Verbotene Eigenmacht vor dem Fenster des Mieters

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 20.12.2013

Das LG Berlin (v. 27.9.2013 - 65 T 158/13) hat auf die einstweilige Verfügung des Mieters den Vermieter verpflichtet, ein ohne Ankündigung vor den Fenstern seiner Wohnung aufgestelltes Gerüst zu entfernen. Begründung: der Vermieter hat eine verbotene Eigenmacht begangen (§§ 862, 858 BGB), weil er durch die Beeinträchtigung des Lichteinfalls den Besitz des Mieters gestört hat.

Dagegen hat das LG Berlin (v. 7.5.2013 - 63 S 387/12) die Klage des Mieters auf Beseitigung eines Neubaus, der unmittelbar vor seinem Fenster errichtet worden war, abgewiesen. Begründung: der Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB sei durch die Opfergrenze beschränkt. Diese greife hier ein, weil der Aufwand für einen Teilabriss in einem krassen Missverhältnis zum Erfolg der Mängelbeseitigung stehe, zumal nur eine Miete von 333,98 € geschuldet sei.

Auch im zuletzt geschilderten Fall war (zunächst) keine Ankündigung erfolgt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Mieter zur Duldung verpflichtet gewesen wäre. Dies gilt insbesondere, weil auch der Neubau vor dem Fenster eine verbotene Eigenmacht darstellt und gegenbüber diesem possessorischen Anspruch petitorische Einwendungen nicht greifen.

Allerdings prüft die 63. Zivilkammer die §§ 862, 858 BGB nicht. Hätte der Klage also stattgegeben werden müssen?

Der Mieter wohnte in einer oberen Etage und hätte also schon während der Bauzeit, insbesondere vor Erreichen seiner Etage per einstweiliger Verfügung einen Baustopp erwirken können. Er wartete, bis der Neubau fertig war. Bildet das einen Grund, ihm den possessorischen Rechtsschutz z.B. über § 242 BGB (widersprüchliches Verhalten) zu versagen?

Das Amtsgericht Tiergarten (v. 17.7.2012 - 606 C 598/11) hatte dem Mieter Recht gegeben. Aber auch hier wurde als Anspruchsgrundlage nur § 535 Abs. 1 S. 2 BGB herangezogen.

Wahrsacheinlich bin ich mit meinen Zweifeln auf dem Holzweg!?

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Dreistigkeit siegt, so jedenfalls der BGH. Er hat die Revision im Fall des zugemauerten Fensters durch Beschluss zurückgewiesen. Dabei hat er sogar ein vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Vermieters ausdrücklich gebilligt. VIII ZR 135/13

0

Meine Güte mir fehlt hier für das erste Urteil beim LG Berlin echt der gesunde Menschenverstand. So ein Gerüst stellt ein Vermieter nicht zum Spass auf. Es ist teuer, es ist aurfwendig und es wird nicht dauerhaft bleiben. Es geht wohl um notwendige Instandsetzungen, dem ein Recht auf ausreichendes Licht entgegensteht? Also... das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Da hätte jeder Comedian Freude dran. Die Grundklage ist schon lächerlich. Da hat kein Mensch mit gesundem Menschenverstand Verständnis für. Wenn ich den Tag arbeiten gehe, häb ich gar nicht die Zeit, mich über ein temporäres Gerüst aufzuregen und zum RA zu rennen. Ich wäre froh, das was am Haus gemacht wird. Wenn sich der BGH mit solchen Fragen befassen müsste, gute Nacht Deutschland.

0

Kommentar hinzufügen