Rechtsmittelverwerfung vom AG verpasst? Egal: Macht das OLG dann eben!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.11.2013
Rechtsgebiete: OLG HammRechtsmittelStrafrechtVerkehrsrecht|3286 Aufrufe

Kann ja mal passieren - das AG ist unsicher ob ein Rechtsmittel zulässig ist oder nicht bzw. übersieht das Problem ganz und leitet die Akte einfach über StA und GStA weiter ans OLG. Da könnte man denken, dass das OLG die Sache zur neuerlichen Entscheidung zurückgibt. Das OLG Hamm hat`s aber anders gemacht, nämlich selbst entschieden:

Das Amtsgericht Lünen hat den Betroffenen durch Urteil vom 04.03.2013 (Bl. 99 - 103 d.A.) wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheits-abstandes zu einer Geldbuße von 180,00 Euro verurteilt. Gegen dieses in Anwesenheit des Betroffenen verkündete (Bl. 91, 91 R d.A.) und auf Anordnung des Vorsitzenden vom 28.03.2013 (Bl. 106 d.A.) dem Verteidiger des Betroffenen am 04.04.2013 (Bl. 108 d.A.) zugestellte Urteil hat der Betroffene mit beim Amtsgericht Lünen am 05.03.2013 (Bl. 104 d.A.) eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom selben Tage die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.

II.

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Er lässt bereits nicht erkennen, inwieweit das Urteil des Amtsgerichts Lünen angefochten werden soll, welcher Antrag gestellt und welche Rügen erhoben werden. Er ist, da die Formvorschriften der §§ 344, 345 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG nicht beachtet sind, gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen (zu vgl. Göhler, a.a.O., Rn. 32 m.w.N.).

Zwar wäre es Sache des Amtsgerichts Lünen gewesen, den Antrag als unzulässig zu verwerfen, da es um die Einhaltung eines ausdrücklichen Formerfordernisses nach § 345 Abs. 1 StPO geht. Hat das Amtsgericht diese Entscheidung jedoch unterlassen, ist sie nach Vorlage der Akten durch das Rechtsbeschwerdegericht zu treffen (Göhler, a.a.O., Rn. 44).“

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Soweit der Betroffene nunmehr mit Schriftsatz vom 15.10.2013 durch Erhebung der Sachrüge eine Rechtsbeschwerdebegründung im Ansatz nachholt, geschieht dies außerhalb der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist nach §§ 80 Abs. 3, 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 345 Abs. 1 StPO und vermag daher keine andere Bewertung zu rechtfertigen.

 

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidungskompetenz des Rechtsbeschwerdegerichts bzw. Revisionsgerichts in Fallgestaltungen wie der vorliegenden anerkannt in Fällen, in denen der Tatrichter rechtsirrig das Rechtsmittel für zulässig erachtet hat (BGH, Beschl. v. 26.09.2006 – 5 StR 327/06). Dies lässt sich hier anhand der Übersendeverfügung des Amtsrichters vom 18.08.2013 noch hinreichend erkennen. Sie lässt erwarten, dass die Akten nicht etwa versehentlich - ohne dass das Amtsgericht die Zulässigkeit des Rechtsmittels überhaupt geprüft hätte – dem Oberlandesgericht übersandt worden sind.

Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 17.10.2013 - 1 RBs 142/13

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