Kein Widerspruch gegen einen Betriebsübergang nach 6 1/2 Jahren

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 12.02.2014

Soll das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers im Wege eines Betriebsübergangs auf den Betriebserwerber übergehen, ist dieser über den Übergang und seine Folgen nach Maßgabe des § 613a Abs. 5 BGB ausführlich zu unterrichten. Erfolgte die Unterrichtung nach den gesetzlichen Vorschriften, kann der Arbeitnehmer dem Betriebsübergang (nur) innerhalb eines Monats widersprechen (§ 613a Abs. 6 BGB). Ist die Unterrichtung dagegen fehlerhaft, beginnt die Widerspruchsfrist nicht zu laufen. Allerdings kann das Widerspruchsrecht verwirken (§ 242 BGB), wenn es vom Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht wurde (Zeitmoment) und weitere Umstände (Umstandsmoment) bei dem Betriebsveräußerer ein Vertrauen darauf begründen durften, dass das Recht auch nicht mehr ausgeübt wird.

Aus diesem Grunde hat das LAG Schleswig-Holstein die Klage eines Arbeitnehmers auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer wegen seines Widerspruchs fortbesteht, abgewiesen (LAG Schleswig-Holstein, Urt. vom 5.12.2013 - 5 Sa 266/13, BeckRS 2014, 65810).

Zwar hatte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet. Dieser hatte aber mehr als sechs Jahre verstreichen lassen, bis er den Widerspruch erklärt hatte. Zwischenzeitlich hatte er sich mit der Betriebserwerberin über seine Eingruppierung verständigt. Das genügte dem LAG angesichts des langen Zeitablaufs als Umstandsmoment:

Das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB kann verwirken. Aufgrund eines in besonders krasser Weise erfüllten Zeitmoments (hier: mehr als 6 ½ Jahre) sind an das Umstandsmoment der Verwirkung deutlich geringere Anforderungen zu stellen. Auch eine viereinhalb Jahre nach dem Betriebsübergang getroffene sogenannte "Änderungsvereinbarung", bei der es sich im Rechtssinne lediglich um eine beiderseitige Bestätigung einer Höhergruppierung handelt, kann aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes nach außen dokumentieren, dass der Arbeitnehmer den Betriebserwerber als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert.

Das LAG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.

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