US Supreme Court: Keine Durchsuchung eines von der Polizei beschlagnahmten Handys ohne Beschluss „Warrant“

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 25.06.2014

Vielleicht ein Meilenstein hier in den USA zum Schutze der Privatspähe (privacy): Der US-Supreme Court entschied heute, dass Polizeibeamte in der Regel einen Haftbefehl haben, bevor sie das Handy oder Smartphone eines verhafteten Verdächtigen durchsuchen.

"Die Tatsache, dass die Technologie es einem Individuum ermöglicht,  solche Informationen in der Hand zu tragen macht nicht die Informationen nicht weniger schutzwürdig, für die die Gründerväter gekämpft haben. Unsere Antwort auf die Frage, was Polizei vor der Durchsuchung eines beschlagnahmt Handys bei einer Festnahme tun muss, ist dementsprechend einfach - sie benötigt einen Durchsuchungsbeschluss (warrant),"schrieb Chief Justice Roberts.

Die Umstände in den beiden Fällen, der eine aus Massachusetts und einer aus Kalifornien, waren verschieden, aber in beiden Fällen ging es um die Durchsuchung eines Mobiltelefons: einmal um ein  Flip-Telefon, ein andermal  um ein anspruchsvolleres Smartphone. Das Oberste Gericht urteilte die beiden Fälle zusammen -  beide Durchsuchungen waren verfassungswidrig.  In der Entscheidung gibt es einige enge Ausnahmen zur Gefahrenabwehr, die noch weiter analysiert werden müssen.

Das Urteil könnte einen großen Einfluss in einigen US-Bundesstaaten zu haben, weil  dort die Strafverfolgungsbehörden die Durchsicht von Handys zu einer Top-Priorität gemacht haben, wenn ein Verdächtiger festgenommen. Die rechtliche Frage war, ob der Vierte Verfassungszusatz, der vor unangemessenen Durchsuchungen schützt, nach einer Festnahme eine gerichtlichen Ermächtigung, bevor ein Handy durchsucht werden kann.

Müssen jetzt diverse Krimis umgeschrieben werden?

Link zur Entscheidung zum Nachlesen:

http://www.supremecourt.gov/opinions/13pdf/13-132_8l9c.pdf

Riley v. California, 13-132 and U.S. v. Wurie, 13-212.

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2 Kommentare

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Ich finde es immer rührend, daß der US-Supreme Court die Bürgerrechte formal so hoch hält, die USA aber de facto ein rechtsstaatliches Entwicklungsland sind. Die Situation ist der in Deutschland in dieser Beziehung nicht unähnlich. Zwar hält auch das BVerfG den Schutz der Grundrechte weit hoch und erklärt alljährlich viele strafprozessuale Maßnahmen für verfassungswidrig. Die Konsequenz, der Rechtswidrigkeit auch ein Verwertungsverbot für die gewonnenen Beweise folgen zu lassen, will aber auch das BVerfG nicht ziehen. Verwertungsverbote soll es nur in seltenen Ausnahmefällen geben, die praktisch eigentlich nicht vorkommen. Falls doch, dann nur in den Fällen, in denen die Verurteilung nicht von dem verbotenen Beweis abhängt. In diesem Wissen besteht auf beiden Seiten des Atlantiks für die Ermittlungsbehörden nur eine geringe Motivation, sich allzu streng an die Verfahrensregeln zu halten, da Verstöße zumeist folgenlos bleiben.

 

Aber schön, daß man mal wieder eine Entscheidung für die offizielle Entscheidungssammlung getroffen hat, die Professoren in Fachzeitschriften besprechen, Jurastudenten auswendig lernen und Praktiker in die Tonne kloppen können.

 

 

5

Die Meinung in der US-Presse ist, dass die Entscheidung erhebliche praktische Auswirkungen haben wird. Die Ausnahmen des Grundsatzes, dass ein Warrant erforderlich ist, sind sehr eng gefasst.  Zumindest werden Strafverteidiger hier genau hinschauen. Beweise, die gegen Verstoss gegen das 4th Amendment erworben wurden, sind im Strafprozess nicht verwertbar (fruit of the poisonous tree). Die Auswirkung auf den Privatsektor dieser mit "9:0" (Richterstimmen) ergangenen Entscheidung sind noch nicht absehbar.

 

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