BAG: Exklusive Sonderzahlungen für Opel-Gewerkschaftsmitglieder rechtmäßig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 22.05.2014

Ob und ggf. in welchem Umfang dürfen Gewerkschaften mit ihrem Tarifpartnern zugunsten ihrer Mitglieder exklusive geldwerte Vorteile vereinbaren? Diese Frage beschäftigt die Rechtsprechung und Literatur schon seit dem legendären Streit um die sog. Differenzierungsklauseln. Die damalige, sehr rigide Linie des Großen Senats (29.11.1967, BAGE 20, 175) hat das BAG vor einigen Jahren aufgegeben und jedenfalls einfache Differenzierungsklausel für grundsätzlich zulässig gehalten (Urteil vom 18.3.2009, NZA 2009, 1028). Allerdings setzten die Richter dieser Gestaltungsform auch Grenzen. So darf durch die Höhe der Zahlungen kein übermäßiger Druck auf Arbeitnehmer zum Eintritt in eine Gewerkschaft ausgeübt werden. Die rechtlichen Konstruktionen sind in der Praxis vielfältig. Bei einem jetzt vom BAG (Urteile vom 21. Mai 2014 - 4 AZR 50/13, 4 AZR 120/13 ua. -) entschiedenen Fall waren im Rahmen von Sanierungsvereinbarungen zwischen Opel und dem zuständigen Arbeitgeberverband einerseits sowie der Gewerkschaft IG Metall andererseits im Jahre 2010 ua. eine Reihe von Vereinbarungen, darunter auch entgeltabsenkende Tarifverträge geschlossen worden. Die IG Metall hatte gegenüber Opel die Zustimmung hierzu von einer „Besserstellung“ ihrer Mitglieder abhängig gemacht. Zur Erfüllung dieser Bedingung trat Opel einem Verein bei, der satzungsgemäß „Erholungsbeihilfen“ an IG Metall-Mitglieder leistet. Nach der Beitrittsvereinbarung hatte Opel dem Verein einen Betrag von 8,5 Mio. Euro zu zahlen. Der Verein sicherte die Auszahlung von Erholungsbeihilfen an die bei Opel beschäftigten IG Metall-Mitglieder und die nach dem Einkommenssteuergesetz vorgesehene Pauschalversteuerung zu. Einige nicht in der IG-Metall organisierte Arbeitnehmer fühlten sich benachteiligt und klagten auf Zahlung der Erhohlungsbeihilfe in Höhe von 200 Euro. Das BAG hielt die Klagen für unbegründet, weil der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht eröffnet sei. Die Beitrittsvereinbarung sei Bestandteil des „Sanierungspakets“ der Tarifvertragsparteien. Solche Vereinbarungen seien nicht am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu überprüfen. Das gälte unabhängig davon, ob die Leistungen für die Gewerkschaftsmitglieder in einem Tarifvertrag oder einer sonstigen schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung geregelt worden sind. Der Vorsitzende des Vierten Senats, Mario Eylert, führte aus, Gewerkschaften hätten das Recht, allein für ihre Mitglieder Leistungen durchzusetzen. Das bestätigt die neue Linie des BAG. Nach Ansicht von Burkard Göpfert, der den Autobauer vor Gericht vertrat, spiegelt der Fall Opel ein Stück der Gewerkschaftspolitik wider, Sondervorteile für ihre Mitglieder bei einem Lohnverzicht herauszuhandeln. 

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