Einstellungsdiskriminierung durch internationale Großkanzlei

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 01.02.2014

Auch internationale Großkanzleien machen mitunter schmerzhafte Erfahrungen mit dem AGG. Dies zeigt anschaulich ein jüngst vor dem LAG Düsseldorf (13 Sa 1198/13) verhandelter Fall: Der 60 Jahre alte Kläger ist promovierter Rechtsanwalt, der seit dem Jahre 1988 als Einzelanwalt tätig ist. Die Beklagte, eine größere Rechtsanwaltspartnerschaft, wies in einer Anzeige in der NJW darauf hin, dass sie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte suchte. Mit dieser Anzeige war ein Link auf die Webseite der Beklagten mit konkreten Stellenanzeigen verbunden. Sie suchte dort einen Rechtsanwalt für den Bereich Restrukturierung und Immobilienwirtschaft. In dem Text dieser Stellenausschreibung hieß es u.a.:

„Suchen Sie nach einer realen Chance auf eine Partnerschaft in einer renommierten Anwaltskanzlei? Wir bieten eine spannende Alternative zu internationalen Großkanzleien, sowohl in beruflicher, wirtschaftlicher als auch persönlicher Hinsicht. Sie sind Berufseinsteiger oder haben bereits ein bis zwei Jahre als Rechtsanwalt in einer wirtschaftlich ausgerichteten Kanzlei gearbeitet“.

Die Bewerbung des Klägers auf diese Stelle lehnte die Beklagte ab, weil sie sich anderweitig entschieden habe. Daraufhin begehrte der Kläger von der Beklagten eine Entschädigung von 10.000 Euro wegen Altersdiskriminierung. In der Berufungsverhandlung vor dem LAG wies der Vorsitzende darauf hin, dass bei der Stellenanzeige wohl von einem diskriminierenden Sachverhalt auszugehen sein dürfte, in dem Sinne, dass potenzielle Bewerber wegen ihres Alters ausgeschlossen würden. Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BAG, wonach es ein Indiz für die Vermutung einer unzulässigen altersbedingten Benachteiligung eines nicht berücksichtigten älteren Bewerbers sein können, wenn für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionells“ gesucht werden und sich die Ausschreibung ausdrücklich an „Berufsanfänger“ wendet (BAG 24.1.2013, NZA 2013, 2055). Allerdings äußerte der Kammervorsitzende erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers, mithin die Einstufung als rechtsmißbräuchlich nahe liegen würde. Nachdem die Beklagte sich auf Anregung des Gerichts verpflichtet hatte, an eine gemeinnützige Einrichtung 2.000 Euro zu spenden, hat der Kläger seine Berufung zurückgenommen. Fazit: Es dürfte sich empfehlen, etwaige Stellenanzeigen vor ihrer Veröffentlichung den mit dem AGG vertrauten Sozietätskollegen zur Vorabkontrolle vorzulegen.

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3 Kommentare

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Ein Freund von mir wurde mit seinem Alter von 35 als Stationsreferendar von Noerr abgelehnt, weil er zu alt sei. Nach dem Bewerbungsgespräch erhielt er eine schriftliche Absage ohne nähere Begründung. Nach einem Feedback-Telefonat wegen des Bewerbungsgesprächs äußerte man "durch die Blume" das Problem mit dem Alter.

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Fragt sich, warum er überhaupt zum Gespräch eingeladen wurde, wenn der Alter der Ablehnungsgrund gewesen sein sollte? Das Alter dürfte sich doch schon aus dem Bewerbungsschreiben ergeben haben?

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Ein sehr interessanter Vorfall, der die praktische Realität wiedergibt. Wir alle sollen bis zum 70igsten Lebensjahr arbeiten, aber nach Möglichkeit nicht einmal 35 Jahre alt sein, wenn wir uns eine neue Stelle suchen....

 

 

Hurra!

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