Anspruch auf Toiletten-Trinkgeld?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 25.01.2014

Wem gebühren eigentlich die Münzen (wohl selten auch Scheine), welche auf einen im Zugangsbereich aufgestellten Teller gelegt werden - der Toilettenaufsicht oder dem Reinigungsunternehmen, bei dem sie angestellt ist? Über diese Frage hatte das Arbeitsgericht Gelsenkirchen (Urteile vom 22.1.2014 - AZ: 1 Ca 1603/13 und 1 Ca 2158/13) zu befinden. Die Behandlung von Trinkgeldern wirft nicht nur im Arbeitsrecht, sondern auch im Sozialversicherungs- und Steuerrecht einige Fragen auf. Im konkreten Fall war schon fraglich, ob es sich überhaupt um ein Trinkgeld oder eher um ein freiwilliges Nutzungsentgelt handelte. Die klagende Toilettenaufsicht war bis Ende Juni 2013 im Centro Oberhausen, einem großen Einkaufszentrum, als sogenannte „Sitzerin“ eingesetzt. Hauptaufgabe war es, in den Eingangsbereichen der Toilettenanlagen Sammelteller zu beaufsichtigen, wo Toilettenbesucher freiwillig einen kleinen Obolus entrichten konnten. Als „Sitzerin“ sollte sie für einen Stundenlohn von 5,20 Euro einen weißen Kittel tragen, das Geld dankend entgegennehmen und regelmäßig den Teller bis auf wenige Münzen leeren. Das Geld musste dann an das Reinigungsunternehmen abgegeben werden. Für Reinigungsarbeiten war die Frau nicht zuständig. Dies durfte sie nach einer Arbeitsanweisung des Arbeitgebers aber nicht gegenüber den Toilettenbesuchern offenbaren. Bei Nachfragen, was mit dem Geld auf dem Sammelteller passiert, sollte sie sagen, dass damit unter anderem ihr Arbeitsplatz finanziert werde. Entsprechende, in der Toilettenanlage angebrachte Hinweisschilder wurden später jedoch wieder demontiert. Die Toilettenfrau meinte, dass die über die Teller erzielten Einnahmen ihr und ihren Kolleginnen zustünden. Den Besuchern werde zielgerichtet suggeriert, dass sie freiwillig ein Trinkgeld für das Reinigungs- und Aufsichtspersonal geben. Die Klägerin schätzte, dass an normalen Tagen mehrere Hundert und an Spitzentagen mehrere Tausend Euro über die Sammelteller erwirtschaftet werden. Von dem Reinigungsunternehmen forderte sie daher genaue Auskunft über die Einnahmen und ihren Anteil daran. Der Arbeitgeber bestritt, dass es sich um Trinkgelder handelt. Vielmehr stelle das über die Sammelteller erhaltene Geld ein „freiwilliges Nutzungsentgelt“ dar. Damit werde auch das Toilettenpersonal finanziert. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen bestätigte nun die Auffassung der Klägerin. Das Reinigungsunternehmen sei zur Auskunft über die einbehaltenen Gelder verpflichtet. Nach Auffassung des Gerichts stehe der Frau ein der Höhe nach noch unbestimmter Zahlungsanspruch gegen das Reinigungsunternehmen zu.

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1 Kommentar

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Ist das nicht ein Fall für sie Staatsanwaltschaft? Gewerbsmäßiger Betrug? Die Leute gehen doch davon aus, dass die Frau die Toiletten putzt.

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