Männlein und Weiblein im Versorgungsausgleich

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 21.11.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht|3781 Aufrufe

Alle Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst sind (Zwangs-)Mitglieder der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (ZvöD). Im Falle einer Scheidung ist das dort erworbene Anrecht durch interne Teilung auszugleichen.

Dies geschieht gemäß § 32 a der VBL-Satzung dergestalt, dass die erworbenen Versorgungspunkte des Ausgleichspflichtigen (1 VP entspricht 4 € Rente) in einen versicherungsmathematischen Barwert umgerechnet werden. Von der Hälfte dieses Barwerts werden hälftige Teilungskosten im Sinne des § 13 VersAusglG abgezogen, und der verbleibende Betrag wird schließlich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in Versorgungspunkte für die ausgleichsberechtigte Person umgerechnet.

Bei dieser Berechnung werden von den Trägern der ZvöD geschlechtsverschiedene Barwertfaktoren verwendet, mit denen die unterschiedliche Sterbe- und Invalidisierungswahrscheinlichkeit von Frauen und Männern abgebildet werden sollen.

Dies hält das OLG Celle (Beschluss vom 24.10.2013 - 10 UF 195/12) für unzulässig


Nach Auffassung des Senats ergeben sich jedoch aus der Rechtsprechung des EuGH deutliche Anhaltspunkte dafür, dass auch bei der Bemessung von betrieblichen Altersversorgungen künftig nicht mehr nach Geschlechtern differenziert werden darf. Jedenfalls bei der Teilung des in der Ehezeit erworbenen Versorgungsvermögens verstößt eine geschlechtsspezifische Bewertung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter in allen Bereichen (Art. GG Artikel 3 Abs. GG Artikel 3 Absatz 2 GG sowie Art. EUGRCHARTA2007 Artikel 21 und EUGRCHARTA2007 Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union), weil sie generell dazu führt, dass Frauen aus gleichen Kapitalwerten geringere Renten erhalten als Männer. Unter Berücksichtigung des vom EuGH postulierten Ziels, sowohl unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu beseitigen und deshalb künftig geschlechtsneutrale Prämien und Leistungen zu erreichen, dürfen nach Ansicht des Senats bei der Berechnung von Barwerten nur noch geschlechtsneutrale Faktoren verwendet werden. Es darf nicht mehr nach Geschlechtern unterschieden werden mit der Folge, dass Frauen - unabhängig von ihrem Lebensalter - aus der Hälfte des Ehezeitanteils geringere Rentenanwartschaften erhalten, weil sie eine höhere statistische Lebenserwartung haben als Männer. Darin läge eine Benachteiligung der ausgleichsberechtigten Person allein aufgrund des Geschlechts, die nach Art. GG Artikel 3 Abs. GG Artikel 3 Absatz 2 GG und nach der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. L 6 vom 10. Januar 1979 S. 24 f.) unzulässig ist.

Die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern bei der Berechnung der Ausgleichswerte ist auch deshalb nicht hinnehmbar, weil die Ausgleichsberechtigten bei der internen Teilung anders behandelt werden als Personen, die dem Versorgungssystem als Versicherte angehören. Weibliche Versicherte erhalten bei der VBL während der Anwartschaftsphase aufgrund der entrichteten Beiträge dieselben Versorgungspunkte wie männliche Versicherte, und auch bei der Rentenberechnung wird nicht nach dem Geschlecht differenziert. Die Zahl der persönlichen Versorgungspunkte ergibt sich für jeden Versicherten pro Versicherungsjahr aus dem Produkt von 1/1000 des individuellen zusatzversorgungspflichtigen Entgelts und dem (geschlechtsunabhängigen) Altersfaktor, und die monatliche Rente wird ebenfalls geschlechtsneutral aus dem Produkt der persönlichen Versorgungspunkte und dem sog. Messbetrag von 4 € ermittelt

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