1. Durch die Abschaffung der Doppelspitze 1999 übernehmen die Bürgermeister in NRW auch die Aufgabe des Verwaltungschefs. Als Wahlbeamte fühlen Sie sich allerdings meist eher als Vertreter politischer Interessen, als als Behördenleiter, der die Einhaltung der Gesetze zu überwachen hat. Im Anschluss an das Love Parade-Unglück wurde nur kurz öffentlich darüber nachgedacht, ob dieser Systemwandel nicht zu einer Qualitätsminderung der Aufgabenerledigung führe. Schnell wurden seitens der der Landesregierung die Vorteile der heutigen Regelung betont. Auch jetzt wird diese Regelung vermutlich wegen der Reduzierung der Personalkosten nicht hinterfragt.
2. Nach dem Flughafenbrand in Düsseldorf 1996 hat die Politik die Verlagerung staatlicher Prüfungen und Überwachungen in die Hände von privaten Sachverständigen gelegt (weil die das angeblich besser können und es zu Prüfzeitverkürzungen führe), die ihre Sachkunde durch umfangreiche Nachweise belegen müssen. In § 68 BauO NRW hat der Gesetzgeber für die „Großen Sonderbauten“ vorgesehen, dass die Behörde die Prüfpflicht nicht vollständig in die Hand von Sachverständigen übertragen darf. Sie werden aufgefordert, die letztliche Entscheidung zu treffen.
Bei einer Anfrage bei einer Ministeriumsmitarbeiterin wurde kein Handlungsbedarf gesehen, Bauaufsichtsmitarbeiter weiter zu schulen. Man verwies darauf, dass die Mitarbeiter der Bauaufsicht nur eine Plausibilitätsprüfung der Brandschutzkonzepte machen müsse.
Im Laufe der Jahre hat sich herausgestellt, dass keine Verkürzung der Prüffristen eingetreten ist. Es wurden einige Brandschutzkonzepte vorgelegt, bei denen die Sachkunde des Brandschutzsachverständigen in Zweifel gezogen werden mußte und die Konzepte der Plausibilitätsprüfung nicht Stand hielten.
Das eingeführte Verfahren hat die Erwartungshaltung nicht erfüllt und eher zu einer Verunklärung der Zuständigkeitsfrage geführt. Dass der Brandschutzsachverständige nicht angeklagt wurde, bestätigt diese These.
3. Die Begründung, dass Abteilungsleiter, Fachbereichsleiter und Beigeordnete nur dann strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie vollständige Akteneinsicht hatten und wenn sie Ihrer Überwachungspflicht des Personals nicht nachgekommen sind, bescheinigt, dass auf dieser Ebene eine fachliche Kompetenz nicht vorausgesetzt wird. Diese Entwicklung sehe ich genau so kritisch, wie die Abschaffung der Doppelspitze.
4. Der Sachbearbeiter steht in einem Unterordnungsverhältnis eines hierarchisch strukturierten Systems. Er muss mit Repressalien rechnen, wenn er sich der Obrigkeit widersetzt. Dies ist nicht förderlich für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, deren Nichterfüllung in diesem Fall den Mitarbeitern strafrechtlich vorgeworfen wird.