Der Friseur aus Delmenhorst vor dem BGH

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 19.02.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht2|3408 Aufrufe

Voreilig hatte ich zusammen mit dem OLG Oldenburg angenommen, der Friseur aus Delmenhorst habe alles getan, um seine Kinder von einer Unterhaltspflicht ihm gegenüber freizustellen.

Weit gefehlt.

Der BGH (Beschluss vom 12. Februar 2014 – XII ZB 607/12) sagt:

Allein ein vom Unterhaltsberechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn reicht regelmäßig nicht für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt aus. Es müssen vielmehr noch weiterer Umstände vorliegen, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen.

Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben. Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert. Er hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellt keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.

(PM des BGH, vollständige Entscheidung liegt noch nicht vor)

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2 Kommentare

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Ich bin der Meinung, dass der BGH in diesem Fall schon grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1611 Abs.1 Satz 2 BGB hätte bejahen müssen. Auf jeden Fall kann der Sohn aber den Einwand einer unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens des Vaters entgegenhalten (§ 242 BGB, venire contra factum proprium). Dies hat auch schon die Vorinstanz, das OLG Oldenburg, anklingen lassen. Ob sich der BGH damit (und mit § 94 Abs.3 Nr.2 SGB XII: unbillige Härte) überhaupt auseinandergesetzt hat wird sich erst zeigen, wenn die Entscheidungsgründe vorliegen.

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Überzeugend ist auch folgendes Argument des OLG Oldenburg, dessen Entscheidung vom BGH aufgehoben wurde: Wer sich bewußt und dauerhaft aus jeglicher persönlicher und wirtschaftlicher Beziehung zu seinem Sohn löst, entzieht sich damit selbst dem familiären Solidarsystem und kann dann auch keine solidarische Unterstützung mehr erwarten.

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