Starenkasten in Brand gesetzt...

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.01.2014
Rechtsgebiete: InbrandsetzenStrafrechtVerkehrsrecht1|2825 Aufrufe

...hatte der Angeklagte. Klingt schon ziemlich irre und brachte ihm 1 Jahr und 9 Monate Freiheitsstrafe. Die Revision hiergegen war erfolgreich. Interessant an der Entscheidung sind einerseits die Ausführungen zu den in Betracht kommenden Tatbeständen - insbesondere § 316b StGB, andererseits aber auch, wie das OLG die Vorlage an den BGH umschifft:

Das Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld hat den Angeklagten durch Urteil vom 27. März 2012 wegen Brandstiftung (§ 306 Abs.1 Nr. 2 StGB) mit einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr belegt. Gegen dieses Urteil
haben sowohl die Staatsanwaltschaft - beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch - als auch der Angeklagte Berufung eingelegt.

Das Landgericht Braunschweig hat die Berufung des Angeklagten verworfen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat die Kammer den Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und den Angeklagten - ebenfalls wegen Brandstiftung - zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt. Die Kammer ist der Auffassung, dass es sich bei einer stationären Geschwindigkeitsmessanlage um eine technische Einrichtung i. S. d. § 306 Abs.1 Nr. 2 StGB handelt. Sie hat folgende Feststellungen getroffen:

„Am 29.06.2010 befuhr der Angeklagte am Steuer des Pkws des Typs VW Passat Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen ... die B 4 von Braunlage in Richtung Torfhaus. In Höhe der Einmündung zur B 242 wurde das vom Angeklagten geführte Fahrzeug um 17:49 Uhr von der dortigen, vom Landkreis Goslar betriebenen stationären Geschwindigkeitsmessanlage mit einer Geschwindigkeit von 107 km/h (nach Toleranzabzug 103 km/h) geblitzt. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit an dieser Stelle betrug 70 km/h. Der Angeklagte war zu diesem Zeitpunkt nicht im Besitz einer von deutschen Behörden erteilten Fahrerlaubnis. Auf dem ihm am 19.01.1910 von einer polnischen Behörde ausgestellten Führerschein war als sein Wohnort die Anschrift H. angegeben.

Der Angeklagte hatte bemerkt, dass er von der Geschwindigkeitsmessanlage geblitzt worden war. Er befürchtete daher, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung geahndet und darüber hinaus auch die Gültigkeit seiner polnischen Fahrerlaubnis durch die deutschen Behörden überprüft und möglicherweise in Frage gestellt werde.

Er entschloss sich daraufhin, die Geschwindigkeitsmessanlage durch Inbrandsetzen so zu beschädigen, dass das Bild nicht mehr verwertbar wäre, das von ihm bei der Geschwindigkeitsüberschreitung am 29.06.2010 gefertigt worden war.

Zu diesem Zweck fuhr der Angeklagte in der Nacht zum 01.07.2010 gemeinsam mit seinem Bruder Z. und seiner Verlobten H. mit dem Pkw des Typs VW Passat Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen ... zu der stationären Geschwindigkeitsmessanlage, die ihn am 29.06.2010 geblitzt hatte.

Entsprechend dem zuvor getroffenen Tatplan stieg eine der drei Personen mit einer zu diesem Zweck mitgenommenen Trittleiter gegen 0:44 Uhr zu dem Kasten, der am oberen Bereich der Geschwindigkeitsmessanlage angebracht war und in dem sich die Kamera und das Messgerät befanden. Diese Person entfernte die beiden runden Glasabdeckungen vor der Kamera und dem Messgerät und stopfte durch die untere Öffnung ein Stoffstück in den Kasten der Messanlage, das zuvor von einem zu diesem Zweck mitgenommenen Bettbezug abgerissen worden war. Anschließend zündete diese Person das in den Kasten gestopfte Stoffstück an, das in Brand geriet. Hierbei wurde die Örtlichkeit entweder von einer der beiden weiteren Personen oder von beiden weiteren Personen mit Taschenlampen ausgeleuchtet. Der Angeklagte befand sich währenddessen durchgehend am Tatort. Dabei war er entweder die Person, die die Glasabdeckungen entfernte, das Stoffstück in den Kasten einbrachte und das Stoffstück entzündete, oder er unterstützte einen seiner Begleiter hierbei entsprechend des zuvor gemeinsam getroffenen Tatplans in einer nicht untergeordneten, sondern arbeitsteiligen Form, etwa durch Erteilen von Ratschlägen zu der weiteren Vorgehensweise, Festhalten der Trittleiter oder Heranreichen von Werkzeug.

Wie vom Angeklagten beabsichtigt, wurden die in dem Kasten eingebauten Teile der Messanlage durch das in Brand gesetzte Stoffstück beschädigt. Eine Reparatur dieser Teile war nicht mehr möglich.

Durch das Hantieren an der Geschwindigkeitsmessanlage wurde der an dieser installierte und mit dem Polizeikommissariat Bad Harzburg verbundene Schlagalarm ausgelöst. Die Polizeibeamten N. und H. begaben sich unverzüglich in einen Polizeiwagen und fuhren auf der B 4 in Richtung der Geschwindigkeitsmessanlage.

Nachdem das Stoffstück in Brand gesetzt worden war, wurde die Trittleiter von dem Angeklagten oder einem seiner beiden Begleiter wieder in den Pkw geladen. Der Angeklagte setzte sich an das Steuer des Pkws, Frau H. auf den Beifahrersitz und Herr Z. auf die Rückbank.

Der Angeklagte war gerade in Richtung Torfhaus losgefahren, als ihm die Polizeibeamten N. und H. auf der B 4 entgegenkamen. Diese sahen, dass es aus dem Kasten der Geschwindigkeitsmessanlage qualmte, wendeten ihr Fahrzeug und folgten dem vom Angeklagten geführten Pkw.

In Höhe von Torfhaus schlossen die beiden Polizeibeamten auf den vom Angeklagten geführten Pkw auf und hielten diesen an. Beim Öffnen der Autotüren kam den Polizeibeamten ein markanter Brandgeruch entgegen. Der Angeklagte und die beiden weiteren Fahrzeuginsassen wurden von den Polizeibeamten mit dem Sachverhalt konfrontiert und als Beschuldigte belehrt. Man kam überein, dass der Angeklagte, Frau H. und Herr Z. mit ihrem Pkw gefolgt von dem Polizeifahrzeug zu der Geschwindigkeitsmessanlage zurückfahren, wo inzwischen ein weiteres Polizeifahrzeug mit den Polizeibeamten S. und K. eingetroffen war.

Bei der Durchsuchung des vom Angeklagten geführten Pkws wurde der Bettbezug sichergestellt, von dem das zuvor in die Geschwindigkeitsmessanlage gestopfte Stoffstück abgerissen worden war, ferner unter anderem bei der Tat benutze Trittleiter, drei Taschenlampen und ein Schraubendreher. Bei der Durchsuchung des Angeklagten und von Herrn Z. wurden jeweils Feuerzeuge festgestellt.

Da Herr Z. sich nicht ausweisen konnte, wurde er von den Polizeibeamten N. und H. zur Personalienfeststellung in das Polizeikommissariat Bad Harzburg mitgenommen. Als er in das Polizeifahrzeug einstieg, rief ihm der Angeklagte sinngemäß zu: „Denk daran, dass Du nichts sagst.“

Da die aufgrund der Tat irreparabel beschädigten Geräte im Kasten der Geschwindigkeitsmessanlage nicht mehr hergestellt wurden, wurde nach vorheriger Ausschreibung im November 2010 in dem Kasten der Geschwindigkeitsmessanlage ein neues elektronisches Messgerät der Fa. J. installiert. Die dem Landkreis Goslar hierdurch entstandenen Kosten betrugen 40.271,98 Euro. Ein Gerät des durch die Tat zerstörten Typs, hätte, wenn es noch lieferbar gewesen wäre, ca. 30.000,00 bis 35.000,00 Euro gekostet.“

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte am 5. September 2012 Revision eingelegt und diese zugleich mit der Verletzung materiellen Rechts begründet. Er ist der Auffassung, dass der festgestellte Sachverhalt nicht unter  § 306 StGB fällt, sondern allenfalls eine gemäß § 303 StGB strafbare Sachbeschädigung
darstellt.

Er beantragt, das angefochtene Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Braunschweig vom 03.09.2012 im Schuldspruch auf Sachbeschädigung abzuändern, es sodann im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Braunschweig zurückzuverweisen.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision zu verwerfen. Die Behörde meint, der Straftatbestand der Brandstiftung sei erfüllt. Bei der stationären Geschwindigkeitsmessanlage handele es sich um eine technische Einrichtung i. S. d.  § 306 Absatz 1 Nr. 2 StGB.

II.

Die Revision ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Kammer erfüllen allein den Straftatbestand der Sachbeschädigung ( § 303 StGB), weshalb der Senat den Schuldspruch auf die Sachrüge des Angeklagten entsprechend berichtigt hat. Die Schuldspruchberichtigung ist zulässig (zu den Voraussetzungen: Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., §354 Rn. 14 ff.), weil sich der Angeklagte in tatsächlicher Hinsicht gegen den Vorwurf der Sachbeschädigung nicht anders hätte verteidigen können. Das Strafantragserfordernis ( § 303 c StGB) steht der Verurteilung unabhängig von der Wirksamkeit des Strafantrags vom 28. Juli 2010 nicht entgegen, weil die Generalstaatsanwaltschaft - dies ist zulässig (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 303 Rn. 68) - in der Revisionshauptverhandlung das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung erklärt hat.

2.

Der Tatbestand des § STGB § 306 Abs.1 Nr.2 Var.2 StGB ist nicht einschlägig, weil eine
Geschwindigkeitsmessanlage keine technische Einrichtung ist. Zwar lässt sich der in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft zitierten Kommentierung von Fischer entnehmen, dass „Überwachungsanlagen“ unter den Begriff der technischen Einrichtung fallen sollen (Fischer, StGB, 60.Aufl,. § 306 Rn.5). Es bleibt jedoch offen, welche Art von „Überwachungsanlagen“ hier gemeint sind und ob Geschwindigkeitsmessanlagen hierunter fallen. Demgegenüber besteht in der Kommentarliteratur Einigkeit, dass der weite Begriff der technischen Einrichtung der Einschränkung bedarf (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 306 Rn.5; Norouzi in von Heintschel-Heinegg, StGB, § 306 Rn.8; Wolff in Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl., § 306 Rn.30; Radtke in Münchner Kommentar, StGB, § 306 Rn.16, 32). Aus diesem Grund wird teilweise verlangt, dass die technische Einrichtung in einem funktionalen Zusammenhang mit einer Betriebsstätte i. S. d. § STGB § 306 Abs.1 Nr.2 Var.1 StGB stehen muss (Radtke in Münchner Kommentar, StGB, §
306 Rn.32; Wolff in Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl., § 306 Rn.30; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28.Aufl., § 306 Rn.5; Wolters in SSW StGB, § 306 Rn.4). Es sei - wie die namentliche Benennung einer Maschine als technische Einrichtung § STGB § 306 Abs.1 Nr.2 StGB zeige - ein Bezug zu einem Gewerbebetrieb
(Wolff in Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl., § 306 Rn.30) oder zumindest zu einem Unternehmen (Radtke in Münchner Kommentar, StGB, § 306 Rn.32; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28.Aufl., § 306 Rn.5) erforderlich.

Ob eine Bußgeldbehörde, die mit Hilfe einer Geschwindigkeitsmessanlage eine öffentliche Aufgabe (Verkehrsüberwachung) verfolgt, schon aus diesem Grund aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift fällt, kann offen bleiben. Denn bei der Anwendung des § STGB § 306 Abs.1 Nr.2 StGB muss die Tathandlung
jedenfalls generell gemeingefährlich sein (Radtke in Münchner Kommentar, StGB, § 306 Rn.32;Norouzi in von Heintschel-Heinegg, StGB, § 306 Rn.6.1. Es kommt nach dieser, aus Sicht des Senats zutreffenden Ansicht darauf an, ob das Inbrandsetzen der Geschwindigkeitsmessanlage generell als geeignet anzusehen ist, nicht nur den Messanlageneigentümer zu schädigen, sondern auch sonstige Rechtsgüter zu beeinträchtigen (vgl. Radtke in Münchner Kommentar, StGB, § 306 Rn.21; Norouzi, a. a. O.). Für diese Auffassung spricht, dass nur die (generelle) Gemeingefährlichkeit die erhebliche Strafdrohung rechtfertigen kann (Radtke in Münchner Kommentar, StGB, § 306 Rn. 10;Fischer, StGB, 60. Aufl., § 306 Rn.21 [wegen der Beschränkung auf fremde Tatobjekte nur „mühsam“]). Für den Tatbestand des § STGB § 306 Abs.1 Nr.1 StGB hat der Bundesgerichtshof unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien anerkannt, dass es sich um kein reines Eigentumsdelikt handelt. Der Vorschrift hafte vielmehr ein „Element der Gemeingefährlichkeit“ an (BGH, Beschluss vom 21.11.2000, 1 StR 438/00, juris, Rn.5). Weil der Bundesgerichtshof dieses, § 306 Abs.1 Nr.1
StGBbetreffende Ergebnis insbesondere mit der systematischen Stellung des § STGB § 306 StGB im 28. Abschnitt(Gemeingefährliche Straftaten) begründet hat, kann für § 306 Absatz 1 Nr. 2 StGB nichts anders gelten. Die
Feststellungen der Kammer bieten keinen Anlass zu der Annahme, dass eine generelle Gefahr für sonstige Rechtsgüter bestand.

3.

§ STGB § 316 b Abs.1 Nr.3 StGB ist ebenfalls nicht einschlägig. Zwar wird in Rechtsprechung (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.08.2012, 2 Ss 107/12, juris, Rn.8 ff.) und Literatur (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 316 b Rn.5[Radaranlagen]; König in Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl., § 316 b Rn.29 [Geschwindigkeitsmessanlage]) teilweise die Auffassung vertreten, dass Geschwindigkeitsmessanlagenals Anlagen i. S. d. § STGB § 316 b Abs.1 Nr.3 StGB der öffentlichen Sicherheit dienen. Dem ist indes bereits entgegenzuhalten, dass § STGB § 316 b StGB zwischen der Anlage, die die öffentliche Ordnung oder Sicherheit verfolgt, und der dem Betrieb der Anlage dienenden Sache unterscheidet (OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.03.1997,  2 Ss 59/97, juris, Rn. 12). Geschwindigkeitsmessanlagen sind als bloße Hilfsmittel der Bußgeldbehörde anzusehen und deshalb selbst weder Einrichtung noch Anlage i. S. d. § 316 b StGB (Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28.Aufl., § 316 b Rn.5; Wieck-Noodt in Münchner Kommentar, StGB, § 316 b Rn.21; differenzierend: OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.03.1997, 2 Ss 59/97,
juris, Rn. 12 ff.). Weil die Bußgeldbehörde jedenfalls primär das Ziel verfolgt, in repressiver Weise Ordnungswidrigkeiten zu ermitteln und zu ahnden, dient sie nicht der Abwehr von Gefahren für bedeutende Rechtsgüter und ist deshalb keine Einrichtung i. S. d. § 316 b Abs. 1Nr. 3 StGB (OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.03.1997, 2 Ss 59/97, juris, Rn. 12 ff.; Sternberg-Lieben/Hecker, a. a. O.; Wieck-Noodt, a.a. O.; Bernstein, Zur Rechtsnatur von Geschwindigkeitskontrollen, NZV 1999, 316, 321).

Soweit das Oberlandesgericht Stuttgart der in jenem Fall zu beurteilenden Geschwindigkeitsmessanlage wegen eines vorgeschalteten Hinweis - und Warnschildes, das die Messanlage angekündigt hat, auch eine eigenständige Gefahrabwendungsfunktion beigemessen hat (OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.03.1997,  2 Ss 59/97, juris, Rn. 18 f.), hat dies vorliegend schon deshalb keine Bedeutung, weil nach den Feststellungen der Kammer nicht von einer angekündigten sondern von einer verdeckten Verkehrskontrolle auszugehen ist. Die Annahme einer auf angekündigte Geschwindigkeitsmessungen beschränkten Gefahrabwendungsfunktion, wie sie dem Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart zugrunde liegt, stößt zudem deshalb auf Bedenken, weil sie zu einer unterschiedlichen rechtlichen Behandlung von offenen und verdeckten Geschwindigkeitsmessanlagen führt (Bernstein, Zur Rechtsnatur von Geschwindigkeitskontrollen, NZV 1999, 316, 322).

4.

Eine Verurteilung wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung (§ 304) kann ebenfalls nicht erfolgen, weil eine Geschwindigkeitsmessanlage kein Gegenstand ist, der zum öffentlichen Nutzen aufgestellt ist. Hierunter fallen nur solche Gegenstände, bei denen anzunehmen ist, dass jedermann aus ihrem Vorhandensein oder ihrem Gebrauch einen unmittelbaren Nutzen ziehen kann (Stree/Heckerin Schönke/Schröder, StGB, 28.Aufl., § 304 Rn.5).Die erforderliche Unmittelbarkeit ist bei Geschwindigkeitsmessanlagen nicht gegeben, weil sie sich für die Allgemeinheit wegen ihrer verkehrsdisziplinierenden Wirkung allenfalls mittelbar als vorteilhaft auswirken (Stree/Hecker, a. a. O.).

5.

Der Tatbestand der versuchten Unterdrückung technischer Aufzeichnungen (§ 274 Abs. 1Nr. 1 Var. 2, Abs. 2 StGB)scheidet ebenfalls aus. Die Vereitelung des staatlichen Bußgeldanspruchs ist kein Nachteil i. S. d. dieser Vorschrift (BGH, Beschluss vom 15.07.2010, 4 StR 164/10, juris, Rn. 7; BayObLG NJW 1989, 656;
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.07.1989, 5 Ss 251/89, juris; Zieschang in Leipziger Kommentar StGB,
12. Aufl., § 274 Rn.71).

6.

Wegen der gebotenen Schuldspruchberichtigung ist das Urteil der Strafkammer im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache insoweit an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Der Senat ist zu einer eigenen Strafzumessungsentscheidung nicht befugt, weil die Berichtigung des Schuldspruchs zu einem milderen Strafrahmen führt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 354 Rn. 19).

7.

Die abweichende Ansicht des Oberlandesgerichts Karlsruhe zur Einordnung einer Geschwindigkeitsmessanlage als Anlage i. S. d. § STGB § 316 b Abs.1 Nr.3 StGB (Beschluss vom 17.08.2012, 2 Ss
107/12, juris) zwingt des Senat nicht nach § 121 Abs. 2 GVG zur Vorlage an den Bundesgerichtshof. Eine Vorlagepflicht besteht nur, wenn die Rechtsansicht für die frühere Rechtssache von entscheidungserheblicher Bedeutung war Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 121 GVG Rn. 10). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, weil § 316 b SGB eine Einwirkung auf die Sachsubstanz verlangt, woran es in jenem Fall - der Angeklagte parkte Fahrzeuge vor dem Sensor der Messeinheit und verhinderte dadurch die Messung - fehlte (BGH, Beschluss vom 15.05.2013, juris, Rn. 22 ff.).

OLG Braunschweig, Urteil vom 18.10.2013 - 1 Ss 6/13    BeckRS 2014, 01103

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1 Kommentar

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Der Sachverhalt gibt Anlass zu Zweifeln an seiner Korrektheit.

 

"Auf dem ihm am 19.01.1910 von einer polnischen Behörde ausgestellten Führerschein"

 

Wenn ihm dieser Führerschein mit 18 ausgestellt worden sein sollte, wäre er Baujahr 1892. Die Tat ereignete sich 2010, wo er mithin rund 118 Jahre alt gewesen wäre. Das ist nun nicht objektiv unmöglich, aber... 118 Jahre?

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