Endlich höchstrichterlich geklärt: Betreiben von „Abo-Fallen“ im Internet ist Betrug

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 28.08.2014

Lange Zeit wurde kritisiert, dass die Strafgerichte die "Abo-Fallen" im Internet  mangels Täuschung nicht als Betrug behandelten. Eine erste Kehrtwende war mit OLG Frankfurt a.M. NJW 2011, 398 getan. Nunmehr bestätige der BGH im Urteil vom 5.3.2014 – 2 StR 616/12 -  diesen Rechtsstandpunkt.

Bei den „Abo-Fallen“ im Internet handelt es sich um Webseiten, die vermeintlich unentgeltliche Dienstleistungen anbieten, für die aber an versteckter Stelle auf die Kostenpflicht des Angebots – häufig verbunden mit einem Abonnement – hingewiesen wird. Wenig später erhalten die Nutzer eine Rechnung. Der Betreiber der Webseite rechnet damit, dass ein Großteil der Betroffenen lieber zahlt, bevor er sich auf eine juristische Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang einsetzt.

Der BGH hat nun klargestellt, dass eine betrügerische Täuschungshandlung vorliegt, wenn die Gestaltung einer Internetseite absichtlich verschleiert, dass der Nutzer ein kostenpflichtiges Abonnement der angebotenen Leistung eingeht. Auch wenn bei sorgfältiger, vollständiger und kritischer Prüfung ein Hinweis auf die Entgeltlichkeit zu erkennen ist, schließt dies nach der Auffassung des Senats eine Täuschung nicht aus.

Bemerkenswert ist, dass das Urteil betont, dass es zwar nicht Aufgabe des Strafrechts (und des Bildungstatbestands) ist, also sorglose Menschen vor den Folgen ihres eigenen unbedachten Tuns zu schützen. Jedoch lassen Leichtgläubigkeit des Opfers oder Erkennbarkeit einer auf die Herbeiführung eines Irrtums gerichteten Täuschungshandlung weder aus Rechtsgründen die Täuschung entfallen noch schließen sie eine irrtumsbedingte Fehlvorstellung aus.

Wer in die Kostenfalle getappt ist, wird sich über diese Entscheidung freuen.

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5 Kommentare

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Erfreuliche Entscheidung. Auch wenn ich persönlich die Strafbarkeit als Betrug zweifelhaft finde (ein eigenständiger Straftatbestand wäre m. E. besser gewesen), hat jetzt zumindest irgendeine Institution da mal eine Linie gezogen. Bleibt zu hoffen, dass sich dies nun in der Praxis durchsetzt.

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Gestern kam doch dazu im TV ein Beitrag "in Moll", der zwar die Entscheidung lobte, allerdings konstatierte, dass dem Täter M.B. die Millionenwerte verbleiben, die er dadurch erlangte.

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Falsche Hoffnung

Wenn es jetzt noch ans Kleinstgedruckte, in hinterste Paragraphen der Vertragsbedingungen versteckte Klauseln und an verschwurbelte Rechtsprechung bzw. auf Randnummern "ausgelagerte" Aushebeln der Gesetze gehen würde, könnte die Verrechtlichung des Alltags wieder einem Vertrauensverhältnis von Vertragspartnern weichen. Die früher einmal, man mag es kaum glauben, ehrbare Vereinbarungen per Handschlag tätigten. Gott sei Dank gibt es die Juristen, die ja nichts lieber täten, als da wieder hin zu kommen. Denn man ist ja so überlastet von den vielen Streitereien.

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mhh... die Argumentation des BGH lässt sich m.E. 1:1 übertragen auf die bekannte Gewerbeauskunfszentrale und vergleichbare Anbieter außerhalb des www.

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@ tester

Stimmt!

Der Gedanke ist mir noch gar nicht gekommen, aber Sie haben völlig recht. Zwar laufen nach anfänglicher divergierender amtsgerichtlicher Rechtsprechung nach wie vor Ermittlungen gegen die Gewerbeauskunftszentrale. Die Staatsanwälte bewegen sich aber nunmehr rechtlich in einem höchstrichterlich abgeklärten Feld und können die Argumentation vollumfänglich übernehmen.

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