Der jähzornige Samenspender

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 27.05.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht9|3420 Aufrufe

Der Antragsteller hat sich bereits mehreren Frauen mit Kinderwunsch als Samenspender zur Verfügung gestellt.


Von einer dieser Mütter begehrt er nunmehr Auskunft über seine Tochter und die Überlassung eines Fotos derselben.


Die Mutter wendet ein, der Antragsteller terrorisiere sie und die anderen Mütter mit unzähligen Telefonaten und E-Mails. Entgegen seiner ursprünglichen Zustimmung weigere er sich, einer Stiefkindadoption durch ihre Lebenspartnerin zuzustimmen. Ihm gehe es nicht um die Kinder; vielmehr wolle er ausschließlich Einfluss auf das Leben der Frauen nehmen. Er sehe die gezeugten Kinder lediglich als Statussymbole, über welche er eine Bindung der Mütter zu ihm erreichen wolle. Die Pflege eines Kindes und Übernahme elterlicher Verantwortung sei ihm nicht möglich. Er sei jähzornig, selbstbezogen, unberechenbar und leide unter erheblichen psychischen Auffälligkeiten.


Das OLG (OLG Hamm v. 07.03.14 - 13 WF 22/14) zu dem Inhalt der E-Mail-Korrespondenz:


Hierbei versteigt er sich zu vulgären und die Grenze der Strafbarkeit überschreitenden Äußerungen („dreckige, miese Ratte“, „dreckige Arroganz und Verlogenheit“, „krankes Hirn“, „kranker Egoismus“, „verlogener, eiskalter und charakterloser Abschaum als Mutti“, „kranke Klauen“) und „droht“ mit der Geltendmachung seiner Rechte als Vater, obwohl er - zumindest der Antragsgegnerin gegenüber - im Vorfeld der Samenspende ausdrücklich zugesichert hat, einer Stiefkindadoption seitens der Lebenspartnerin der Antragsgegnerin „selbstverständlich zuzustimmen“. Dieser Zustimmung war eine Anfrage der Antragsgegnerin vorausgegangen, mit welcher diese deutlich gemacht hat, dass ihre Lebenspartnerin das Kind adoptieren solle, damit „sämtliche Rechte und Pflichten eines Elternteils auf sie übergehen“. Nach dem Zerwürfnis zwischen den Beteiligten hat er seine Zustimmung zur Adoption verweigert und versucht, auf die Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und ihrer Lebenspartnerin schädigend einzuwirken, indem er ausdrücklich darauf hinweist, dass nur er und die Antragsgegnerin die Kindeseltern seien, die Lebenspartnerin hiermit „nichts zu tun“ habe und die Lebenspartnerin sowohl der Antragsgegnerin als auch dem Kind mit ihren „Tricks“ und ihrem „kranken Egoismus“ schade.


Gleichwohl bewilligt das OLG dem Vater VKH für den genannten Auskunftsantrag:


Nach § 1686 BGB ist ein Elternteil verpflichtet, dem anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse der gemeinsamen Kinder zu erteilen, wenn und soweit der Elternteil ein berechtigtes Interesse daran hat und dies dem Wohl des gemeinsamen Kindes nicht widerspricht. Das Wohl des Kindes soll hierbei nicht Maßstab für die Gewährung der Auskunft sein, sondern diese lediglich begrenzen. Hiermit soll einem Missbrauch des Auskunftsrechts vorgebeugt werden. Ein Ausschluss oder eine Einschränkung dieses Anspruchs ist nur bei Rechtsmissbrauch möglich, wie er z. B. bei schikanösem Verhalten  oder auch dann vorliegen kann, wenn das Auskunftsbegehren sachfremden Zwecken wie z. B. Übergriffen in die elterliche Sorge dient.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunftserteilung oder auch das Verlangen nach Auskunft dem Kindeswohl widerspricht, sind nicht vorhanden. B kann und wird von der Auskunftserteilung seitens der Antragsgegnerin keine Kenntnis erlangen und ist somit hiervon nicht in ihrem Empfinden betroffen. Der Umstand, dass der Antragsteller nach dem Vortrag der Antragsgegnerin seinen Anspruch auf Auskunft dazu missbrauchen möchte, um in ihre Privatsphäre und in ihre Beziehung mit ihrer Lebenspartnerin einzugreifen, und die Informationen über B dazu nutzen werde, ihr gegenüber manipulativ und drohend aufzutreten, genügt hierfür nicht. Sollte sich die Antragsgegnerin durch das Begehren nach Auskunft beziehungsweise durch die „Belästigungen“ in ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden gestört fühlen, kann dem sowie anderweitigen Belästigungen durch den Antragsteller dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass die geforderte Auskunft erforderlichenfalls über eine Mittelsperson wie z. B. das Jugendamt oder über einen Rechtsanwalt erteilt werden kann. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern die mit dem Auskunftsverlangen begehrten Informationen für weitere Drohungen bzw. Belästigungen nützlich sein könnten. Dies ist auch von der Antragsgegnerin nicht aufgezeigt. Auch wenn das Auskunftsverlangen des Antragstellers möglicherweise auf einem plötzlichen Sinneswandel beruht, liegen diesem Verlangen nach dem bisherigen Sach- und Streitstand keine sachfremden Motive für die Geltendmachung dieses Auskunftsanspruchs zugrunde. Ein schikanöses Verhalten des Antragstellers ist - derzeit - nicht erkennbar. Letztlich begehrt der Antragsteller mit seinem Auskunftsanspruch lediglich das, was im Vorfeld der Schwangerschaft, als die Beteiligten und auch die Lebenspartnerin der Antragsgegnerin noch ein herzliches Verhältnis zueinander pflegten, unausgesprochener Konsens war, nämlich dass er zumindest in gewissem Umfang über die Entwicklung und das Wohl von B unterrichtet wird. Die Antragsgegnerin wird zu akzeptieren haben, dass der Antragsteller der leibliche und rechtliche Vater ihres Kindes ist und der Auskunftsanspruch letztlich auch Ausfluss des dem Antragsteller zustehenden Elternrechts aus Art. 6 GG. Dieser Auskunftsanspruch stellt nach dem Kontaktabbruch zwischen den Beteiligten für den Antragsteller die einzige Möglichkeit dar, sich über die Entwicklung von B zu informieren und an ihrem Leben teilzuhaben.

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9 Kommentare

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Hallo,

 

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunftserteilung oder auch das Verlangen nach Auskunft dem Kindeswohl widerspricht, sind nicht vorhanden

 

...

 

„dreckige, miese Ratte“, „dreckige Arroganz und Verlogenheit“, „krankes Hirn“, „kranker Egoismus“, „verlogener, eiskalter und charakterloser Abschaum als Mutti“, „kranke Klauen“) und „droht“ mit der Geltendmachung seiner Rechte als Vater, ...

 

... da fällt mir eigentlich nicht viel dazu ein. Wenn einer mit Vaterrechten droht, ist doch wohl nur gemeint, diese für andere Wecke zu missbrauchen? Was für Anhaltspunkte brauche ich da mehr??

 

MfG

Peter H.

Hallo,

Wäre diese Entscheidung anders ausgefallen wenn der KV die elterliche Sorge und Umgang mit beantragt hätte?

Vielleicht auch unter dem Gesichtspunkt von Kommunikationsproblemen?

MfG

J.Krug

Hallo Frau Stein,

Auf openjur.de kann man dies nachlesen :-)

MfG

J.Krug

Kann vollkommen ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller diese Beschimpfungen über eine andere Person gesagt hat? (Also diese nicht zur Kindsmutter gesagt hat sondern eher als üble Nachrede über eine andere /Dritte Person?)

Dies wäre doch ein großer Unterschied. Bei "summarischen Prüfungen"  kann dies leicht geschehen.

Man sollte daher sehr vorsichtig sein.

Daher nochmal gefragt: Kann dies vollkommen ausgeschlossen werden?

5

Petra Stein schrieb:

Daher nochmal gefragt: Kann dies vollkommen ausgeschlossen werden?

Dem OLG war es anscheinend egal, hat es dem Vater doch  die VKH bewilligt und somit die Erfolgsausichten seines Begehrens bejaht

Richtig!

Aber, ich finde den Beitrag sehr einseitig recherchiert.

Denn mir liegen Hinweise vor, dass der Antragsteller diese Worte NICHT zur Kindsmutter gesagt hatte, sondern in dem sehr regen E-mailverkehr über eine Dritte Person gesagt hatte. Also eine Art üble Nachrede und dass die Kindsmutter sich auch rege daran beteiligt haben soll.

Der Fehler liegt darin, dass das OLG nur summarisch geprüft hatte und dabei wohl übersehen, dass der Antragsteller nicht die Kindsmutter beleidigt hatte, sondern sich bei ihr ausgeweint hatte und über eine Dritte geschimpft hatte!

DAHER finde ich es nicht in Odnung, wenn man dennoch verbreitet, dass der Antragsteller diese Beleidigungen zur Kindsmutter gesagt haben soll!

Petra Stein schrieb:

 

Aber, ich finde den Beitrag sehr einseitig recherchiert.

Ich betreibe keine Recherche bezüglich der Sachverhalte, sondern berichte über veröffentliche Entscheidungen deutscher Gerichte. Dabei gehe ich davon aus, dass das Gericht den Sachverhalt zutreffend festgestellt hat.

 

Bei einem VKH-Prüfungsverfahren genügt i.ü. Eine summarische Prüfung.

Ok. Wenn Sie das so so sehen, gerade dann ist es doch nicht nötig, die Beleidigungen die der Antragsteller zur Kindsmutter gesagt haben soll, hier aufzuführen!

Sehr seltsam Ihre Vorgehensweise!

 

 

 

 

Lesen Sie es doch mal unter der Webseite nach, da steht das gleiche wie Herr Burschel es oben geschrieben hat.

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