Anleitung für nichtehelicher Väter, die das gemeinsame Sorgerecht nicht wollen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 15.04.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht1|7145 Aufrufe

Anschaulich schildert das AG Gießen (Beschluss vom 01.12.2013 - 243F 1052/13 SO) hier, wie man es anstellen muss, um als nichtehelicher Vater das gemeinsame Sorgrecht nicht zu bekommen:

Die gemeinsame elterliche Sorge für das minderjährige Kind ... war nicht anzuordnen, da dies dem Kindeswohl widersprechen würde (§ 1626 a Abs. 2 Satz 1 BGB).

Nach der Geburt des Kindes hat der Vater die Vaterschaft zunächst nicht anerkannt und auch einen von ihm angekündigten außergerichtlichen Vaterschaftstest nicht durchgeführt. Erst nachdem das in dem Abstammungsverfahren vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Gießen (Az.. 243 F 1172/12 AB) eingeholte Sachverständigengutachten vom 11.3.2013 die Vaterschaft bestätigt hat, hat der Kindesvater am 10.4.2013 die Vaterschaft anerkannt.

Trotz Einladung der Kindesmutter besuchte er das Kind weder nach der Geburt im Krankenhaus noch kam er zur Taufe. Auf vielfache Angebote der Kindesmutter, ... zu besuchen, verbat sich der Kindesvater per Email, ihn hiermit zu belästigen und erklärte, er werde bestimmt nicht zur Kindesmutter kommen, solange nicht bewiesen sei, dass er der Vater sei. Gleichzeitig beschwerte er sich am 11.4.2012 per Email darüber, dass die Kindesmutter alleine über den Namen des Kindes entschieden hatte und äußerte, dass auch seine Freundin ein Recht darauf haben sollte, das Kind zu sehen.

Besuche des Vaters beim Kind fanden bisher lediglich am 21.4.2013 und 4.5.2013 statt. Danach vereinbarte Besuchstermine hat der Kindesvater wiederholt abgesagt. Am 28.5.2013 teilte er per Email mit, er könne nicht dauernd zur Kindesmutter fahren, da er seine Spritkosten im Rahmen halten müsse. Sie solle mit dem Kind alle 2 Wochen zu ihm kommen. In den anderen Wochen, nämlich jeden 2. Samstag, werde er ... von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr besuchen. Auf den Einwand, dass das Kind zu diesem Zeit Mittagsschlaf halte, erklärte er dies für reine Schikane und forderte, den Mittagsschlaf des Kindes zu verschieben. Samstags oder sonntags von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr könne er nicht, er werde sich an das Jugendamt wenden.

Als daraufhin die Kindesmutter einen Beratungstermin für Freitagnachmittag (21.6.2013) vereinbarte und dem Kindesvater dies mitteilte, antwortete dieser, sie kenne seine Arbeitszeiten, an die habe sie sich zu halten, er könne den Termin nicht einhalten. Außerdem erklärte er, die Kindesmutter könne seine zukünftige Frau nicht ständig ausschließen.

Bei der Verfahrensbeiständin hat sich der Kindesvater nicht gemeldet und ihr gegenüber, als sie ihn nach Wochen telefonisch erreichte, erklärt, er wolle keinen Kontakt mehr zur Kindesmutter. Er wolle das gemeinsame Sorgerecht. Dann könne er seine Besuchszeiten selbst bestimmen und müsse sich nicht nach der Kindesmutter richten. Den nächsten vorgesehenen Beratungstermin bei der Caritas werde er nicht wahrnehmen. Er müsse sich auf seine Prüfungen vorbereiten.

Die Kindesmutter hat bei ihrer heutigen persönlichen Anhörung erklärt, dass bis heute keine weiteren Besuche stattgefunden hätten, dass der Kindesvater bis heute alle Beratungsgespräche bei der Caritas abgesagt und sich auch bei ihr nicht nach dem Kind erkundigt habe.

Der Kindesvater wurde zum heutigen Termin ordnungsgemäß geladen. Er ist unentschuldigt nicht erschienen.

Unter diesen Umständen muss festgestellt werden, dass dem Kindesvater die Bedürfnisse eines Kleinkindes offensichtlich völlig fremd sind und ihn diese auch nicht interessieren. Der Mittagsschlaf des Kindes wird als Schikane empfunden und für die Freundin des Kindesvaters wird ein Besuchsrecht eingefordert, bevor überhaupt ein regelmäßiger Umgang des Kindes mit dem Vater läuft.

Es muss weiter festgestellt werden, dass der Kindesvater den Sinn des gemeinsamen Sorgerechts, nämlich gemeinsam zum Wohle des Kindes verantwortliche Entscheidungen zu treffen, offensichtlich nicht verstanden hat.

Er kennt sein Kind nicht, nimmt keine Besuchstermine wahr, will keinen Kontakt zur Kindesmutter und meint, mit dem gemeinsamen Sorgerecht könne er Besuchszeiten alleine bestimmen, ohne sich nach der Kindesmutter richten zu müssen, der gegenüber er in seinen Emails einen völlig unangemessenen Befehlston an den Tag legt.

Danach wäre bei einer Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts auf beide Eltern jedenfalls derzeit zu erwarten, dass der Kindesvater noch respektloser gegenüber der Kindesmutter seine vermeintlichen Rechte einfordern würde, um ohne Rücksicht auf die Belange des Kindes, seine eigenen Interessen durchzusetzen. Dies würde dem Kindeswohl widersprechen.

Die Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Eltern gemeinsam kommt daher derzeit nicht in Betracht.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1 Kommentar

Kommentare als Feed abonnieren

Klar wie Kloßbrühe...
Wer kein Interesse am Kind hat und damit nicht umgehen kann... sorry dafür gibts von niemanden Verständnis.
Das Gemeinsame Sorgerecht ist ja nun endlich der Regelfall. Dieser Fall wohl eher die Ausnahme.
 

Man bedenke, in den Ländern wo das Gemeinsame Sorgerecht ab Vaterschaftsanerkennung der Normalfall geworden ist und das Wechselmodell Kindeswohl bedeutet, sind die Verfahren vor den Familiengerichten im Sorge- und Umgangsrecht  auf 1/5  zurückgegangen !

Die Belastungen für die Eltern und Kinder haben sich nicht nur halbiert, NEIN, für 80% aller bisher Beteiligten gibt es gar keine mehr !
 

In Schweden leben über 50% aller Kinder zwischen 6 und 9 Jahren im paritätischen Wechselmodell, eine Woche Mama eine Woche Papa.

In Norwegen gibt es keine Familienrechtsanwälte (Kriegsfreie Zone).

Quelle: Ursula Kodjoe, renommierte Diplom-Psychologin, systemische Familien-Therapeutin und Sachverständige bei Familiengerichten, Eröffnungsrednerin des 4. Bundeskongresses “Interdisziplinäre Zusammenarbeit in Sorgerechts- und Umgangsverfahren” am Oberlandesgericht Dresden am 21.11.2013 über psychische Kindesmisshandlung durch ausgrenzende Elternteile und die Ergebnisse der KIMISS-Studie 2012.
Link zum Video-Vortrag: Quelle
 

Kommentar hinzufügen