in Berlin an. Sie wird mit den Worten „Wir werden im Herbst was hinkriegen“ zitiert. „Wir wollen die Tarifeinheit, und wir sind intensiv in der Abstimmung, um einen verfassungsrechtskonformen Vorschlag machen zu können.“ Derzeit laufen noch Abstimmungen mit dem Innen- und dem Justizministerium, den so genannten Verfassungsressorts, die Regelungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundgesetz überprüfen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) deutete aber Schwierigkeiten bei diesen Gesprächen an. Er sei gemeinsam mit Nahles und Justizminister Heiko Maas (SPD) „dabei, eine Lösung zu finden, die dem Koalitionsvertrag entspricht, dem Regelungsbedürfnis entspricht und zugleich verfassungskonform ist“, erklärte der Innenminister bei derselben Pressekonferenz. Dies sei angesichts der weit gehenden grundgesetzlichen Garantie der Tarifautonomie "eine der komplizierteren Übungen", räumte de Maizière allerdings ein. Rückenwind erhält die gesetzgeberische Initiative derzeit durch die Streikdrohungen im Bereich der Luftfahrt und der Bahn. Die Arbeitgeber bestehen darauf, dass hier und in anderen Bereichen der Einfluss der Spartengewerkschaften eingeschränkt wird. Am Anfang stand auch der DGB mit seinen großen Gewerkschaften hinter dem Projekt. Mittlerweile steht der DGB nicht mehr hinter diesen Plänen. Garantiert ist der Widerstand der Spartengewerkschaften. Zum Beispiel droht der Marburger Bund bereits jetzt mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht. Etwas vernachlässigt wird bei alledem der Vorschlag, gesetzgeberische Maßnahmen zunächst auf die Reglementierung von Arbeitskämpfe in der Daseinsvorsorge zu beschränken, also insbesondere auf die Bereiche Krankenversorgung, Feuerwehr, Schulen, Kinderbetreuung, Verkehr und Energie. Auch andere Länder kennen solche Sonderregelungen. Denkbar wären längere Ankündigungsfristen und Verhandlungspflichten mit obligatorischer Schlichtung. Die verfassungsrechtlichen Risiken wären hier deutlich geringer. In diesem Zusammenhang ist auf den Vorschläge zur gesetzlichen Regelung von Streik und Aussperrung in Unternehmen der Daseinsvorsorge aus dem Jahre 2012 hingewiesen (Franzen/Thüsing/Waldhoff, Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge, Mohr Siebeck Tübingen 2012). Dieser Weg wäre m.E. das mildere Mittel und könnte zur Befriedung der besonders sensiblen Bereiche beitragen. 

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3 Kommentare

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Ein Tarifeinheitsgesetz in der von der SPD favorisierten Form dürfte weder verfassungskonform noch europarechtskonform sein. Da hilf auch alles Wollen nichts.

Davon abgesehen ist nicht verständlich, wieso ausgerechnet die "Arbeiter"partei SPD die Koalitionsrechte von Arbeitnehmern einschränken will.

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Die Menschen haben auch im Bereich der Daseinsvorsorge das Recht darauf zu streiken. Wer das nicht hinnehmen will muss die Leute eben verbeamten. Nach derzeitigem Stand ist Beamten das Streiken untersagt. Selbst das BVerwG stellt sich hinter das beamtenrechtliche Streikverbot.

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Wo soll das eigentlich noch hinführen? Seit wann diktieren die (großen) Unternehmen derart offensichtlich und widerstandslos die Politik? Warum ist gerade die (ehemalige) Arbeiterpartei SPD federführend? Ich verstehe es nicht.

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