Außerordentliche Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 04.08.2014
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKündigungKrankheit|4926 Aufrufe

Dass häufige Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen können, ist in der Rechtsprechung des BAG anerkannt (BAG, Urt. vom 10.11.2005 - 2 AZR 44/05, NZA 2006, 655). Wie aber liegen die Dinge, wenn die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, wie dies z.B. in vielen Tarifverträgen zugunsten älterer, langjährig Beschäftigter vorgesehen ist. Kann der Arbeitgeber dann - zumindest in Extremfällen - zu einer außerordentlichen Kündigung (§ 626 Abs. 1 BGB) greifen?

Mit dieser Frage beschäftigt sich ein erst jetzt veröffentlichtes Urteil des BAG:

Zur Überzeugung des Zweiten Senats kann Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sein; von Ausnahmefällen abgesehen allerdings lediglich dann, wenn die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist. Anderenfalls gelte der Vorrang der ordentlichen Kündigung. Materielle Voraussetzung der Kündigung sei sodann, dass der Arbeitgeber bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - ggf. über Jahre hinweg - erhebliche Entgeltzahlungen zu erbringen hätte, ohne dass dem nennenswerte Arbeitsleistungen gegenüberstünden, das Arbeitsverhältnis also "sinnentleert" wäre. Dafür reiche es nicht aus, wenn - wie im Streitfall - lediglich mit krankheitsbedingten Fehlzeiten im Umfang von etwa einem Drittel der Jahresarbeitszeit zu rechnen sei.

Aufgrund dessen hat das BAG die Revision der beklagten Arbeitgeberin gegen das der Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil des LAG Hamburg zurückgewiesen.

BAG, Urt. vom 23.1.2014 - 2 AZR 582/13, BeckRS 2014, 70847.

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