Bewährungswiderruf: Die Anhörung hierfür muss zeitnah zur Entscheidung stattfinden!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.05.2014
Rechtsgebiete: WiderrufStrafrechtVerkehrsrecht1|18544 Aufrufe

Beim Bewährungswiderruf wegen Auflagen-/Weisungsverstoßes muss der Betroffene mündlich angehört werden. Aber: Wie lange darf sich der Richter danach mit der Entscheidung über den Widerruf Zeit lassen? OLG Hamm sagt: 5 Monate sind jedenfalls zu lang!

Nach § 56f Abs. 1 Nr. 3 StGB kann eine Strafaussetzung zur Bewährung unter anderem dann widerrufen werden, wenn die verurteilte Person gegen Auflagen gröblich und beharrlich verstößt. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 453 Abs. 1 Satz 4 StPO, dass der Verurteilte mündlich angehört worden ist. Der Verurteilte soll dadurch insbesondere Gelegenheit erhalten, den Vorwurf zu entkräften, wobei die Sollvorschrift des § 453 Abs. 1 Satz 4 StPO dahin zu verstehen ist, dass die Anhörung zwingend ist, wenn sie eine weitere Sachaufklärung verspricht oder wenn ihr keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Auflage 2013, § 453 Rdnr. 7). An einer solchen dem Gesetzeszweck gerecht werdenden Anhörung des Verurteilten fehlt es vorliegend.

Zwar hat die Strafvollstreckungskammer den Verurteilten am 22.08.2013 mündlich angehört. Aufgrund des Zeitablaufs zwischen der Anhörung und der Widerrufsentscheidung von nahezu 5 Monaten konnte diese Anhörung aber nicht mehr als Entscheidungsgrundlage für den angefochtenen Beschluss dienen (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O. § 454 Rdnr. 31 m.w.N.; OLG Hamm, Beschluss vom 19.03.2003, 2 Ws 74/03, zitiert nach juris, Rdnr. 12). Sinn und Zweck der Anhörung ist es u.a. – worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist –, der Strafvollstreckungskammer einen Eindruck vom Verurteilten zu verschaffen und diesem Gelegenheit zu geben, zeitnah zur Entscheidung der Kammer über den Widerrufsantrag auf für ihn günstige Umstände hinzuweisen. Dem wird eine knapp 5 Monate zurückliegende Anhörung nicht gerecht.

Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 6.3.2014 - 1 Ws 129/14

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