BayernLB-Prozess: Blanke Unfähigkeit ist nicht strafbar, aber für § 153a StPO reicht`s !?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 27.08.2014

Das Strafverfahren gegen vier der sechs ehemaligen Vorstände der Bayerischen Landesbank wegen Untreue und Bestechung des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider stellte das Landgericht München am Dienstag gegen Geldauflage ein.

Blanke Unfähigkeit belegten die Banker als sie die Kärntner Schrottbank Hypo Group Alpe Adria kauften; ein Kauf, der dem bayerischen Steuerzahler bereits  3,7 Milliarden € kostete und ein Ende ist nicht in Sicht.

Wenn aber blanke Unfähigkeit nicht strafbar ist, dann sind die Angeklagten freizusprechen und nicht – wie geschehen – gemessen am Einkommen äußerst geringe Geldauflagen zu verhängen. Dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken Michael Kemmer wurden  lediglich 20.000 € auferlegt, obwohl sein monatliches Einkommen diesen Betrag um ein Vielfaches übersteigen dürfte.

„Die Strafjustiz verkauft ihr Kapital“ (so formulierte Professor Dr. Karsten Gaede in der FAZ vom 13.8.2014 S. 16), wenn keine Urteile mehr gesprochen werden, sondern Ecclestone schwindelerregende 100 Millionen US-$ und Kemmer niedrige 20.000 € auferlegt werden.

Auch wenn die Münchner Bankvorstände Milliarden verschleudert haben, sind sie, wenn das Gericht von einer Strafbarkeit nicht überzeugt ist, freizusprechen  und von ihnen nicht eine Einstellung gegen Geldauflage, wie  gering diese auch immer sein mag, "abzuringen".

Es scheint an der Zeit, gesetzlich zu regeln, wie Geldauflagen im Rahmen einer Einstellung nach § 153 a StPO zu behandeln sind.

PS Die Strafkammer stand von Anfang an der Anklage skeptisch gegenüber und lehnte deshalb die Zulassung zunächst ab. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft entschied jedoch das OLG, die Anklage zuzulassen

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7 Kommentare

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  "Es scheint an der Zeit, gesetzlich zu regeln, wie Geldauflagen im Rahmen einer Einstellung nach § 153 a StPO zu behandeln sind."   Was genau wollen Sie damit jetzt sagen bzw. was hat das mit der Frage zu tun, ob die Voraussetzungen für eine solche Einstellung überhaupt gegeben sind?   So eine Verfahrenseinstellung hat jedenfalls den Vorteil, dass man keine Anfänger-Strafzumessungsfehler begehen kann wie z.B. in der Ausgangsentscheidung zu BGH 3 StR 441/10. 
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@ gaestchen

Vorweg: Die Strafjustiz muss dem Eindruck entgegentreten, dass mit § 153a StPO den Reichen und Mächtigen der Freikauf gelingt. Genauer: Die Strafjustiz muss unparteiisch über Schuld und Unschuld des Angeklagten entscheiden.

Nach den jüngsten Entscheidungen aus München sehe ich mich gleichsam auf dem Basar, wenn die Geldauflage höher bemessen sein kann als die gesetzlich zulässige Höchstgeldstrafe oder auf der anderen Seite auf einen symbolischen Obulus sich beschränken kann. Auf der Rechtsfolgenseite könnte der Gesetzgeber - wie bei der Geldstrafe - Ober- und Untergrenzen festlegen, um die Norm besser zu struktieren.

Mit den Einstellungsvoraussetzungen hat das grundsätzlich nichts zu tun. Nur: Mir scheint, dass gleichwohl zwischenzeitlich eine undurchsichtige Gemengenlage zwischen Anwendungsvoraussetzungen und Folgen vorliegt, wenn selbst bei schweren Vorwürfen extrem hohe Geldauflagen trotz gravierender Schuld noch zur Einstellung führen können.

Eine fiskalisierte Strafjustiz wird das nach wie vor in sie gesetzte Vertrauen schnell verlieren (allgemein zum Vertrauen in die Justiz in einem weiteren Blogbeitrag demnächst).

 

Zitat: "Dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken Michael Kemmer wurden lediglich 20.000 € auferlegt, obwohl sein monatliches Einkommen diesen Betrag um ein Vielfaches übersteigen dürfte."

 

"Um ein Vielfaches" = mindestens um das Doppelte. Kemmer müsste also mindestens 240 T€ + (2 x 240 T€) = 720 T€ verdienen.

 

Wie kommen Sie auf diese (m.E. grotesk abwegige) Behauptung?

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Das Gute an den Einstellungen im laufenden Verfahren ist, dass man so das Verfahren gegen die einen Angeklagten beenden und gegen andere Angeklagte weiterführen kann. Ich meine mich zu erinnern, dass noch gegen 2 Angeklagte (u. a. wegen Bestechung) weiter verhandelt wird. So hat jeder etwas davon, für die Angeklagten endet das Verfahren und sie haben Rechtssicherheit, die Staatsanwaltschaft hat das Gesicht gewahrt und die Kammer muss keine Revision befürchten. Aber natürlich ist dies nicht das Strafverfahren, dass wir uns wünschen.

Es scheint auch eine Angst vor dem Freispruch zu herrschen, denn wenn ich mir die Justizstatistk für 2012 zu erstinstantslichen Verfahren beim Landgericht anschaue und dort auf S. 70 die Aufschlüsselung nach Beschuldigten betrachte finde ich 13.447 Urteil, davon 815 Freisprüche, was einer Quote von 6 % entspricht. Ohne Statistiker zu sein muss ich sagen, dass da was nicht stimmen kann. Entweder wird viel zu wenig (nämlich alles was nicht sehr sicher ist) angeklagt oder aber man umgeht den Freispruch mit allen Mitteln. Ich tippe eher auf letzteres, denn irgendeine Straftat findet man immer.

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Naja, einen Verurteilungseifer kann man alltäglich in der Strafjustiz beobachten. Meine Erfahrung ist es aber auch, dass die Angeklagten resp. Mandanten unter dem Druck des Strafverfahrens in den meisten Fällen nicht bereit sind die Sache durch zukämpfen. Ich kann man mir allerdings schwer vorstellen, wie man die "Tarife" des 153a gesetzlich ausgestalten soll, ohne dabei tiefer in die Sache einzusteigen?

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@ Jens

Das jährliche Einkommen des Hauptgeschäftsführers und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes deutscher Banken Michael Kemmer ist mir nicht bekannt und bei einer ersten Recherche im Internet habe ich keine Zahlen gefunden. Vielleicht bin ich dazu naiv, aber wenn schon die örtlichen Sparkassenchefs von Köln und Düsseldorf jährlich ca. 750.000 € verdienen (zum dazu gehörenden Artikel im Handelsblatt), dann glaube ich, dass Herr Kemmer dies allemal verdient.

 

 Aber vielleicht gibt es einen Leser, der uns in dieser Gehaltsfrage weiterhilft. Gerne korrigiere ich mich und habe dazu gelernt.

Der BdB ist - wie der bekanntere BDI - ein Interessenverband der privaten Banken in Deutschland, seinerseits mit den anderen Bankenverbänden in Deutschland in der Deutschen Kreditwirtschaft organisiert. Inwieweit die Geschäftsführergehälter dort etwas mit der Vergütung von Vorständen von Instituten zu tun haben sollen, erschließt sich mir nicht. Dass ein Verbandsgeschäftsführer "allemal" mehr verdienen müsse als die Vorstandschefs zweier großer Institute (nicht riesig, aber die genannten Sparkassen sind größer als der Durchschnitt der deutschen Banken), die nichtmal Mitglied des Verbandes sind, ist nicht nachvollziehbar.

Der BdB wird von seinen Mitgliedern bezahlt und entgegen anders lautender Gerüchte werfen Privatbanken (anders als öffentliche Banken) nicht unnötig mit Geld um sich. Da das Gehalt diverser Bankvorstände auf kEUR 500 gekappt ist bzw. bis vor kurzem war, werden diese wenig Symphatie haben, dem Geschäftsführer ihres Interessenverbandes mehr zu bezahlen. Verbandsgeschäftsführer werden zumeist auch aus A- oder B-Führungskräfteebene der Mitglieder rekrutiert, dass ein Vorstand Geschäftsführer wird, ist sehr ungewöhnlich. Kemmer lebt sicher nicht von der Hand in den Mund und hat in seiner Vorstandszeit sicher deutlich besser verdient als heute und was zurücklegen können, so dass die kEUR 20 sicher wenig sind.

Das Gehalt eines Hauptgeschäftsführers eines Verbandes dürfte sich allerdings allenfalls in der Größenordnung eines Bereichsleiters bei einer Großbank bewegen, 20 kEUR sind da eher ein Monatsgehalt und da wäre ich mir nichtmal sicher, ob das nicht zu hoch gegriffen ist.

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