Vom Stiefvater sexuell missbraucht - Adoption bleibt bestehen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 16.04.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht|2574 Aufrufe

Die 1991 geborene Antragstellerin wurde 1994 vom Ehemann ihrer Mutter adoptiert.

In der Folge kam es bis zur Festnahme desselben im Jahre 2008 zu fortwährenden sexuellen Missbräuchen durch den Stiefvater. Dieser wurde deswegen (und wegen sexuellen Missbrauchs der Halbschwester der Antragstellerin) zu einer Freiheitsstrafe von 9 ½ Jahren verurteilt.

Nach Eintritt der Volljährigkeit beantragte die Antragstellerin die Aufhebung der Adoption.

Ihr Antrag blieb durch 3 Instanzen erfolglos.

Eine Aufhebung nach §§ 1759, 1760 BGB (Fehlende Erklärungen) kam nicht in Betracht.

Eine von Amts wegen durchzuführende Aufhebung der Adoption aus wichtigem Grund zum Wohle des Kindes sieht § 1763 Abs. 1 BGB ausdrücklich nur während der Minderjährigkeit des Kindes vor, wobei auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz abzustellen ist. Vorliegend war die Antragstellerin schon bei der Antragstellung volljährig.

Einer analogen Anwendung des § 1771 BGB (Aufhebung der Volljährigenadoption aus wichtigem Grund) in „krassen Fällen materiellen Unrechts“ erteilt der BGH eine Absage. Der Gesetzgeber habe bei den bisherigen größeren Teilnovellierungen des Adoptionsrechts die schon länger erhobene rechtspolitische Forderung nach einer Aufhebungsmöglichkeit in Extremfällen nicht aufgegriffen. Auch in Fällen, in denen - wie hier - die Adoption in katastrophaler Weise fehlschlägt, könne daher von einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz nicht mehr ausgegangen werden.

Für eine Vorlage nach Art. 100 GG sieht der Senat keinen Raum:Die Entscheidung des Gesetzgebers, eine Volladoption auch bei gravierendem Fehlverhalten eines Beteiligten grundsätzlich unauflösbar zu gestalten, sei nicht zwingend und rechtspolitisch diskussionswürdig gewesen. Den ihm von Verfassungs wegen eröffneten Gestaltungsspielraum habe der Gesetzgeber mit den geltenden Regelungen aber nicht verlassen.

BGH 12.3.2014, XII ZB 504/12

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