LAG Hamm: Auskunft über "Toiletten-Trinkgeld"

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 28.04.2014
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtTrinkgeldToilettenaufsicht|4288 Aufrufe

Im Januar hatte Markus Stoffels hier im BeckBlog über einen Rechtsstreit um "Toiletten-Trinkgeld" im größten deutschen Einkaufszentrum "CentrO" in Oberhausen berichtet:

Die Klägerin verlangt von ihrer Arbeitgeberin, einem Reinigungsunternehmen, im Wege der Stufenklage Auskunft über die von den Toilettennutzern gezahlten Trinkgelder und sodann Auskehrung dieser Beträge an sich und ihre Kolleginnen. Die Beklagte ist vom Betreiber des CentrO mit der Reinhaltung der Toiletten beauftragt. Die Klägerin ist bei ihr als sogenannte „Sitzerin“ eingesetzt. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, in den Eingangsbereichen der Toilettenanlagen Sammelteller zu beaufsichtigen, auf denen Toilettenbesucher freiwillig einen kleinen Obolus entrichten können. Sie erhielt einen Stundenlohn von 5,20 Euro, trug einen weißen Kittel, nahm das Geld dankend entgegen und leerte den Teller regelmäßig bis auf wenige Münzen. Am Schichtende führte sie das Geld an ihre Arbeitgeberin ab. Für Reinigungsarbeiten war die Frau nicht zuständig.

Das ArbG Gelsenkirchen hat der ersten Stufe der Stufenklage (Auskunft) im Wege des Teilurteils stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung der beklagten Arbeitgeberin. Diese hat das LAG Hamm aus prozessualen Gründen verworfen: Der Streitwert erreiche die erforderliche Berufungssumme von 600 Euro (§ 64 Abs. 2 ArbGG) nicht. Maßgeblich für die Berechnung des Berufungsstreitwerts sei der wirtschaftliche Aufwand, der durch die Erteilung der Auskunft über die Trinkgelder entstehe. Dieser übersteige auch nach Auffassung der Arbeitgeberin 600 Euro nicht. Da auch keine sonstigen Gründe vorgelegen hätten, die ausnahmsweise eine höhere Beschwer begründen könnten, sei kein Rechtsmittel gegen das Teilurteil gegeben: Daher hat das LAG die Berufung als unzulässig verworfen (LAG Hamm, Beschlüsse vom 15.4.2014 - 16 Sa 199/14 und 16 Sa 200/14). Damit sind die Teilurteile des ArbG Gelsenkirchen rechtskräftig.

Noch nicht abschließend entschieden ist damit allerdings, ob der Klägerin tatsächlich Anspruch auf das Toilettengeld zusteht. Dies wird, wenn die Beklagte Auskunft erteilt hat und die Klägerin ihren Anspruch sodann beziffern kann, wiederum das ArbG Gelsenkirchen zu entscheiden haben. Hier liegt der Streitwert deutlich höher (nach einer - fünf Jahre alten - Einschätzung der IG BAU zahlen die Toilettennutzer im Jahr mindestens 140.000 Euro). Damit wird gegen dieses Urteil auch die Berufung zulässig sein und man darf erwarten, dass das LAG auch die Revision zum BAG zulassen wird.

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