Titel über Kindesunterhalt lebt nach Trennung nicht wieder auf

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 26.08.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht|3239 Aufrufe

Das Kind wurde 2001 nichtehelich geboren. Der Vater erkannte die Vaterschaft am 11. Juni 2001 an und verpflichtete sich zugleich in einer Jugendamtsurkunde zur Zahlung des Mindestunterhalts.

Am 14. Juni 2002 heiratete der Vater die Kindesmutter und lebte mit ihr und dem Kind in der Folgezeit in einem gemeinsamen Haushalt.

2010 kam es zur Trennung.

Das Kind (vertreten durch das Jugendamt als Beistand) holte den alten Titel aus der Schublade und drohte unter teilweisem Vollstreckungsverzicht die Vollstreckung aus dem Titel an.

Der Vater begehrt VKH für einen „Abänderungs“-Antrag, die ihm jedoch vom AG mangels Erfolgsaussichten nicht gewährt wurde.

Anders das OLG Celle (OLG Celle v. 18.08.2014 - 10 WF 50/14), das VKH für einen Vollstreckungsabwehrantrag bewilligt:

Der Senat geht davon aus, dass die Jugendamtsurkunde nicht in dem hier maßgeblichen Zeitraum fortwirkt, da die Eltern zwischenzeitlich geheiratet und mit dem Antragsgegner zusammengelebt hatten. In der Jugendamtsurkunde ist die gegenüber dem Antragsgegner zum Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde bestehende Barunterhaltspflicht des Antragstellers tituliert worden. Diese Barunterhaltspflicht endete mit der Heirat der Kindeseltern am 14. Juni 2002. Ab diesem Zeitpunkt schuldete der mit der Restfamilie in häuslicher Gemeinschaft lebende Antragsteller Familienunterhalt im Sinne der §§ 1360, 1360 a BGB, der auch beinhaltet, den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder der Eheleute zu befriedigen. Der Unterhaltsanspruch des Kindes wird dadurch erfüllt, dass das Kind in der Familie lebt und die Eltern beiderseits ihrer Pflicht zum Familienunterhalt nachkommen. Der Unterhaltsanspruch des Kindes ergibt sich zwar (weiterhin) aus den §§  1601 ff BGB.

Der Inhalt dieses Anspruchs hat sich jedoch im Vergleich zu dem ursprünglich bestehenden Barunterhaltsanspruch wesentlich geändert. Der Unterhaltsanspruch der ehelichen Kinder besteht in Form von Betreuungs- und Naturalunterhalt. Damit konnte der auf Barunterhalt gerichtete Titel während des ehelichen Zusammenlebens keine Wirkung haben. Allein die Trennung der Eltern führt nicht dazu, dass der ursprünglich bestehende Barunterhaltsanspruch wieder auflebt. Es bedarf vielmehr einer neuen Titulierung unter Berücksichtigung der aktuellen Verhältnisse. Dies rechtfertigt sich bereits daraus, dass der Antragsteller während des ehelichen und familiären Zusammenlebens schon aus verfahrensrechtlichen und vertretungsrechtlichen Gründen gar nicht die Möglichkeit hatte, den Unterhaltstitel - obwohl er auf eine nicht bestehende Barunterhaltspflicht gerichtet war - zu beseitigen. Weder er noch seine Ehefrau konnten insofern im Namen des Kindes einen wirksamen Verzicht auf die Rechte aus dem Titel erklären und für die Bestellung eines Ergänzungspflegers insofern fehlte es jedenfalls am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

Der erklärte teilweise "Vollstreckungsverzicht" hinsichtlich titulierten Kindesunterhalts beseitige weder das Rechtsschutzbedürfnis des Verpflichteten für einen Vollstreckungsabwehr- bzw. einen Abänderungsantrag, noch hat er die Folge, dass derartige Anträge verfahrenkostenhilferechtlich mutwillig wären.

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