Was war denn das? Snowden im Fernsehen

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 27.01.2014

Da gelingt der NDR ein Exklusivinterview mit Edward Snowden (gestern in Teilen zu sehen ab 23.05 Uhr) - und das öffentlich-rechtliche Fersehen versagt.

Die Vollversion wird in absehbarer Zeit nicht gezeigt. Der NDR hat zwar das Interview auf der eigenen Website und auf YouTube hochgeladen, allerdings nur für den Zugriff deutscher User. Die Rechte an der englischen Originalversion liegen bei der Produktionsgesellschaft (immerhin ein NDR-Tochterunternehmen). UNd was die mit dem Material vorhaben, weiß niemand.

Und dann das hilflose Gestammel von Günther Jauch und einer langweiligen, ewiggleichen "Experten"-Runde mit dem ehemaligen US-Botschafter John Kornblum und dem Bild-Journalisten  Julian Reichelt (wer ist das?). Kaum richtig zum Thema kamen Ströbele und Marina Weisband (zur Erinnerung, die Ex-Piraten-Chefin). All das ging so am Thema vorbei, dass der miteingeladene NDR-Interviewer Hubert Seipel anmahnte, man möge doch jetzt mal endlich ""endlich zu den Punkten kommen, die Snowden aufgezeigt hat". Aber es ging nicht.

Ich sehne mich nach den Zeiten zurück, wo im Fernsehen wirkliche ExpertInnen saßen, Talkshows wirklich konfrontatives Ringen waren. Snoden hat besseres verdient.

Zur Reaktion auf diesen furchtbaren Abend ähnlich auch

http://www.sueddeutsche.de/medien/edward-snowden-im-ard-interview-snowde...

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/faz-net-fruehkritik/tv-krit...

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8 Kommentare

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Ich fand den Jaucjh-Abend auch furchtbar. Warum gibt es nicht mehr Juraprofs in solchen Sendungen? Ist Snowden kein Thema für das Informationsrecht. Herr Hoeren?

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Treffender Kommentar. Der Reporter der Bild-Zeitung war nicht zum Diskutieren gekommen, konnte aber mit Plattheiten eine Diskussion blockieren. Jauch hat kein Gespür für Knackpunkte und kann solche Gespräche einfach nicht strukturieren. Geldvergeudung. Es bleiben die Forderung nach Asyl für Snowden und die Anerkennung für die Initiative, ihm an der Uni Rostock die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Schade, auch von dort wurde niemand eingeladen.

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Viele Leute nutzen halt jede Gelegenheit, um ins Fernsehen zu kommen, und als besorgte Bedenkenträger aufzutreten, und um sich empören, und sich beklagen, und um zu jammern und (Selbst-)Mitleid erheischen.

Aber mit einer echten Macht wirklich ehrlich und ernsthaft und gewissenhaft und aufklärerisch ins Gericht zu gehen, traut sich fast niemand.

Viele Leute wollen es sich nicht mit einer Macht verscherzen, und andere Leute wollen sich dieser sogar bei jeder Gelegenheit untertänigst andienen.

Ehrlich gesagt traue ich mich selbst auch nicht, ernsthaft mit der derzeit weltweit größten Macht ins Gericht zu gehen.

Abgesehen davon, daß ich selbst mich nicht traue, bin ich mir auch nicht sicher, ob es denn uns allen wirklich nutzen würde, wenn irgendjemand anderes es täte bzw. sich trauen würde.

Als einfacher Otto-Normalbürger ohne nachrichtendienstliches Hintergrundwissen kann ich mögliche Reaktionen der Macht nicht voraussehen.

Vielleicht käme es für uns alle noch viel schlimmer, wenn wir "aufmucken" würden.

Die These "Fiat iustitia et pereat mundus", daß man sich also immer auf jeden Fall für die Wahrheit und für das Recht einsetzen sollte, selbst wenn unsere Welt dabei zugrundegehen sollte, befürworte ich nicht.

Und die These "Fiat iustitia et pereat mundus" nicht zu befürworten, das kann ich durchaus guten Gewissens tun.

Auch wenn ich den von manchen Zeitgenossen gegenüber der (Super-)Macht an den Tag gelegten untertänigsten und vorauseilenden Gehorsam abstoßend finde, und niemals nachahmen würde.

Letzendlich hoffe und vertraue ich darauf, daß unsere Bunderregierung mit ihrem riesigen Ministerialapparat unser nationales Interesse sicher besser erkennen und vertreten kann, als ich als einfacher Otto-Normalbürger es kann, oder als irgendein Journalist oder Fernsehmitarbeiter es kann.

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Ich stimme Ihnen auf ganzer Linie zu. Leider zeigt schon die unzumutbare Sendezeit, welcher Stellenwert den aufgedeckten Erkenntnissen und dem Schicksal von Edward Snowden beigemessen wird.

 

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Die Vollversion ist angeblich sechs Stunden lang. Auf Englisch steht die halbstündige Fassung mittlerweile in der Mediathek. Und generell fragt sich, ob Snowden irgendwas gesagt hat, was eine Ausstrahlung vor 23 Uhr erfordert hätte.
Interessant war bestenfalls der Fußabdruck seiner juristischen Berater in den Äußerungen.

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Manchmal wird das Versagen der Medien (und der Experten) ausgeglichen.

Statt über Abkommen, Bittstellung und informellen Selbstschutz zu faseln, sowie den Bürgerrechtler und Zeugen Snowden als verräterischen Heiland zu überhöhen, hat man an anderer Stelle das justiziable Versagen der Verantwortlichen in Staat und Politik im Blick.

http://ilmr.de/2014/internationale-liga-fuer-menschenrechte-initiiert-strafanzeige-gegen-geheimdienste-und-bundesregierung-wegen-geheimdienstlicher-massenueberwachung-und-ausforschung-durch-nsa-co

Ich denke, es lohnt sich auch als Rechtsexperte mal vom Buchstabiermodus in den Erkenntnismodus zu wechseln. Selbst der Generalbundesanwalt überwindet derzeit zaghaft seine Bewegungsstarre. Es gibt einen Weg aus der Lächerlichkeit des Kleingedrucksten.

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